Das Auto ist tot? Es lebe das Auto!

Der Automarkt ist tot? Von wegen. Der Gebrauchtwagenhändler Vroom brilliert in den USA an der Börse. Der Börsengang zeigt vor allem eins: Das Corona-Virus schürt die Lust am eigenen Auto. Aus New York Sabrina Kessler.

Wenn Emma Fitzsimmons eins nicht leiden kann, dann sind es Autos. Die ewige Parkplatzsuche, der Stau in der Millionenmetropole New York City: “Wer mich kennt, weiß, wie sehr ich mich immer gegen ein eigenes Auto gewehrt habe”, schreibt die New York Times-Reporterin auf Twitter. In den letzten Wochen sei sie allerdings ins Grübeln geraten. Mit zwei kleinen Kindern habe sie Angst, sich im öffentlichen Nahverkehr mit dem Corona-Virus zu infizieren.

Ende April war deshalb klar: “Wir kaufen uns einen Gebrauchtwagen.” Was vor wenigen Wochen noch zu drastischen Absatzeinbrüchen geführt hat, ist jetzt der Hoffnungsschimmer einer ganzen Branche: Das Corona-Virus könnte dem Auto ein unerwartetes Revival bescheren.

“Die Leute wollen Sicherheit, Schutz und Kontrolle”, sagt John Kiser vom Marktforschungsunternehmen Ipsos, der das Kaufverhalten Tausender Menschen in der Corona-Krise untersucht hat. Viele von ihnen gaben an, sie fühlten sich im Auto besser vor dem Erreger geschützt als im Bus oder der U-Bahn. Auch den Wunsch, den eigenen Wänden entfliehen zu können und das Auto für Ausflüge zu nutzen, äußerten die Befragten. Gleichzeitig lockten viele Automarken mit deutlichen Rabatten, was die Kauflust zusätzlich befördere. “Die Pandemie könnte dem Auto durchaus zu einem Comeback verhelfen”, sagt Kiser.

Ein Gebrauchtwagen, kein Neuer

Vor allem Gebrauchtwagen stehen im Zuge der Krise hoch im Kurs. Die Aktie des Online-Gebrauchtwagenhändlers Carvana etwa konnte in den letzten drei Monaten über 80 Prozent zulegen. Allein im April stiegen die Verkaufszahlen der Plattform gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Drittel. Die großen US-Autobauer – Ford, GM und Fiat-Chrysler – hingegen verzeichneten selbst im Mai noch einen Absatzrückgang von 30 Prozent.

Experten glauben deshalb vor allem an das Potenzial von Autos aus zweiter Hand. “Wir rechnen Gebrauchtwagen deutlich größere Chancen zu als dem Handel mit Neuwagen”, sagt etwa CFRA-Analyst Garrett Nelson. Nicht nur sei der Gebrauchtwagenmarkt in vielen Ländern deutlich größer als der für Neuwagen. Durch die Corona-Krise komme hinzu: “Nur wenige Leute können sich angesichts der finanziellen Schwierigkeiten derzeit ein neues Auto leisten”.

Zuwachs bei Gebrauchtwagen höher als auf dem Neuwagenmarkt

Nicht ohne Grund drängt deshalb jetzt ein weiterer Gebrauchtwagenhändler an die Börse. Die Online-Handelsplattform Vroom feierte am Dienstag ihr Handelsdebüt an der New Yorker Technologie-Börse Nasdaq. Innerhalb weniger Stunden verdoppelte sich der Aktienkurs von 22 auf fast 48 Dollar. 500 Millionen Dollar sammelte der Autovermittler am ersten Börsentag ein. Die Firma, die im letzten Jahr knapp 19.000 Gebrauchtwagen verkauft hat, schreibt zwar seit Gründung keinen Gewinn. Die Marktkapitalisierung sprang dank Börsengang – und hoher Nachfrage – trotzdem auf 2,5 Milliarden Dollar.  

