Alte Kartoffelsorten neu in Mode

Ernährung

Alte Kartoffelsorten neu in Mode

Während alte Obst- und Gemüsesorten zu verschwinden drohen, erleben alte Kartoffelsorten eine Renaissance. Sie bestechen durch einen intensiven Geschmack, tolle Farben und ungewöhnliche Formen.

  • Alte Kartoffelsorten machen die Küche bunt

    Eine kleine Auswahl von alten und bunten Kartoffelsorten aus Europa. Ungewöhnlich sind auch die Bezeichnungen, zum Beispiel Blauer Schwede, Schwarze Ungarin oder Reichskanzler. Bei klangvollen Namen greifen Konsumenten eher zu.

  • Kartoffelhändler Michael Leers

    Ein Markthändler auf dem Düsseldorfer Carlsplatz von der Pike auf. Schon als Kind half Leers am Stand der Eltern aus. Vor ein paar Jahren wagte er mit seinem Kompagnon den Wechsel vom Gemüse zum reinen Kartoffelsortiment. Die rund einhundert alten, fast verschwundenen Kartoffelsorten sind erst in der zweiten Saison im Angebot. Mit der großen Resonanz der Kunden habe er nicht gerechnet, sagt er.

  • Das Bamberger Hörnchen

    Bei einigen Kartoffelsorten weiß man kaum etwas über Alter und Herkunft. Anders beim Bamberger Hörnchen. Erstmalige Erwähnung um 1850; wahrscheinlich Deutschlands älteste Sorte. Kartoffel des Jahres 2008. Seit 2013 von der EU als regionale Marke anerkannt. Folglich dürfen nur in Franken angebaute Knollen die Bezeichnung tragen. Die Erträge sind sehr gering.

  • Blaue Bamberger Hörnchen

    Die Blauen Bamberger Hörnchen hat der Düsseldorfer Kartoffelhändler Michael Leers erst seit dem Herbst im Sortiment. Eine echte Rarität, weil der Anbau erst vor kurzem ausgeweitet wurde. Ähneln sehr dem eigentlichen Bamberger Hörnchen, sollen aber etwas würziger und nussiger schmecken.

  • Mecklenburger Schecke

    Nicht minder selten ist die Mecklenburger Schecke. Violett-weiß gemasertes Fruchtfleisch. Auffällig die tief liegenden Augen – typisch für viele alte Sorten. Bei modernen Kartoffeln hat man die weggezüchtet, weil sie beim Schälen lästig sind. Frisch gekocht etwas weich und glasig, werden aber beim Abkühlen fester. Der Geschmack soll an Esskastanien erinnern.

  • Der Blaue Schwede

    Kartoffel des Jahres 2006. Weitere Namen sind Blue Congo und Idaho Blue. Schweden als Herkunftsland ist umstritten, viele vermuten Südamerika. Violettes Fruchtfleisch, das beim Kochen stärker blau wird. Mehlig kochend. Kartoffelhändler Michael Leers empfiehlt sie für Kartoffelpüree.

  • Highland Burgundy Red

    Ist auch unter dem Namen Red Cardinal bekannt. Stammt aus Schottland, das Alter ist unbekannt. Mehlig kochend. Michael Leers Empfehlung ist Kartoffelpüree. Die Farbe bleibt am besten erhalten, wenn man die Kartoffeln nur dämpft, nicht kocht. Auch für Bratkartoffeln geeignet, zum Beispiel in Kombination mit Blauem Schweden und einer gelben Sorte.

  • Kartoffelpflanze mit Knollen

    Kartoffeln gedeihen auch auf sandigen, eher mageren Böden. Liefern pro Fläche so viel Protein wie Getreide, aber doppelt so viele Kohlenhydrate. Die Proteine sind von hoher Qualität mit vielen essenziellen Aminosäuren. Das Vitamin C der Kartoffel bewahrte die Bevölkerung in Hungerzeiten vor Skorbut. Das Grüne an der Kartoffelpflanze ist übrigens giftig, auch die tomatenähnlichen Beerenfrüchte.

