Einfach mal Europa entdecken

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Seit fast 50 Jahren können Europäer mit der Zugfahrkarte Interrail ihren Kontinent bereisen – auch zu Coronazeiten ein beliebtes Mittel, um das Fernweh zu stillen. Die 18-Jährige Lea aus Deutschland hat es ausprobiert.

“Europa für mich entdecken” – Mit dieser Einstellung kauft sich die frischgebackene Abiturientin Lea Knipp aus Koblenz 2018 einen Interrail-Zugpass. Zuvor hatte sie versucht, das Ticket bei einer Verlosung zu gewinnen, hatte aber kein Glück. Der 500 Euro teure Pass erlaubt ihr nun für 4 Wochen, jeden Zug in 33 europäischen Staaten zu nutzen und auf diese Weise Europa kennenzulernen.

Sechs Monate Planung liegen hinter ihr und ihren beiden Schulfreunden, als sie sich Mitte Juli 2019 auf den Weg zum Frankfurter Flughafen machen, um von dort aus ihre Reise anzutreten. Neben ihren Rucksäcken haben alle drei Neugierde und Abenteuerlust im Gepäck.

 Interrail wird seit 1972 von etwa 300.000 Europäern pro Jahr genutzt. Mit dem Pass können Interrailer aller Altersklassen große Teile des Schienennetzes in Europa für einen bestimmten Zeitraum unbegrenzt nutzen. Mit der Reisezeit von fünf Tagen bis zu drei Monaten variiert auch der Preis von 185 bis knapp 700 Euro. Um jungen Europäern ihren Heimatkontinent und dessen Vielfalt näher zu bringen, verlost die EU seit 2018 mehrere tausend Gratis-Pässe an 18-jährige EU Bürger. Die Aktion DiscoverEU gilt auch für das Corona überschattete Jahr 2020.

Seit dem Projektstart erzielte DiscoverEU seine Wirkung: Junge Europäer werden wieder auf Interrail aufmerksam. Auch das Interesse von Lea und ihren beiden Freunden an einer Reise durch Europa wurde dadurch geweckt.

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Italien/Slowenien: Interrail

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Interrail – grenzenlose Reiselust per Zug

Der erste Schritt in Richtung Freiheit

Ein Flugzeug bringt Lea und ihre Freunde nach Lissabon in Portugal, den Startpunkt ihrer Reise durch Europas Süden. “Die tolle Altstadt und der Charme der Stadt haben mich richtig begeistert.” Lissabon ist für die drei Freunde ein gelungener Auftakt der Reise. 

Danach geht es für vier Wochen ausschließlich mit dem Zug weiter. Das Trio hat Glück: Ihre Züge sind alle klimatisiert, modern und nicht überfüllt. Die zwei bis vierstündige Fahrt durch den heißen Sommer Spaniens und Italiens ist daher sehr angenehm. Doch dieser Komfort hat auch seinen Preis. In fast allen Zügen sind Reservierungen obligatorisch. Diese erfordern nicht nur Planung, sondern auch zusätzlich Geld, fünf bis 20 Euro pro Reservierung. Die Einschränkung ihrer Freiheit ist für die jungen Erwachsenen das größte Problem. Um diese wiederzugewinnen, bleiben ihnen nur die deutlich langsameren Regionalbahnen.

Trotz dieses Hindernisses lassen sich die drei Freunde nicht den Spaß am Reisen nehmen. “Am coolsten ist der Moment, wenn man aus dem Bahnhof rauskommt”, meint Lea. Aus der Gleichheit der Züge und Bahnhöfe Europas heraus, geht es rein in eine andere Kultur mit anderen Spezialitäten und einer anderen Sprache. “Das Neue jedes Mal” sei das, was Interrail einzigartig macht.

Aus dem Zug raus und in die Fremde hinein

Nach dem Sprung ins kalte Wasser, beziehungsweise aus dem Zug raus, nimmt sich das Trio zwei bis vier Tage Zeit die neue Stadt in Ruhe zu erkunden. Die Hauptziele sind der Strand, die Sehenswürdigkeiten und die ein oder andere Bar. Durch die salzige Meeresluft und die sommerliche Hitze ist das Urlaubsgefühl ein stetiger Begleiter der Drei. Von Lissabon aus geht es nach Madrid in Spanien , weiter nach Sevilla und über Barcelona schließlich weiter nach Nizza in Frankreich.

Die besondere Küste von Nizza lockt jährliche viele Interrailer

Meistens sind Hostels die Anlaufstelle für die Nacht. Entgegen Leas Vorurteilen sind diese nicht “ranzig”, sondern “tolle Unterkünfte” und der optimale Ort, um sowohl andere Reisende, als auch Einheimische kennenzulernen und ins Gespräch zu kommen.

Doch die Mehrbettzimmer haben nicht nur Vorteile. Das wird den Dreien unangenehm bewusst, als sie in ihrem Hostel in Nizza über Nacht von einem ihrer Zimmer-Genossen beklaut werden. Zum Glück handelt es sich nur um je 30 Euro Bargeld. Trotz des Zwischenfalls punktet Nizza durch seine “wunderschöne Mittelmeerküste”.

 Nach einem kurzen Zwischenstopp im Marseille, geht es weiter nach Italien. Mailand und Venedig sind die letzten Reiseziele, die das Trio mit dem Zug ansteuert. Denn von Venedig geht es weiter mit dem Bus. In Europa gibt es schließlich noch deutlich mehr zu entdecken.

