Deutsche Sprichwörter durch die Augen einer Künstlerin
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Deutsche Sprichwörter durch die Augen einer Künstlerin
Die deutsche Sprache besitzt einen großen Schatz an Sprichwörtern. Wir benutzen diese kleinen und großen Weisheiten täglich, ohne manchmal zu wissen, woher sie kommen. Wir stellen Ihnen jede Woche ein Sprichwort vor.
Pech im Spiel, Glück in der Liebe
Im Grunde kann das nicht funktionieren, nur trösten: Ich gewinne deswegen nicht beim Lotto, weil ich glücklich verliebt bin. Dann ist’s ja gut. Umgekehrt ist es nicht so gut: Verzocke ich unser Eigenheim, dann wird mich mein Gatte nicht mit Blumen überhäufen. Vielleicht ist diese “Weisheit” eine Ableitung aus dem spanischen Sprichwort: “Suchst du Glück im Spiel, winkt dir zuhause das Pech”.
Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen
Sicherlich ist dies eines der charmantesten deutschen Sprichwörter. Tu nichts Böses, und Du wirst gut schlafen – mehr besagt es nicht. Weise Worte, aber – war die Steuererklärung nicht längst fällig? Wieso ist der Anruf bei Tante Ursel immer noch unerledigt? Wer hat schon ein rundum gutes Gewissen? Das Sprichwort hilft nicht in jedem Fall bei Schlaflosigkeit!
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen
Diese Redensart kommt aus Deutschland, wie sie entstanden ist, ist allerdings nicht belegt. Das Bild aber ist deutlich. In der Bibel heißt es in ähnlichem Sinn: “Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein”, und auch: “Du siehst den Splitter in deines Bruders Auge und nicht den Balken in deinem eigenen.” Keiner ist ohne Sünde, impliziert dieses Sprichwort, wir leben alle im Glashaus.
Viele Köche verderben den Brei
Gemeinsam zu kochen, kann Spaß machen. Aber das Würzen sollte nur einer übernehmen. Sonst schmeckt das Essen nicht. Der Ursprung dieser Redensart ist nicht genau bekannt, ihre Botschaft schon: Wenn sich zu viele (Fach-)Leute gleichzeitig um eine Sache kümmern, behindern sie sich oft gegenseitig. An deutschen Arbeitsplätzen sind klar strukturierte Hierarchien nicht unbedingt üblich…
Kleider machen Leute
Diese Redensart wurde nahezu unverändert vom lateinischen “Vestis virum reddit”, “Kleider machen den Mann”, übernommen. Das Sprichwort lieferte auch den Titel für eine Novelle von Gottfried Keller, die von einem Schneidergesellen handelt, der wegen seines Äußeren für einen Grafen gehalten wird. Mark Twain brachte es auf den Punkt: “Nackte Menschen haben keinen großen Einfluss in der Gesellschaft.”
Scherben bringen Glück
Vielen ist der jüdische Hochzeitsbrauch bekannt, bei dem der Bräutigam ein Glas zertritt, um symbolisch an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem zu erinnern. In Deutschland werden am “Polterabend”, dem Abend vor der Trauung, Teller und Tassen aus Porzellan zerschmettert. Scherben bringen eben Glück – und machen Arbeit, denn meist muss das zukünftige Ehepaar selbst aufräumen.
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul
Früher war es sehr beliebt, Pferde zu verschenken. Dabei galt es als äußerst unhöflich, im Beisein des ursprünglichen Besitzers Zahnarzt zu spielen, um das Alter und den Zustand des Pferdes (und damit gleichzeitig seinen Wert) zu überprüfen. Eine moderne Variante dieses Sprichworts könnte lauten: “Google nicht den Preis eines Geschenks in Anwesenheit des Gratulanten.”
Lügen haben kurze Beine
Besagt diese populäre Redensart etwa, dass kleine Menschen häufiger lügen? Natürlich nicht. Es soll vielmehr heißen, dass man mit Lügen nicht weit kommt. So wie man auch sagt: “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht.” Und eine afrikanische Variante des Sprichworts weiß: “Mit einer Lüge kann man einmal essen gehen, aber kein zweites Mal.”
Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn
Nein, das ist kein Lob. Auch dem Unfähigsten gelingt hin und wieder etwas, das soll dieses Sprichwort besagen. So wie ein blindes Huhn zufällig etwas finden kann, so hat manch einer hier oder da einfach nur Glück. Mit Können hat das in so einem Fall nichts zu tun. Aber man kann dieses Sprichwort auch gegen den Strich bürsten: Mit der richtigen Einstellung kann einem so manches gelingen!
Jeder ist seines Glückes Schmied
Dieses Sprichwort erscheint ein bisschen zu optimistisch für die oft eher kritisch eingestellten Deutschen. Kein Wunder, stammt es doch ursprünglich nicht aus dem Germanischen. Erstmals wird es um 300 v. Chr. dem römischen Konsul Appius Claudius Caecus zugeschrieben. Und als guter Deutscher fragt man sich: Wenn jeder selbst für sein Glück verantwortlich ist, gilt das dann auch für das Unglück?
Aller guten Dinge sind drei
Im Leben und am Glücksspielautomaten sind stets “aller guten Dinge drei.” Das Glück mag einen jahrelang verlassen haben, ehe es dann nach diesem Sprichwort gleich dreimal hintereinander wiederkehrt. Charles Frey, der Glücksspielautomaten erfand, nahm die Redensart ganz wörtlich. Drei Freiheitsglocken nebeneinander bedeuten bei seinen Geräten noch immer den Hauptgewinn.
Gelegenheit macht Diebe
Gib einem Makaken-Affen die Chance, und er wird dir den Rucksack leerräumen. Ohne die aber, ginge er ganz in Ruhe seinen Angelegenheiten nach. Das deutsche Sprichwort “Gelegenheit macht Diebe” beschreibt diese Versuchung treffend. Ist die Redensart etwa veraltet? Also wir würden doch niemals illegal Filme streamen oder Musik herunterladen…
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Man sagt, die Herkunft des Sprichworts hat mit Zwillingen zu tun, die an Neumond geboren wurden: Wenn der eine von beiden bei einem Familienstreit ums Leben kam, dann bekam der Überlebende – der “Abfell” – ein Jahr lang alles, was er brauchte. Und sogar noch mehr. Am Ende des Jahres musste er sich allerdings umbringen: Der Abfell (Zwilling) fällt (starb) also nicht weit vom Stamm (Familie).
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus
Zu diesem deutschen Sprichwort gibt es ein Bibelzitat mit einer ähnlichen Botschaft: “Was der Mensch sät, das wird er ernten.” Unkomplizierter heißt es im Englischen: “What goes around comes around.” Um Ursache und Wirkung geht es bei diesem Sprichwort, eben um das Echo und nicht den Bumerang. Im Bild entlockt unser Wanderer einem Eichelhäher einen Warnruf.
Morgenstund hat Gold im Mund
Diese Redensart ist nicht nur auf Deutsch überliefert – sie war auch schon den alten Römern geläufig. Der Gelehrte Erasmus von Rotterdam hat die lateinische Version modifiziert: “Aurora musis amica”, “Die Morgenröte ist der Kreativität Freund”. Das englische “The early bird catches the worm” findet sich auch in deutschen Unterhaltungen immer häufiger wieder: “Der frühe Vogel fängt den Wurm”.
Autorin/Autor: Antje Herzog / Conor Dillon
Pech im Spiel, Glück in der Liebe
Im Grunde kann das nicht funktionieren, nur trösten: Ich gewinne deswegen nicht beim Lotto, weil ich glücklich verliebt bin. Dann ist’s ja gut. Umgekehrt ist es nicht so gut: Verzocke ich unser Eigenheim, dann wird mich mein Gatte nicht mit Blumen überhäufen. Vielleicht ist diese “Weisheit” eine Ableitung aus dem spanischen Sprichwort: “Suchst du Glück im Spiel, winkt dir zuhause das Pech”.
Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen
Sicherlich ist dies eines der charmantesten deutschen Sprichwörter. Tu nichts Böses, und Du wirst gut schlafen – mehr besagt es nicht. Weise Worte, aber – war die Steuererklärung nicht längst fällig? Wieso ist der Anruf bei Tante Ursel immer noch unerledigt? Wer hat schon ein rundum gutes Gewissen? Das Sprichwort hilft nicht in jedem Fall bei Schlaflosigkeit!
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen
Diese Redensart kommt aus Deutschland, wie sie entstanden ist, ist allerdings nicht belegt. Das Bild aber ist deutlich. In der Bibel heißt es in ähnlichem Sinn: “Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein”, und auch: “Du siehst den Splitter in deines Bruders Auge und nicht den Balken in deinem eigenen.” Keiner ist ohne Sünde, impliziert dieses Sprichwort, wir leben alle im Glashaus.
Viele Köche verderben den Brei
Gemeinsam zu kochen, kann Spaß machen. Aber das Würzen sollte nur einer übernehmen. Sonst schmeckt das Essen nicht. Der Ursprung dieser Redensart ist nicht genau bekannt, ihre Botschaft schon: Wenn sich zu viele (Fach-)Leute gleichzeitig um eine Sache kümmern, behindern sie sich oft gegenseitig. An deutschen Arbeitsplätzen sind klar strukturierte Hierarchien nicht unbedingt üblich…
Kleider machen Leute
Diese Redensart wurde nahezu unverändert vom lateinischen “Vestis virum reddit”, “Kleider machen den Mann”, übernommen. Das Sprichwort lieferte auch den Titel für eine Novelle von Gottfried Keller, die von einem Schneidergesellen handelt, der wegen seines Äußeren für einen Grafen gehalten wird. Mark Twain brachte es auf den Punkt: “Nackte Menschen haben keinen großen Einfluss in der Gesellschaft.”
Scherben bringen Glück
Vielen ist der jüdische Hochzeitsbrauch bekannt, bei dem der Bräutigam ein Glas zertritt, um symbolisch an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem zu erinnern. In Deutschland werden am “Polterabend”, dem Abend vor der Trauung, Teller und Tassen aus Porzellan zerschmettert. Scherben bringen eben Glück – und machen Arbeit, denn meist muss das zukünftige Ehepaar selbst aufräumen.
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul
Früher war es sehr beliebt, Pferde zu verschenken. Dabei galt es als äußerst unhöflich, im Beisein des ursprünglichen Besitzers Zahnarzt zu spielen, um das Alter und den Zustand des Pferdes (und damit gleichzeitig seinen Wert) zu überprüfen. Eine moderne Variante dieses Sprichworts könnte lauten: “Google nicht den Preis eines Geschenks in Anwesenheit des Gratulanten.”
Lügen haben kurze Beine
Besagt diese populäre Redensart etwa, dass kleine Menschen häufiger lügen? Natürlich nicht. Es soll vielmehr heißen, dass man mit Lügen nicht weit kommt. So wie man auch sagt: “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht.” Und eine afrikanische Variante des Sprichworts weiß: “Mit einer Lüge kann man einmal essen gehen, aber kein zweites Mal.”
Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn
Nein, das ist kein Lob. Auch dem Unfähigsten gelingt hin und wieder etwas, das soll dieses Sprichwort besagen. So wie ein blindes Huhn zufällig etwas finden kann, so hat manch einer hier oder da einfach nur Glück. Mit Können hat das in so einem Fall nichts zu tun. Aber man kann dieses Sprichwort auch gegen den Strich bürsten: Mit der richtigen Einstellung kann einem so manches gelingen!
Jeder ist seines Glückes Schmied
Dieses Sprichwort erscheint ein bisschen zu optimistisch für die oft eher kritisch eingestellten Deutschen. Kein Wunder, stammt es doch ursprünglich nicht aus dem Germanischen. Erstmals wird es um 300 v. Chr. dem römischen Konsul Appius Claudius Caecus zugeschrieben. Und als guter Deutscher fragt man sich: Wenn jeder selbst für sein Glück verantwortlich ist, gilt das dann auch für das Unglück?