  • Kartoffelernte in den Anden

    Erstmals vor rund 10.000 Jahren begannen Menschen in den südamerikanischen Anden, planmäßig Kartoffelknollen anzubauen. Sie sollen sogar den Aufstieg der Inkas zur Hochkultur ermöglicht haben, meinen Historiker. Einige Andenkartoffeln besitzen Resistenzgene, zum Beispiel gegen den Pilzerreger der Krautfäule. Das macht sie für Züchter interessant.

  • Krautfäule verursacht Ertragseinbußen

    Die Kartoffel versorgte Europa während der Industrialisierung kostengünstig mit Nahrung. Entsprechend heftig waren durch Kartoffel-Krankheiten bedingte Krisen. Die berüchtigte Krautfäule verursachte zum Beispiel Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland schwere Hungersnöte. Viele Menschen starben, noch mehr wanderten als Wirtschaftsflüchtlinge in die USA aus.

  • Bunte Neuzüchtungen

    Hier sind Gene südamerikanischer Kartoffeln eingekreuzt, um sie weniger anfällig für Krankheiten – zum Beispiel Krautfäule – zu machen. Rosaroter Panther, Rote Emmalie und Violetta (im Uhrzeigersinn) des niedersächsischen Biobauers Karsten Ellenberg. Alle drei sind festkochend. Ellenberg wurde bundesweit bekannt als Retter der Sorte Linda.

    Autorin/Autor: Friedemann Borchert

  • Alte Kartoffelsorten machen die Küche bunt

    Eine kleine Auswahl von alten und bunten Kartoffelsorten aus Europa. Ungewöhnlich sind auch die Bezeichnungen, zum Beispiel Blauer Schwede, Schwarze Ungarin oder Reichskanzler. Bei klangvollen Namen greifen Konsumenten eher zu.

  • Kartoffelhändler Michael Leers

    Ein Markthändler auf dem Düsseldorfer Carlsplatz von der Pike auf. Schon als Kind half Leers am Stand der Eltern aus. Vor ein paar Jahren wagte er mit seinem Kompagnon den Wechsel vom Gemüse zum reinen Kartoffelsortiment. Die rund einhundert alten, fast verschwundenen Kartoffelsorten sind erst in der zweiten Saison im Angebot. Mit der großen Resonanz der Kunden habe er nicht gerechnet, sagt er.

  • Das Bamberger Hörnchen

    Bei einigen Kartoffelsorten weiß man kaum etwas über Alter und Herkunft. Anders beim Bamberger Hörnchen. Erstmalige Erwähnung um 1850; wahrscheinlich Deutschlands älteste Sorte. Kartoffel des Jahres 2008. Seit 2013 von der EU als regionale Marke anerkannt. Folglich dürfen nur in Franken angebaute Knollen die Bezeichnung tragen. Die Erträge sind sehr gering.

  • Blaue Bamberger Hörnchen

    Die Blauen Bamberger Hörnchen hat der Düsseldorfer Kartoffelhändler Michael Leers erst seit dem Herbst im Sortiment. Eine echte Rarität, weil der Anbau erst vor kurzem ausgeweitet wurde. Ähneln sehr dem eigentlichen Bamberger Hörnchen, sollen aber etwas würziger und nussiger schmecken.

  • Mecklenburger Schecke

    Nicht minder selten ist die Mecklenburger Schecke. Violett-weiß gemasertes Fruchtfleisch. Auffällig die tief liegenden Augen – typisch für viele alte Sorten. Bei modernen Kartoffeln hat man die weggezüchtet, weil sie beim Schälen lästig sind. Frisch gekocht etwas weich und glasig, werden aber beim Abkühlen fester. Der Geschmack soll an Esskastanien erinnern.

  • Der Blaue Schwede

    Kartoffel des Jahres 2006. Weitere Namen sind Blue Congo und Idaho Blue. Schweden als Herkunftsland ist umstritten, viele vermuten Südamerika. Violettes Fruchtfleisch, das beim Kochen stärker blau wird. Mehlig kochend. Kartoffelhändler Michael Leers empfiehlt sie für Kartoffelpüree.

