Patriot Viper VP4300 2 TB im Test: Mit Innogrit‑Controller gegen 980 Pro, MP600 Pro und SN850

0
289

Mit der Patriot Viper VP4300 legt sich erstmals eine NVMe-SSD mit neuem Innogrit-Controller im Test mit der Konkurrenz mit PCI Express 4.0 an. Die Leistung erweist sich in vielen Disziplinen als sehr hoch, nur unter extremer Dauerlast bleiben Samsung, WD und die E18-Konkurrenten vorne. Was sauer aufstößt: Komponenten-Lotterie.

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Mit Innogrit‑Controller gegen 980 Pro, MP600 Pro und SN850
    1. Patriot erhöht auf 7,4 GB/s
    2. Controller vom Newcomer Innogrit
    3. Eckdaten und Preise im Überblick
  2. 2 Benchmarks, Cache-Analyse und Temperaturen
    1. Testsystem und Testmethodik
    2. Cache-Analyse (SLC-Modus)
    3. Kopiervorgänge im Explorer
    4. Leistungsbeständigkeit im PCMark 10
    5. CrystalDiskMark
    6. Temperaturen über die Zeit
  3. 3 Fazit
    1. In vielen Benchmarks in der Spitzengruppe
    2. Unter extremer Dauerlast fällt sie zurück
    3. Keine Garantie für DRAM und NAND

Update 15.04.2021 11:55 Uhr

Erst nach Veröffentlichung des Artikels erreichten die Redaktion noch ausstehende Antworten von Patriot. Der Hersteller erklärte unter anderem, dass das etwas langsamere Muster 2 mit Firmware 1.2A der Serienproduktion und damit auch dem finalen Endprodukt im Handel entspricht. Das erste Muster mit Firmware 1.1 sei wiederum ein frühes „Media Sample“ gewesen, das im Test schneller, aber auch deutlich heißer operierte. Das Update auf 1.2A stand der Presse allerdings ebenfalls, wenn auch unkommentiert zusammen mit Produktfotos, auf einem Cloud-Drive zur Verfügung.

Der Leistungsunterschied zwischen den Mustern beruhe allein auf der aktualisierten Firmware. Beim NAND soll es sich stets um Microns B27B handeln, das Kürzel steht für 3D-TLC-NAND der 96-Layer-Generation. Die Kennung könne sich aber unterscheiden, je nachdem von wo der Flash bezogen werde. Nicht immer kommt dieser direkt vom Hersteller. Micron betreibt mit Spectek zum Beispiel auch eine Tochterfirma für den Vertrieb von Speicherchips zweiter Klasse.

Patriot erhöht auf 7,4 GB/s

Bisher bildete die Viper VP4100 mit Phison-E16-Controller und bis zu 5.000 MB/s die Speerspitze in Patriots SSD-Portfolio. Jetzt folgt die schnellere Viper VP4300, die im gleichen M.2-Format bis zu 7.400 MB/s beim sequenziellen Lesen und 6.800 MB/s beim sequenziellen Schreiben über PCIe 4.0 x4 erreichen soll. Für das wahlfreie Lesen/Schreiben von 4K-Daten nennt Patriot jeweils bis zu 800.000 IOPS, was aber auch schon der Vorgänger schaffen sollte. Die genannten Werte gelten nicht in Gänze für die beiden Ausführungen der VP4300 mit 1 TB oder 2 TB Speicherplatz, denn die kleinere Version soll maximal mit 5.500 MB/s schreiben. Getestet hat ComputerBase aber die 2-TB-Version mit der maximalen Leistung.

Zwei unterschiedliche Muster im Test

Da es mit dem ersten Muster Probleme gab, wurde im Testverlauf ein zweites Muster vom Hersteller geschickt. Der Grund: Beim Entfernen der ersten SSD aus dem Testsystem fiel ein „Sprung“ im Package des Controllers auf, der ab Werk nachweislich nicht vorgelegen hatte.

Patriot Viper VP4300 SSD – 1. Muster
Patriot Viper VP4300 SSD – 1. Muster

Die Redaktion vermutet, dass er eine Folge der Temperatur-Belastungstests gewesen ist, bei denen die SSD auch „nackt“, also ohne Kühler, betrieben wurde. Diesen Test quittierte die SSD ohne Kühler nach 10 Minuten sequentiellem Schreiben beim anschließenden sequentiellen Schreiben mit einem Absturz. Mit Kühler versehen, absolvierte sie daraufhin allerdings alle weiteren Tests und den Temperatur-Test problemlos. Patriot wurde dennoch informiert, forderte das erste Muster zu Diagnosezwecken zurück und schickte ein zweites. Das stellte sich nicht nur bei der Firmware (1.2A vs. zuvor 1.1) nur auf den ersten Blick als identisch heraus.

