5G Standalone: Vodafone startet „echtes 5G“ ohne LTE-Anker im Kernnetz

0
139

Vodafone legt den Schalter für 5G Standalone (5G SA) im eigenen Netz um und ist damit fortan nicht mehr auf die LTE-Technik im Kernnetz angewiesen. Kunden mit passendem Smartphone können 5G SA per Opt-in aktivieren und eine verringerte Latenz nutzen. Für Unternehmenskunden gibt es Network Slicing mit garantierter Leistung.

5G Standalone unterscheidet sich vom bisher angebotenen 5G Non-Standalone (NSA) durch die Nutzung einer vollständigen 5G-Infrastruktur auch im Kernnetz, wo bisher noch LTE-Technik zum Einsatz kommt. Bei 5G NSA wird der neue Standard nur im Antennennetz (Radio) genutzt, weshalb häufig von 5G NR (New Radio) die Rede ist.

Zugriff auf das 5G-SA-Netz erhalten Kunden über die Antennen im 3,5-GHz-Bereich, von denen aktuell rund 1.000 Stück vor allem in Großstädten wie Berlin, Frankfurt, Hamburg, München
und Düsseldorf, aber auch in kleineren Gemeinden wie Birgland (Bayern), Lohmar (Nordrhein-Westfalen) und Hattstedt (Nordfriesland) stehen. Vodafone bietet 5G auch im Low- und Mid-Band an, hier wird aber weiterhin 5G NSA angeboten.

Opt-in für 5G Standalone

Allgemein ist 5G NSA weiterhin der Standard auch nach der heutigen Freischaltung von 5G SA. Denn für die Nutzung des „echten 5G“ müssen Privat- und Businesskunden mit 5G-Tarifen derzeit noch über einen kostenlosen Opt-in selbst entscheiden, welche Technologie sie verwenden möchten. Grund dafür dürfte vor allem die noch mangelnde Kompatibilität vieler Smartphones sein, denen noch passende Firmware-Updates fehlen.

Den Anfang macht das Oppo Find X3 Pro (Test), das Vodafone, Qualcomm und Oppo in den vergangenen Wochen fit für den Wechsel gemacht haben. In den kommenden Wochen soll ein Firmware-Update zur Verfügung gestellt werden, das 5G SA auf dem Find X3 Pro ermöglicht. Im Mai soll die Galaxy-S21-Familie von Samsung das entsprechende Update erhalten. Zu den 5G-Smartphones von Apple konnte Vodafone auf Nachfrage noch keine Details nennen.

Wer sich für 5G SA entscheidet, bucht sich bei verfügbarem 5G im High-Band nur noch in das reine 5G-Netz ein, aber kann natürlich weiterhin auch alle früheren Standards wie 4G, 3G und 2G sowie das bisherige 5G NSA nutzen, etwa wenn sich das Smartphone mit einem Standort verbindet, der noch gar kein 5G SA anbietet. Bis zum Jahresende will Vodafone die Anzahl der 5G-SA-Antennen von derzeit 1.000 auf dann 4.000 erhöhen. 5G ist zudem weiterhin nur ein zusätzlicher Datenkanal (eMBB), das Telefonieren erfolgt wie zuvor bestenfalls über LTE (VoLTE), weil VoNR (Voice over New Radio) noch nicht angeboten wird.

5G SA reduziert die Latenz

Was 5G SA hingegen bereits jetzt mitbringt, sind reduzierte Latenzen, ein geringer Energieverbrauch und für Unternehmen das Network Slicing. Der Wechsel zu 5G SA soll die Latenz laut Vodafone von 35 auf 15 bis bestenfalls 10 ms reduzieren. Davon profitieren sollen Apps mit Echtzeit-Inhalten oder die Bereiche Gaming und Augmented Reality. Spürbar sein wird das zunächst in Frankfurt und Umgebung, wie Vodafone erklärte, weil dort das erste 5G-Kernnetz beheimatet ist. Damit die 10 ms künftig in ganz Deutschland Realität sind, will Vodafone bis 2023 insgesamt zehn 5G-Rechenzentren für das Kernnetz in Betrieb nehmen. Noch in diesem Jahr soll das zweite 5G-Rechenzentren in Berlin ans Netz gehen, kurz darauf ein drittes in München. Technologiepartner für das erste Rechenzentrum in Frankfurt ist Ericsson.

Energieverbrauch und Reichweite

Beim Energieverbrauch spricht Vodafone von einem Rückgang um 20 Prozent für das Smartphone, weil sich das Gerät nicht mehr in das 5G- und in das LTE-Netz einwählen muss. Bei 5G SA vergrößert sich die Reichweite der 5G-Antenne von Vodafone zudem um 20 Prozent, außerdem können pro Quadratkilometer bis zu eine Million und damit zehn Mal mehr Menschen und Maschinen gleichzeitig vernetzt werden.

Network Slicing für garantierte Leistung

Eher für die Industrie (beim Ergebnis aber auch für den Endverbraucher) relevant ist das mit 5G SA mögliche Network Slicing, das ein physisches Netz in mehrere virtuelle Netze unterteilen kann, um in diesen garantierte Bandbreiten, Geschwindigkeiten und Latenzen anbieten zu können. Vodafone nennt Unternehmen, TV-Sender oder Sportveranstalter als Beispiele, die künftig kurzfristig und für einen begrenzten Zeitraum Teilnetze mit garantierten Bandbreiten und Latenzzeiten im 5G-Netz buchen können. Erste Schritte diesbezüglich haben Vodafone und Sky letzten Dezember bei der Berichterstattung in der 2. Bundesliga gemacht.

5G SA ist zum Start etwas langsamer

An der Geschwindigkeit im 5G-Netz ändert sich mit 5G SA erst einmal nichts zum Positiven – eher zum Gegenteil. Statt wie bisher mit bis zu 1.000 Mbit/s für 5G auf 3,5 GHz wirbt Vodafone jetzt mit rund 700 Mbit/s. „Bislang haben wir die Power von 5G mit den bereits verfügbaren Bandbreiten aus dem LTE-Netz kombiniert. Jetzt entkoppeln wir 5G komplett vom LTE-Netz und starten eine eigene 5G-Infrastruktur, um den Weg frei zu machen für die Echtzeit Datenübertragung. Schritt für Schritt bündeln wir immer mehr Bandbreite von verschiedenen 5G-Frequenzbändern“, erläuterte Vodafone Technik-Chef Gerhard Mack. Mittels Carrier Aggregation (CA), also über die Zusammenlegung mehrerer Frequenzbänder, soll 5G SA in den nächsten Monaten stetig schneller werden und Geschwindigkeiten von dann deutlich mehr als die 1.000 Mbit/s zu 5G-NSA-Zeiten mit 5G und LTE ermöglichen. Der Uplink soll sich mit 5G Standalone verdoppeln.

Deutsche Telekom und Telefónica testen 5G SA

Und was macht die Konkurrenz? Die Deutsche Telekom bereitet ihr Kernnetz und die Standorte ebenfalls für den 5G-SA-Betrieb vor, wollte sich zuletzt im Rahmen der Netze-Update-Veranstaltung aber nicht in die Karten schauen lassen und erklärte den Start zum Geschäftsgeheimnis. Telefónica hat erste 5G-SA-Tests ebenfalls erfolgreich abgeschlossen und will noch dieses Jahr damit für Kunden an den Start gehen.