  • Highland Burgundy Red

    Ist auch unter dem Namen Red Cardinal bekannt. Stammt aus Schottland, das Alter ist unbekannt. Mehlig kochend. Michael Leers Empfehlung ist Kartoffelpüree. Die Farbe bleibt am besten erhalten, wenn man die Kartoffeln nur dämpft, nicht kocht. Auch für Bratkartoffeln geeignet, zum Beispiel in Kombination mit Blauem Schweden und einer gelben Sorte.

  • Kartoffelpflanze mit Knollen

    Kartoffeln gedeihen auch auf sandigen, eher mageren Böden. Liefern pro Fläche so viel Protein wie Getreide, aber doppelt so viele Kohlenhydrate. Die Proteine sind von hoher Qualität mit vielen essenziellen Aminosäuren. Das Vitamin C der Kartoffel bewahrte die Bevölkerung in Hungerzeiten vor Skorbut. Das Grüne an der Kartoffelpflanze ist übrigens giftig, auch die tomatenähnlichen Beerenfrüchte.

  • Kartoffelernte in den Anden

    Erstmals vor rund 10.000 Jahren begannen Menschen in den südamerikanischen Anden, planmäßig Kartoffelknollen anzubauen. Sie sollen sogar den Aufstieg der Inkas zur Hochkultur ermöglicht haben, meinen Historiker. Einige Andenkartoffeln besitzen Resistenzgene, zum Beispiel gegen den Pilzerreger der Krautfäule. Das macht sie für Züchter interessant.

  • Krautfäule verursacht Ertragseinbußen

    Die Kartoffel versorgte Europa während der Industrialisierung kostengünstig mit Nahrung. Entsprechend heftig waren durch Kartoffel-Krankheiten bedingte Krisen. Die berüchtigte Krautfäule verursachte zum Beispiel Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland schwere Hungersnöte. Viele Menschen starben, noch mehr wanderten als Wirtschaftsflüchtlinge in die USA aus.

  • Bunte Neuzüchtungen

    Hier sind Gene südamerikanischer Kartoffeln eingekreuzt, um sie weniger anfällig für Krankheiten – zum Beispiel Krautfäule – zu machen. Rosaroter Panther, Rote Emmalie und Violetta (im Uhrzeigersinn) des niedersächsischen Biobauers Karsten Ellenberg. Alle drei sind festkochend. Ellenberg wurde bundesweit bekannt als Retter der Sorte Linda.

    Autorin/Autor: Friedemann Borchert

Morgens um sieben Uhr klappt Michael Leers die Läden seines Verkaufsstandes hoch und gibt den Blick frei auf seine Auslagen. Es sind Kartoffeln – über einhundert Sorten. Exoten aus ganz Europa, die der 56-jährige Händler auf dem Wochenmarkt des Düsseldorfer Carlsplatzes präsentiert. Ein Eldorado für Kartoffelfans. “Wir bieten diese Exoten jetzt im zweiten Jahr an und die Reaktion ist überwältigend. Viele kommen immer wieder und probieren sich durch. Die große Resonanz hatten wir nicht erwartet”, sagt Leers.

Der Kartoffelstand auf dem Düsseldorfer Carlsplatz bietet über einhundert Sorten an. Darunter sehr viele alte.

Eine ältere Kundin verlangt nach der Moor-Sieglinde – eine der wenigen alten Sorten, die heute noch sehr populär sind. Nahezu unbekannt dagegen: die Mecklenburger Schecke – die überwiegend blaue Schale ist gelb gescheckt. Der Blaue Schwede hat violettfarbenes Fruchtfleisch – beim Kochen wird es blau. Die Schwarze Ungarin: Stammt aus Ungarn, hat eine lila-schwarze Schale und ist innen fast weiß. “Wichtig für eine Kartoffel”, sagt Leers, ” ist auch ein guter Name.” Vor allem deswegen finde zum Beispiel die Kartoffel mit dem Namen Reichskanzler etliche Abnehmer. Sie war entstanden in Zwickau um 1885 – Bismarck war zu dem Zeitpunkt erster Reichskanzler des Deutschen Reiches.

