Simbabwe: Flucht zu Bitcoin

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In diesem Jahr übertrifft der Kurs der Kryptowährung Bitcoin alle Erwartungen – trotz düsterer Prognosen. Besonders im politisch instabilen Simbabwe ist das digitale Geld heiß begehrt – und teuer.

Der 100 Billionen-Dollar-Schein aus Simbabwe (100.000.000.000.000), der im Januar 2009 ausgegeben wurde, symbolisiert die traurige ökonomische Realität des Landes. Das Geld verlor schneller an Wert, als man es ausgeben konnte. Die Menschen in Simbabwe litten unter einer Hyperinflation. Keine andere Banknote des Landes hatte mehr Nullen. Aber schon knapp zwei Wochen nachdem die Banknote eingeführt worden war, wurde sie auch schon wieder entwertet. Die Regierung strich einfach 12 Nullen und gab neue Geldscheine mit geringerem Nominalwert aus.

Mit dieser Methode hatte sie bereits im Jahr davor versucht, die Hyperinflation in den Griff zu bekommen – Mitte 2008 waren zehn Nullen gestrichen worden. Funktioniert hat das aber nicht. Anfang Februar lag die Inflation bei 231 Millionen Prozent. Im April 2009 gab die Regierung dann den Simbabwe-Dollar auf und ließ ausländische Währungen als Zahlungsmittel zu. Bezahlt wird seitdem meist in US-Dollar, Euro oder der Südafrikanischen Rand. Ein bisschen Wert ist die historische Banknote mit den 14 Nullen heute trotzdem noch – allerdings nur für Sammler.

Simbabwe: Dann doch lieber Bitcoin…

Rettung aus der digitalen Welt

Etwas zur selben Zeit als der 100-Billionen-Dollar Schein für wenige Tag zum Bezahlen in Simbabwe genutzt werden konnte, war weit entfernt von den Straßen in Harare eine völlig neue Währung geschaffen worden, die Digitalwährung Bitcoin. Ihr Urheber ist “Satoshi Nakamoto”. Wer aber wirklich hinter diesem Namen steht, ist bis heute geheimnisumwittert.

Wie beim Simbabwe-Dollar wurde auch mit Bitcoin viel spekuliert, so dass es bei der Kryptowährung zu Auf-und Abwertungen kam. Aber im Gegensatz zum Simbabwe-Dollar hat sich die Kryptowährung bis heute behaupten können und ist gerade in Simbabwe seit geraumer Zeit stark nachgefragt. Der Grund: Durch die Hyperinflation 2008 und 2009 wurden große private Ersparnissen vernichtet. Um ihr Vermögen sicher aufzubewahren, suchten die Einheimischen nach neuen Anlagemöglichkeiten – und fanden Bitcoin, eine Kryptowährung, die von den politischen und ökonomischen Turbulenzen Simbabwes nicht beeinflusst wird. Attraktiv ist sie besondere in den letzten Tagen, in denen sich die politische Krise um den 93jährigen Präsidenten Robert Mugabe zugespitzt hat.

Immense Kurssteigerungen

Unabhängig von der Entwicklung in Simbabwe hat der Wert von Bitcoin in diesem Jahr atemberaubend zugelegt – von rund 1000 US-Dollar zu Jahresbeginn auf inzwischen über 8000-US-Dollar. Noch teurer sind Bitcoin in Simbabwe. Hier stieg der Preis fast auf das Doppelte: 13.750 US-Dollar kostet ein Bitcoin auf der Plattform Golix, über die Bitcoin in Simbabwe gehandelt werden.

Den Wertzuwachs von Bitcoin konnten bislang auch keine Unkenrufe von Finanzexperten verhindern. Erst im September diesen Jahres hatte Jamie Dimon, Chef der US-Großbank JPMorgan Chase, Bitcoin als “Betrug” bezeichnet und prognostiziert, die Währung werde in einem Crash enden. Trotzdem halten die Menschen in Simbabwe Bitcoin für wesentlich sicherer als andere Anlagemöglichkeit, die ihnen zur Verfügung stehen.

Echtes Geld zum Anfassen ist Mangelware

“Seit dem Kollaps der Wirtschaft, findet man nur schwer in Simbabwe Geld – gemeint ist wirkliches, physikalisches Geld”, sagt Lorenzo Fioramonti, Professor für Politische Ökonomie an der Universität in Pretoria gegenüber der DW. “Bitcoin hat seit einigen Jahren Wertzuwächse in Simbabwe und soweit wir wissen, wird es für Transaktionen genutzt, weniger um Güter lokal zu bezahlen.” Hauptsächlich Geldüberweisungen werden über Bitcoin ausgeführt. “Es gibt so viele Menschen aus Simbabwe, die im Ausland arbeiten und Geld per Bitcoin nach Hause schicken”, so Fioramonti.

Als der Simbabwe-Dollar 2009 aus dem Verkehr gezogen wurde, wurde er auf der Straße durch viele verschiedene, sicherere Währungen ersetzt, beispielsweise den US-Dollar oder den Südafrikanischen Rand. Beide Währungen sind aber immer weniger verfügbar in Simbabwe und die Regierung kann ja nicht einfach Geld nachdrucken. So vertrauen viele Menschen in Simbabwe und im Ausland immer mehr Bitcoin als Aufbewahrungsort für ihr Vermögen. “Wenn ich 500 US-Dollar auf der Bank habe, bekomme ich sie nicht zurück und werde mein Vermögen verlieren”, erklärte Arnold Manhizwa, ein IT-Fachmann in Harare kürzlich gegenüber Reuters. “Wenn ich aber Bitcoin habe, dann steigt der Wert meines Vermögens jeden Tag.”

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Die Zukunft der Kryptowährungen

Auch wenn Bitcoin besonders in instabilen politischen Verhältnissen nachgefragt werden, der Trend ist global, sagt Shireen Ramjoo, Chef von Liquid Crypto-Money, einem Unternehmen, das in Afrika Schulungen zu Bitcoin-Investitionen anbietet. In Südafrika würden ebenfalls viele Bitcoin nachfragen, sagt sie gegenüber der DW. “Ich komme gerade von einer Konferenz in Nigeria und dort ist der Markt wirklich groß.” Bitcoin sei besser als herkömmliches Geld, weil dezentralisierte Krypotwährungen eine deflationäre Natur haben, ist sie überzeugt. “Unsere herkömmlichen Währungen verlieren an Wert, dagegen gewinnen dezentralisierte Währungen wie Bitcoin an Wert.”

Auch wenn der Wert von Bitcoin auch in Zukunft weiterhin schwankt – in Simbabwe und auch in anderen Ländern – glauben Ramjoo und Fioramonti, dass Bitcoin ebenso wie andere Krypotwährungen weiter nachgefragt werden – trotz entgegengesetzter Vorhersagen. “Ich glaube, dass Bitcoin das Geld der Zukunft ist,” sagt Ramjoo, “aber nicht nur Bitcoin.” Durch Bitcoin seien auch andere zentralisierte Kryptowährungen geschaffen worden, sagt sie im Hinblick darauf, dass Tunesien seine eigene, von der Regierung bereitgestellte Kryptowährung eingeführt hat. “Die Idee, dass man nur ein Währungssystem braucht, ist falsch”, glaubt sie. “Ich glaube wir werden in Zukunft nicht ausschließlich Bitcoin haben. Wir werden vielmehr eine Bandbreite von Währungen haben. Bitcoin ist nur eine davon.”

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Was ist eine Blockchain?

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