Patriot Viper VP4300 SSD – Innogrit-Controller mit Sprung im Package (1. Muster)

Bei DRAM und NAND waren beide Muster unterschiedlich bestückt, was bei diesem Hersteller wie auch anderen SSD-Drittanbietern nicht überrascht. Der genaue NAND-Typ ließ sich jeweils nicht herausfinden, doch ist in dieser Leistungsklasse 3D-TLC-NAND nahezu gesichert. Dieser kommt auf der sehr ähnlich angelegten Adata Gammix S70 mit gleichem Controller zum Beispiel von Micron. Patriot lässt sich unterschiedliche Optionen inklusive Micron und Kioxia offen, verriet auf Nachfrage aber nicht, welcher davon auf welchem Muster steckt.

Bild 1 von 2

Patriot Viper VP4300 SSD – 2. Muster

Patriot Viper VP4300 SSD – 2. Muster

Auf Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der beiden Muster wird der weitere Test noch im Detail eingehen.

Patriot Viper VP4300

Formfaktor
M.2-2280

Schnittstelle (Protokoll)
PCIe 4.0 x4 (NVMe 1.4)

Controller
Innogrit IG5236 (8 Channel)

NAND-Flash-Speicher
3D TLC
1. Muster: ATTMB122D0GGAA
2. Muster: PFMG-B8F46A1CC0

DRAM-Cache
1. Muster: 2 × 1 GB SK Hynix H5AN8G6NCJR-VKC DDR4
2. Muster: 2 × 1 GB Samsung K4A8G165WB-BCRC DDR4

SLC-Cache

Speicherplatz
1 TB, 2 TB

Seq. Lesen/Schreiben (max.)
7.400/6.800 MB/s

Wahlfrei Lesen/Schreiben (max.)
800K/800K IOPS

Garantiedauer
5 Jahre

TBW
1.000 TB/2.000 TB

Hinweis: Detaillierte Eckdaten zu jedem Modell stehen in der Vergleichstabelle weiter unten

Die genannten Leistungsdaten, die auf Tests des Herstellers mit Benchmarks wie ATTO oder CrystalDiskMark basieren, bewegen sich im Spitzenfeld der zweiten Generation der PCIe-4.0-SSDs für Verbraucher. In diesem Segment stehen der Patriot Viper VP4300 unter anderem die diversen Modelle mit Phison-E18-Controller wie zum Beispiel die Corsair MP600 Pro (Test) oder die Samsung 980 Pro (Test) gegenüber. Erst kürzlich hat die Redaktion mit der Western Digital WD Black SN850 (Test) einen weiteren Vertreter der neuen High-End-Riege getestet.

Zwei bzw. drei Kühleroptionen im Paket

Schnelle PCIe-SSDs brauchen Maßnahmen zur Kühlung, damit die Leistung zum Schutz vor Überhitzung nicht zu schnell gedrosselt wird. Patriot setzt bei der Viper VP4300 auf gleich zwei verschiedene Kühler, die der Anwender je nach Vorliebe montieren kann respektive muss, denn vorinstalliert ist keine Lösung. Weder die Verpackung, noch der die Kühlermontage beschreibende Beipackzettel weisen darauf hin, dass ein Kühler genutzt werden muss.

Der „nackten“ M.2-SSD liegt zum einen ein flaches Kühlblech mit wärmeableitendem Graphen bei, der direkt auf die Oberseite der SSD mit dem Controller geklebt wird. Alternativ kann der Aluminium-Kühlkörper mit Wärmeleitpads auf gleiche Weise angebracht werden, der eine größere Oberfläche besitzt, aber die SSD auch höher macht. Der NAND und der DRAM auf der Rückseite wird jeweils nicht gekühlt.

Patriot Viper VP4300 SSD (Bild: Patriot)
Patriot Viper VP4300 SSD (Bild: Patriot)

Die dritte Variante, die laut Patriot den höchsten Kühleffekt bietet, ist die Kombination beider Kühler: Zuerst wird der Graphen-Streifen aufgebracht und anschließend der Alu-Kühler auf diesen aufgeklebt.

Die beigelegten Kühler überzeugen nicht

Überzeugen konnten beide Kühler-Optionen im Test nicht. Die dünne Platte aus Graphen hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Temperatur der SSD. Der dickere Kühler kühlte wiederum zwar wie das Blech des Gigabyte X570 Aorus Master, aber nur, wenn er saß. Im Test war das allerdings nicht immer der Fall, wiederholt verlor das Wärmeleitpad als einzige Verbindung unter dem Alu-Kühler den Kontakt zum Controller. Verlässlich gut gekühlt wurde die SSD nur mit dem Kühler des Mainboards, dessen Anpressdruck über M.2-Slot und Schraube zur Arretierung der SSD sichergestellt wird.