Auf Dauer überzeuge aber der intensive Geschmack alter Sorten, so Leers. Viele fallen zunächst optisch aus dem gewohnten Rahmen. Einige sind rosa-weiß gescheckt, andere innen rosa oder gar rot gefärbt. Viele eher knubbelig oder länglich gestreckt. Zum Schälen sind sie oft zu klein. “Die alten Kartoffelsorten kocht man am besten mit Schale “, sagt Leers. “Danach pellt man sie, oder isst sie auch mit Schale.”

Kartoffeln gedeihen auch auf mageren Böden

Kartoffelhändler Michael Leers freut sich über die positive Resonanz der Kunden

Kartoffeln waren über Jahrhunderte eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel für die Deutschen. Sie lieferten auch auf mageren Böden noch gute Erträge, zum Beispiel auf Moorböden der Heide. Noch vor hundert Jahren dominierten viele regionale, besonders gut ans jeweilige Klima angepasste Sorten den Markt – bis überregionale Einheitssorten sie nahezu ganz verdrängten.

Inzwischen ändert sich die Lage. Das Interesse von Konsumenten an alten Kartoffelsorten wächst. Ein Trend, der auch in diversen Online-Shops seinen Niederschlag findet. Und was viele Kunden kaufen, bleibt auch erhalten. Die alten Sorten überlebten in der Vergangenheit allein deswegen, weil ein paar wenige Kleinbauern und Hobbygärtner sie Jahr für Jahr in den Boden pflanzten. Die Knollen konnte man nicht für längere Zeit aufbewahren, erst moderne Labormethoden machten das möglich.

Kartoffel-Genbanken sichern den Bestand

Die größte Kartoffel-Genbank besitzt hierzulande die Groß Lüsewitzer Kartoffel-Sortimente (GLKS) in Mecklenburg. Ihre Aufgabe: rund 2600 “Muster” für die Nachwelt zu sichern – eingelagert in Reagenzgläsern oder gefroren in flüssigem Stickstoff. Davon kommen jährlich rund 500 Sorten auch nach draußen auf den Acker, unter anderem, um die Raritäten wieder unters Volk zu bringen. Was anschließend geerntet wird, können auch Privatpersonen beziehen – kostenlos.
Rund 200 Sorten
hat die GLKS aktuell abzugeben, darunter die Odenwälder Blaue von 1908, die Vogtländische Blaue – Alter unbekannt- und Sirius von 1886.

Das Internationale Kartoffelzentrum
in Lima, Peru, hat noch mehr als die GLKS in seinen Genbanken gesichert: über 5000 Kartoffelsorten, viele davon aus den Anden, der Heimat der Kartoffel. Nirgends ist die Farben- und Formenvielfalt größer als dort. Und einige der uralten Anden-Kartoffeln besitzen Resistenzen, die sie für europäische Züchter interessant machen. Sie kreuzen sie ein, um die gewöhnlichen Supermarkt-Kartoffeln unempfindlicher zu machen. Aber bunte Farben und ungewöhnliche Formen sucht man im Kartoffel-Mainstream bisher vergebens.

Neue bunte Kartoffelsorten

Drei bunte Neuzüchtungen. Im Uhrzeigersinn: Rosaroter Panther, Rote Emmalie, Violetta.

Diese Lücke hat der niedersächsische Biobauer Karsten Ellenberg erkannt. Auch er kreuzt resistentere südamerikanische Sorten mit unseren heimischen und hat inzwischen ein paar seiner Züchtungen amtlich registrieren lassen: Roter Panther, Rote Emmalie und Violetta zum Beispiel. Schale und Fruchtfleisch sind jeweils in den namensgebenden Farben. Gerade für Biobauern sind unempfindliche Sorten besonders wichtig, weil es nicht viel gibt, was sie spritzen dürfen. Auch der Düsseldorfer Markthändler Michael Leers hat die neuen Bunten von Karsten Ellenberg im Sortiment. Er empfiehlt, mal eine Mischung vieler bunter Kartoffeln in der Pfanne zu braten. Geschmacklich und optisch sei das ein echter Genuss.


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