“Hoffnung” aus China

Dass auch Neuwagen durchaus eine Chance haben, zeigt hingegen das Beispiel China. Dort stieg der Fahrzeugabsatz im Zuge der wirtschaftlichen Erholung rasant. Noch im Februar waren die Verkaufszahlen laut chinesischem PKW-Verband CPCA um 80 Prozent eingebrochen. Im Mai dagegen legten die Absätze verglichen mit dem Vorjahr um zwei Prozent zu. Auch die Straßen sind längst wieder voller Autos, jetzt wo viele Chinesen wieder arbeiten. Schon jetzt fahren in den Mega-Metropolen Peking, Shanghai und Guangzhou mehr Autos als im Durchschnitt des letzten Jahres, belegen Analysen von BloombergNEF. Der öffentliche Nahverkehr hingegen habe sich nicht mal zur Hälfte erholt.

“Das Beispiel China macht der Branche derzeit durchaus Hoffnung”, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM). Vor allem die deutschen Autobauer könnten langsam aufatmen. Anders als ihre französischen oder amerikanischen Konkurrenten seien sie in China deutlich präsenter. BMW und Daimler etwa setzen ein Viertel ihrer Autos in der Volksrepublik ab. VW verkauft sogar 40 Prozent seiner Neuwagen in China. Der Konzern aus Wolfsburg konnte dort auch in der Krise punkten. Nicht nur habe Volkswagen deutlich Marktanteile dazugewonnen. “Trotz Pandemie hat VW im April auch mehr Autos in China verkauft als im gleichen Zeitraum des Vorjahres”, sagt CAM-Chef Bratzel.

Teure Autos – Deutsche Sportwagen für den Export

Der US-Finanzdienstleister CRFA Research warnt allerdings davor, die Erholung des chinesischen Automarktes als Blaupause für den westlichen Markt zu sehen. China gelte immer noch als untermotorisiert, während die Nachfrage nach Autos in den USA, Deutschland und Europa längst gesättigt sei. Gerade mal 173 Autos kommen in China auf 1.000 Einwohner, weist die dortige Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle aus. Das weitere Absatzpotenzial ist dementsprechend groß. In Deutschland kommen auf 1.000 Einwohner bereits 701 Fahrzeuge, sagt das Kraftfahrt-Bundesamt. In den USA sind es gar 837.

“Klasse schlägt Masse”.

Vor allem der deutsche Markt ist weit vom Niveau früherer Zeiten entfernt. Das zeigen aktuelle Zulassungszahlen vom Mai: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sanken die Neuzulassungen um rund 50 Prozent auf 168.000 Fahrzeuge. In den USA beträgt das Minus nur noch 29 Prozent. Allein das Premium-Segment dürfte in allen drei Märkten überdurchschnittlich steigen, vermuten Experten. In China etwa stieg der Absatz von Luxus-Autos im Mai um 28 Prozent. In den USA wiederum sind derzeit Pickup-Trucks und Oberklasse-Wagen gefragt wie nie. Auch in Deutschland sieht man steigende Absätze beim Porsche 911 und der Mercedes S-Klasse.

Alles in allem aber werde sich der Markt nur langsam zurückkämpfen, sagt CAM-Chef Bratzel. An ein Comeback des Autos glaubt der Experte nicht. “Wir werden zwar eine kleine Renaissance erleben”, sagt Bratzel. Angesichts steigender Mobilitätsprobleme wie Staus und sinkendem Parkraum würden Autos mit Abflachen der Corona-Pandemie allerdings zunehmend wieder aus den Städten der Welt verschwinden. Einen leichten Aufwärtstrend sieht er allerdings bis Ende des Jahres, vor allem im kostspieligen Premium-Segment. In Krisen, so Bratzel, gelte immer: “Klasse schlägt Masse”.


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    Autorin/Autor: Suzanne Cords



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