Dem Anwender die Kühlerwahl überlässt zum Beispiel auch Team Group bei der neuen Cardea A440. Andere Hersteller wie Western Digital bieten hingegen direkt Varianten mit oder ohne Kühler im Handel an. Aktuellen Mainboards liegen meist schon Kühlbleche für M.2-SSDs bei, sodass dieses Zubehör nicht immer benötigt wird. Zudem gibt es inzwischen diverse M.2-Kühler von Drittanbietern. Im Test verschiedener M.2-SSD-Kühler erwiesen sich bereits Kühlbleche vom Mainboard als wirksames Mittel, um das temperaturbedingte Drosseln hinauszuzögern.

Die Redaktion hat den üblichen Testparcours mit dem Kühlblech vom Aorus-Mainboard durchgeführt.

Controller vom Newcomer Innogrit

Wie schon Adata bei S70 Gammix und S70 Gammix Blade, wagt auch Patriot den Einsatz eines SSD-Controllers vom Newcomer Innogrit. Auf der Patriot Viper VP4300 sitzt mit dem IG5236 das Consumer-Gegenstück vom 2019 vorgestellten IG5636, die beide zur Familie „Rainier“ gehören.

Bild 1 von 2

Patriot Viper VP4300 SSD – Innogrit-Controller mit Sprung im Package (1. Muster)

Patriot Viper VP4300 SSD – 1. Muster

Auch wenn genaue Details zur Architektur unbekannt sind, zeigen sich beim IG5236 viele Parallelen zum Phison E18. Über acht NAND-Kanäle werden bis zu 8 TB Speicher unterstützt. Die Schnittstelle lautet PCIe 4.0 x4 und das Protokoll NVMe 1.4. Wie der E18 soll auch der IG5236 bis zu 7.400 MB/s respektive 1 Million IOPS beim Lesen erreichen. Die Schreibleistung fällt mit 6.400 MB/s und 800.000 IOPS aber geringer aus. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Fertigung in einem 12-nm-Prozess bei Auftragsfertiger TSMC. Beim NAND-Interface spricht Innogrit wiederum nur von 1.200 MT/s, während Phison sein Datenblatt auf 1.600 MT/s aktualisiert hat. Es ist aber möglich, dass auch Rainier mit dem schnelleren NAND umgehen kann und die Angabe ebenfalls einer Aktualisierung bedarf.

Innogrit IG5236
Phison PS5018-E18

Schnittstelle
PCIe 4.0 x4

Protokoll
NVMe 1.4

Fertigung
12 nm (TSMC)

CPU-Kerne
?
3 × ARM Cortex R5

NAND-Channel (CE)
8 (32)

SSD-Kapazität (max.)
8 TB

Durchsatz/Channel
1.200 MT/s
1.600 MT/s

DRAM
(LP)DDR3/4
(LP)DDR4

Fehlerkorrektur
LDPC, End-to-End Data Path Protection, SRAM ECC

Seq. Read
7.400 MB/s
7.400 MB/s

Seq. Write**
6.400 MB/s
7.000 MB/s

4K Random Read
1.000.000 IOPS
1.000.000 IOPS

4K Random Write**
800.000 IOPS
1.000.000 IOPS

Leistungsaufnahme
maximal 3,0 W
PS3: 50 mW
PS4: < 2 mW
3,0* W

*geschätzt
**im SLC-Cache
alle Angaben laut Innogrit und Phison

Das Unternehmen Innogrit wurde erst im Jahr 2016 mit Hauptsitz in San Jose, Kalifornien am Silicon Valley gegründet, besitzt aber auch Niederlassungen in China und Taiwan. In direkter Konkurrenz zu den Platzhirschen Marvell, Phison und Silicon Motion entwickelt auch Innogrit sogenannte „turn-key SSD controller solutions“, also „schlüsselfertige“ SSD-Controller-Lösungen für SSD-Anbieter, die etwa auch ein SSD-Referenzdesign und die passende Firmware umfassen.

Der CEO und Mitgründer Dr. Zining Wu kann auf reichlich Erfahrung in der Branche zurückgreifen. Denn zuvor war Wu seit dem Jahr 1999 bei Marvell angestellt und arbeitete dort zuletzt als Chief Technology Officer. Unter anderem leitete der Ingenieur die Entwicklungsteams für HDD- und SSD-Controller von Marvell. Auch ein Großteil des restlichen Führungsteams von Innogrit war zuvor bei Marvell tätig.

