Serge Gnabry macht Hoffnung

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Die DFB-Elf schließt das Länderspieljahr mit einem deutlichen Sieg ab. Torjäger Gnabry glänzt beim Duell gegen Nordirland und macht Hoffnung. Baustellen gibt es trotzdem noch.

Starke Annahme, schnelle Drehung und eine perfekter Schuss in den Winkel – so gelingt Serge Gnabry der erste Streich gegen Nordirland, Treffer Nummer zwei per überlegtem Flachschuss und sein drittes Tor kurz darauf aus dem Lauf, im Zweikampf taumelnd. Der Bayern-Profi glänzt beim 6:1 (2:1)-Erfolg der DFB-Elf gegen Nordirland noch heller als Leon Goretzka, dem zwei Treffer gelingen. Gnabry rückt sich – vielleicht ungewollt – ins Licht der ganz Großen: In seinem erst 13. Spiel im Trikot der Nationalmannschaft trifft der 24-Jährige bereits zum 13. Mal. Nur Gerd Müller war besser. Der Offensivspieler ist einer der Lichtblicke und Gewinner im Team von Bundestrainer Joachim Löw. Mit Spielfreude und hundertprozentigem Einsatzwillen geht der Torjäger voran und reißt seine Mitspieler mit. “Er ist ein Spieler, der für die Mannschaft sehr wichtig ist. Er ist immer anspielbar und im Abschluss technisch überragend”, schwärmte Joachim Löw nach dem Spiel. “Er ist sehr wertvoll für uns, nicht nur weil er die Tore erzielt, sondern weil er immer mitspielt und der Mannschaft hilft.” 

Neustart nach WM-Aus

Knapp anderthalb Jahre zuvor: Die DFB-Elf war ohne Gnabry, der sich vor der WM in Russland schwer verletzt hatte, gerade krachend in der Gruppenphase gescheitert – Tabellenletzter! Fußball-Deutschland war schockiert und forderte lautstark einen drastischen Neuanfang. Viele wollten gar ein Ende der Ära von Weltmeister-Trainer Joachim Löw sehen. “Wir sind alle weit unter unseren Möglichkeiten geblieben und haben zu Recht die Quittung dafür erhalten”, gab der Bundestrainer nach dem peinlichen Ausscheiden zu, versprach aber in Zukunft einiges besser machen zu wollen.

Bundestrainer Joachim Löw

Löw, der wenige Wochen nach dem WM-Aus das Vertrauen des Präsidiums ausgesprochen bekommen hatte, kündigte einen kompletten Umbruch an und ließ seiner Ankündigung stückchenweise dann auch Taten folgen. Zunächst teilte er Publikums-Liebling und DFB-Urgestein Thomas Müller mit, dass er nicht länger mit ihm plane, es folgten Jerome Boateng sowie Mats Hummels. “Ich will mehr Dynamik und mehr Zielstrebigkeit. Wir wollen uns den Gegner wieder so zurechtlegen, wie wir das brauchen”, so der 59-Jährige im März dieses Jahres.

Abwehr ist größte Problemzone

Fortan setzte Löw tatsächlich auf ein stark verjüngtes, aber auch unerfahrenes Team. Lukas Klostermann, Niklas Stark, Luca Waldschmidt oder auch Suat Serdar tauchten im Kader der letzten Spiele der DFB-Elf auf. Und eben auch Serge Gnabry.

In der Abwehr sollten Niklas Süle, Antonio Rüdiger, Jonathan Tah oder Matthias Ginter die Lücke, der aussortierten Hummels und Boateng schließen. Doch hatte dieser neu zusammen gebaute Defensivverbund auch das Niveau, um gegen Weltklasse-Stürmer wie Antoine Griezmann, Kylian Mbappé, Cristiano Ronaldo oder andere Top-Stars zu bestehen? Eher nicht. Zwar hat Deutschland in der EM-Qalifikation nur sieben Gegentore bekommen, doch das lag nicht an der überragenden Leistung der Abwehrspieler, sondern oft an einer starken Performance von Torwart Manuel Neuer. Das einstige Aushängeschild des deutschen Fußballs hat sich zur größten Problemzone entwickelt.

In der Offensive gut aufgestellt

Leon Goretzka (l.) trifft dreimal in zwei Spielen und entwickelt sich zu einer festen Größe beim DFB

Positive Meldungen gibt es allerdings aus der Offensivabteilung, denn Löw hat es geschafft eine gute Mischung aus Talenten wie Luca Waldschmidt oder Suat Serdar und international erfahren Spielern wie Leroy Sane, Toni Kroos, Marco Reus, Leon Goretzka und Torjäger Gnabry zu finden. Die Offensive zählt sicher – wenn alle fit und in Form sind – zu den gefährlichsten in Europa. “Die Jüngeren haben Lust, Verantwortung zu übernehmen. Sie sind talentiert, motiviert, lernwillig”, sagte Löw und ergänzte mit Blick auf die EM: “Wir brauchen eine gewisse Kontinuität, denn die Mannschaft muss sich ja auch einspielen.”

Viele verletzte Spieler

Für das Trainerteam ist es allerdings nicht leicht Spielrhythmus oder gar eine klare Spielidee in der Mannschaft zu etablieren, denn immer wieder fallen Spieler verletzt aus. Sane, Waldschmidt, Süle, Draxler, Kehrer oder auch Reus können entweder längerfristig nicht spielen oder plagen sich mit kleineren Verletzungen herum.

Der Neuanfang, der ohne Frage zu erkennen ist, gestaltet sich schwieriger als gedacht. Trotzdem ist es für Löw beispielsweise (noch) kein Thema die aussortierten Hummels oder Boateng zurückzuholen, um die Abwehr zu stabilisieren. “Ich habe vor einigen Wochen gesagt, dass wir erstmal unseren Weg mit den jungen Spielern gehen. Es gibt jetzt keine Veranlassung, Mats zu nominieren.”

Löw: “Die Pause tut weh”

“Es ist nicht mehr so wie früher, dass die Defensive Turniere gewinnt”, sagte Löw kürzlich in einem Interview mit der Funke Mediengruppe und ergänzte: “Wer Tore erzielt, gewinnt Turniere.” Wer einen Serge Gnabry in seinen Reihen hat, der darf sich also berechtigte Hoffnungen auf eine ganz ordentliches Turnier im kommenden Jahr machen. Einzig die viermonatige Pause bis zum nächsten Länderspiel im März macht Löw Sorgen. “Die Pause tut weh. Man muss im kommenden Jahr sehen, welche Spieler fit sind und Rythmus haben. Nach langer Zeit ist so etwas immer schwierig.”