Aller guten Dinge sind drei
Im Leben und am Glücksspielautomaten sind stets “aller guten Dinge drei.” Das Glück mag einen jahrelang verlassen haben, ehe es dann nach diesem Sprichwort gleich dreimal hintereinander wiederkehrt. Charles Frey, der Glücksspielautomaten erfand, nahm die Redensart ganz wörtlich. Drei Freiheitsglocken nebeneinander bedeuten bei seinen Geräten noch immer den Hauptgewinn.
Gelegenheit macht Diebe
Gib einem Makaken-Affen die Chance, und er wird dir den Rucksack leerräumen. Ohne die aber, ginge er ganz in Ruhe seinen Angelegenheiten nach. Das deutsche Sprichwort “Gelegenheit macht Diebe” beschreibt diese Versuchung treffend. Ist die Redensart etwa veraltet? Also wir würden doch niemals illegal Filme streamen oder Musik herunterladen…
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Man sagt, die Herkunft des Sprichworts hat mit Zwillingen zu tun, die an Neumond geboren wurden: Wenn der eine von beiden bei einem Familienstreit ums Leben kam, dann bekam der Überlebende – der “Abfell” – ein Jahr lang alles, was er brauchte. Und sogar noch mehr. Am Ende des Jahres musste er sich allerdings umbringen: Der Abfell (Zwilling) fällt (starb) also nicht weit vom Stamm (Familie).
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus
Zu diesem deutschen Sprichwort gibt es ein Bibelzitat mit einer ähnlichen Botschaft: “Was der Mensch sät, das wird er ernten.” Unkomplizierter heißt es im Englischen: “What goes around comes around.” Um Ursache und Wirkung geht es bei diesem Sprichwort, eben um das Echo und nicht den Bumerang. Im Bild entlockt unser Wanderer einem Eichelhäher einen Warnruf.
Morgenstund hat Gold im Mund
Diese Redensart ist nicht nur auf Deutsch überliefert – sie war auch schon den alten Römern geläufig. Der Gelehrte Erasmus von Rotterdam hat die lateinische Version modifiziert: “Aurora musis amica”, “Die Morgenröte ist der Kreativität Freund”. Das englische “The early bird catches the worm” findet sich auch in deutschen Unterhaltungen immer häufiger wieder: “Der frühe Vogel fängt den Wurm”.
Autorin/Autor: Antje Herzog / Conor Dillon
Wie viele deutsche Sprichwörter kennen Sie? Und wissen Sie auch immer genau, was sie bedeuten? Die Deutsche Welle erklärt die Lebensweisheiten, die im allgemeinen Sprachgebrauch üblich sind – illustriert von Antje Herzog. Einmal pro Woche stellen wir Ihnen ein neues Schätzchen aus dem Fundus der deutschen Sprichwörter vor. Und liefern Ihnen sicher die eine oder andere Überraschung.
Fakten von einem Experten
In der deutschen Sprache gibt ungefähr 250.000 Sprichwörter und Redewendungen. Ein Sprichwort ist durchschnittlich sieben Wörter lang. Als Professor an der US-amerikanischen University of Vermont in Burlington ist Wolfgang Mieder Experte für deutsche Sprache und Folklore. DW-Redakteurin Kate Müser hat mit ihm über die Unterschiede zwischen einem Sprichwort und einem Spruch gesprochen, und sich erklären lassen, warum eine Redewendung, die ihm auf Englisch hervorragend gefällt, auf Deutsch nie funktionieren würde. Hier ist das
Interview.
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Deutsche Sprichwörter in Bildern
Hier können Sie hören, wie Stephan Kaiser den Sprichwörtern Leben verleiht:
Morgenstund hat Gold im Mund
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Gelegenheit macht Diebe
Aller guten Dinge sind drei
Jeder ist seines Glückes Schmied
Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn
Lügen haben kurze Beine
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul
Scherben bringen Glück
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen
Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen
Im folgenden Zeitraffer-Video können Sie Antje Herzog beim Zeichnen zusehen, während eine der Illustrationen zu unserer Serie entsteht. Erkennen Sie, um welches Sprichwort es sich dabei handelt?