Mit mehr Offenheit in die Zukunft

Im Nachhinein ist Lea sehr froh die Reise angetreten zu haben. Ihr Fazit: “Man konnte innerhalb von wenigen Tagen ganz viel Neues entdecken. Du hast mit Interrail die Möglichkeit, so viele Länder, wie du willst, innerhalb von vier Wochen zu entdecken. Das ist echt ein cooles Prinzip”. Neben den kulturellen Eindrücken nimmt Lea auch mehr Offenheit und viele Instagram Kontakte aus ihrer vier wöchigen Entdeckungsreise durch Europa mit.

Die Corona Pandemie muss nicht der Grund sein, warum junge Europäer, wie Lea und ihre Freunde, nicht ihren eigenen Schritt in die Freiheit wagen sollten.  Mit Interrail können auch innerhalb der Grenzen Europas einzigartige Erfahrungen gesammelt werden.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Utrecht statt Amsterdam

    Amsterdam (rechts), die Hauptstadt der Niederlande, wird wie Venedig von Besuchern überschwemmt. Das geht so weit, dass die Stadt Verbote, Vorschriften und Gebühren für Touristen eingeführt hat. In Utrecht (links), nicht weit entfernt, ist es deutlich ruhiger, dabei bietet die Stadt fast alles, was Amsterdam so beliebt macht: Grachten, eine historische Altstadt und niederländisches Flair.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Chioggia statt Venedig

    Venedig (rechts) ist schön, versinkt aber in Touristenmassen. Jährlich kommen fast 30 Millionen Besucher in die italienische Lagunenstadt. Wer verstopfte Straßen und lange Warteschlangen vermeiden will, besucht besser Chioggia (links). Die kleine Fischerstadt bietet wie Venedig italienische Romantik am Wasser mit Brücken, Kanälen, engen Gassen und farbenfrohen Häusern – nur ohne Menschenmengen.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Sevilla statt Barcelona

    Mit 27 Millionen Besuchern jährlich gehört Barcelona (rechts) zu Europas Top-Reisezielen. Besonders die Flaniermeile “Rambla” ist vom Massentourismus betroffen. Dann lieber in Sevilla (links) den Palast der Könige besichtigen und sich abends von einer Flamenco-Show mitreißen lassen. Sevilla ist auch nicht gerade ruhig, aber hier kann man noch ins echte andalusische Leben eintauchen.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Split statt Dubrovnik

    Dubrovnik (rechts) in Kroatien zieht täglich tausende Touristen an, viele kommen mit großen Kreuzfahrtschiffen. Vor allem seit dem Erfolg der TV-Serie “Game of Thrones”, denn Dubrovnik war einer der Drehorte. Wer den Trubel meiden will, ist in Split (links) besser aufgehoben. Auch diese Stadt liegt inmitten einer schönen Natur, bietet Badestrände und historische Bauten.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Regensburg statt Prag

    Verstopfte Straßen und lange Schlangen sind im tschechischen Prag (rechts) Alltag. Das ist im bayerischen Regensburg (links) noch nicht ganz so schlimm, obwohl die Stadt architektonisch ähnlich und Ziel von Donau-Kreuzfahrtschiffen ist. Auch hier gibt es einen Dom, eine Altstadt mit UNESCO-Siegel und eine berühmte Brücke. Die in Regensburg diente sogar als Vorbild für die Prager Karlsbrücke.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Leeds statt London

    In der Londoner Innenstadt (rechts) ist es zum Teil so voll, dass man sich seinen Weg durch die Massen pflügen muss. Warum nicht mal ein anderes Reiseziel auf der Insel besuchen? Zum Beispiel Leeds im Norden Englands (links). Einst war die Stadt ein Zentrum der Industrie, heute hat sie eine blühende Kunstszene, ein pulsierendes Nachtleben und viele Einkaufsmöglichkeiten.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Porto statt Lissabon

    6 Millionen Besucher auf 500.000 Einwohner: Auch Lissabon (rechts) leidet unter seiner Beliebtheit. Eine Alternative ist Porto (links), Portugals zweitgrößte Stadt. Sie ist vor allem für ihren Exportschlager, den Portwein, bekannt. Aber es gibt noch mehr: die Altstadt zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Barocke Kirchen, enge Gassen und hohe Brücken über dem Fluss Douro prägen das Stadtbild.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Bologna statt Rom

    Ganz kann Bologna im Norden Italiens (links) mit der Hauptstadt Rom (rechts) nicht mithalten, aber die Stadt wird unterschätzt. Sie ist voller mittelalterlicher Gebäude, besitzt die älteste Universität Europas und zahlreiche Museen. Zudem viele Cafés und Restaurants, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass die Stadt den Beinamen “La Grassa” (die Fette) trägt. Hier isst man gern und reichlich.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Graz statt Wien

    16,5 Millionen Gästeübernachtungen zählte Wien in Österreich (rechts) im Jahr 2018. Wem das zu viel ist, kann als Alternative Graz (links) besuchen. Die Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Top-Attraktionen sind der Schlossberg, das Kunsthaus und das Landeszeughaus. Kaffeehauskultur wie in Wien gibt es hier natürlich auch.


  • Abseits der Massen: Zehn alternative Reisetipps

    Menorca statt Mallorca

    Mallorca (rechts) ächzt unter den Touristenmassen. Wer es ruhiger mag, sollte Menorca (links) ausprobieren, Mallorcas “kleine” Schwester. Die Insel ist kein Party-Hotspot, dafür aber ein Naturparadies. Es gibt acht Naturschutzgebiete und 200 Felsenstrände, die schwer erreichbar sind. Menorca hat somit kein Potential für Massentourismus, ist dafür aber ein ruhiges Urlaubsziel inmitten der Natur.

    Autorin/Autor: Elisabeth Yorck von Wartenburg