Eckdaten und Preise im Überblick

Bei NVMe-SSDs sind auch im Verbrauchersegment inzwischen fünf Jahre eingeschränkte Garantie gängig, was so auch bei der Patriot Viper VP4300 der Fall ist. Alternativ erlischt die Garantie vorzeitig, wenn ein Schreibvolumen (Total Bytes Written, TBW) von 1.000 TB respektive 2.000 TB überschritten wird. Die TBW liegen damit höher als bei Samsung 980 Pro oder WD Black SN850. Bei der Viper VP4100 sind die TBW mit 1.800 TB und 3.600 TB aber sogar noch höher angesetzt.

Im US-Handel kostet die Patriot Viper VP4300 rund 230 USD (1 TB) und 440 USD (2 TB) vor Steuern. Europreise für Deutschland konnte oder wollte Patriot noch nicht nennen. Die Verfügbarkeit sei aber auch hierzulande in den kommenden Wochen gegeben.

Patriot Memory Viper VP4300
Patriot Memory Viper VP4100
Western Digital WD Black SN850
Samsung SSD 980 Pro
Corsair MP600 Pro

Controller:
Innogrit IG5236, 8 NAND-Channel
Phison PS5016-E16, 8 NAND-Channel
WD Black G2, 8 NAND-Channel
Samsung Elpis, 8 NAND-Channel
Phison PS5018-E18, 8 NAND-Channel

DRAM-Cache:
1.024 MB DDR4Variante2.048 MB DDR4
512 MB vorhandenVariante1.024 MB vorhandenVariante2.048 MB vorhanden
512 MB LPDDR4Variante1.024 MB LPDDR4Variante2.048 MB LPDDR4
1.024 MBVariante2.048 MB

Speicherkapazität:
1.000 / 2.000 GB
500 / 1.000 / 2.000 GB
250 / 500 / 1.000 / 2.000 GB
1.000 / 2.000 GB

Speicherchips:
? ? ? TLC (3D) NAND, ?
Toshiba ? ? TLC (3D, 96 Lagen) NAND, ?
Western Digital ? ? TLC (3D, 96 Lagen) NAND, ?
Samsung ? ? TLC (3D, 1xx Lagen) NAND, ?
? ? ? TLC (3D) NAND, ?

Formfaktor:
M.2 (80 mm)

Interface:
PCIe 4.0 x4

seq. Lesen:
7.400 MB/s
5.000 MB/s
7.000 MB/s
6.400 MB/sVariante6.900 MB/sVariante7.000 MB/s
7.000 MB/s

seq. Schreiben:
5.500 MB/sVariante6.800 MB/s
4.400 MB/s
4.100 MB/sVariante5.300 MB/sVariante5.100 MB/s
2.700 MB/sVariante5.000 MB/sVariante5.100 MB/s
5.500 MB/sVariante6.550 MB/s

4K Random Read:
800.000 IOPS
800.000 IOPSVariante1.000.000 IOPS
500.000 IOPSVariante800.000 IOPSVariante1.000.000 IOPS
360.000 IOPSVariante660.000 IOPS

4K Random Write:
800.000 IOPS
570.000 IOPSVariante720.000 IOPSVariante710.000 IOPS
600.000 IOPSVariante1.000.000 IOPS
780.000 IOPSVariante800.000 IOPS

Leistungsaufnahme Aktivität (typ.):
?

Leistungsaufnahme Aktivität (max.):
?

Leistungsaufnahme Leerlauf:
?
35,0 mW
?

Leistungsaufnahme DevSleep:
?
kein DevSleep
?

Leistungsaufnahme L1.2:
?
5,0 mW
?

Funktionen:
NVMe, NCQ, TRIM, SMART, Garbage Collection

Verschlüsselung:
keine
AES 256, IEEE-1667, TCG Opal 2.0
AES 256

Total Bytes Written (TBW):
1.000 TerabyteVariante2.000 Terabyte
1.800 TerabyteVariante3.600 Terabyte
300 TerabyteVariante600 TerabyteVariante1.200 Terabyte
150 TerabyteVariante300 TerabyteVariante600 TerabyteVariante1.200 Terabyte
700 TerabyteVariante1.400 Terabyte

Garantie:
5 Jahre

Preis:

ab 183 € / ab 358 €
ab 99 € / ab 171 € / ab 379 €
ab 69 € / ab 123 € / ab 184 € / ab 369 €
ab 206 € / ab 393 €

Preis je GB:

€ 0,18 / € 0,18
€ 0,20 / € 0,17 / € 0,19
€ 0,28 / € 0,24 / € 0,18 / € 0,18
€ 0,21 / € 0,20

Auf der nächsten Seite: Benchmarks, Cache-Analyse und Temperaturen