Klare Ansagen: Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus

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Sie war die Erste, die den Schiedsrichter-Job als Frau übernommen hat. Bibiana Steinhaus hat daraus keine große Nummer gemacht. Auch nicht vor dem Supercup-Finale. Mancher Mann hätte es anders gehalten. Hört sie nun auf?

Bibiana Steinhaus hat die Frage nie gemocht. Möge man über ihre Leistung reden, über Fußball, vielleicht auch über Fehlentscheidungen, alles gerne. Aber die Geschlechter-Debatte war ihr stets zuwider. “Am Ende des Tages zählt die Leistung”, sagte Steinhaus schon 2017 der DW. “Und die Person, die die beste Leistung abliefert, sollte auch auf dem Platz stehen dürfen – egal welches Geschlecht, welche Haarfarbe oder welche Religion sie hat. Das ist alles, was zählt.”

Die falschen Überschriften

Bibiana Steinhaus, 41 Jahre alt, Polizeibeamtin und Fußball-Schiedsrichterin: Seit sie ins Licht der Öffentlichkeit getreten ist, weiß sie genau, dass sie mit dem Thema oft konfrontiert wird, das sie nicht mag. Attraktiv, blond, eloquent, charmant – auch das alles ist Bibiana Steinhaus und dabei geht es ihr doch um ganz andere Sachen. Als die “Bild”-Zeitung nach ihrer Premiere in der Liga mit der Schlagzeile “Bibi ist die Beste …”  das Lob mit einer – strenggenommen nicht statthaften – Verniedlichung ihres Vornamens garnierte, fand sie das so: “Generell mag ich keine Überschriften, die Schiedsrichter zum Thema haben, denn das bedeutet, dass man bei der Partie im Fokus stand, und das ist definitiv nicht gut. Schlagzeilen sind für Schiedsrichter keine gute Sache.” Und: “Ich mag die Schlagzeilen, wenn sie die Leistung zum Thema haben – weniger, wenn es nur darum geht, dass ich eine Frau in diesem Job bin, ich mache ihn nämlich genau wie alle anderen.”

Widerrede: Sie hat ihren Job überdurchschnittlich gemacht. Denn: Kein Fußball-Schiedsrichter würde in diesem Land mit mehreren Millionen Bundestrainern an den TV-Geräten beruflich überleben, wenn er mehrfach Mist zusammenpfeifen würde. Und eine Frau schon gar nicht. DFL? Bundesliga? Sie arbeitet in einer Männerwelt.

Eloquent: Bibiana Steinhaus bei einer DFB-Pressekonferenz

An diesem Mittwoch wird Steinhaus als erste Frau den deutschen Supercup zwischen Meister Bayern München und Vizemeister Borussia Dortmund leiten. Wieder einmal, die erste. Seit 1999 agiert sie als DFB-Schiedsrichterin und stieg im Jahr 2005 zur Unparteiischen beim Weltverband FIFA auf. Dem Podcast des Magazins stern hat sie einmal verraten, wie sie den Druck vor ihrem ersten Spiel im Fußball-Oberhaus 2017 zwischen Hertha BSC und Werder Bremen aushielt. “Mit unserem Physiotherapeuten habe ich in den Katakomben gelegen und unter Anleitung geatmet”, sagte Steinhaus. Dann sei sie derart fokussiert gewesen, “dass ich beim Betreten des Platzes wusste: Es kann nichts passieren, das wird gut. Und so war’s.”

Den Respekt erarbeiten

Ihre beruflichen Erfahrungen als Polizeibeamtin haben ihr auf dem Platz ebenfalls geholfen. “Wir machen nicht die Regeln, aber wir müssen sie durchsetzen und darauf achten, dass die Leute sich dementsprechend verhalten”, erklärte sie der DW. Und: “Manchmal dauert es eine gewisse Zeit, sich den Respekt der Leute zu erarbeiten. Am Ende ist es der Polizist oder der Schiedsrichter, der die Entscheidung fällt. Spätestens an diesem Punkt verstehen die Leute, wer die Ansagen macht.”

Referee Steinhaus ist bislang übrigens ohne Platzverweis ausgekommen. Dafür: gleich sechsmal “Schiedsrichterin des Jahres”, jeweils dreimal vertrat sie Deutschland bei der WM und EM der Frauen. Einmal hat ihr Franck Ribery bei einem Freistoß den Schnürsenkel aufgezogen, der Schlingel. Das werde kein zweites Mal passieren, meinte Steinhaus später. Sie sollte richtig liegen.

Das Karriere-Ende

Nun schreibt die “Bild”-Zeitung, die 41-Jährige wolle ihre Karriere auf dem Platz beenden. Das deutsche Supercup-Finale könnte angeblich sogar Steinhaus’ letztes Spiel sein. Berichten zufolge könnten private Gründe die Ursache für den Entschluss sein. Seit vier Jahren ist Steinhaus mit dem ehemaligen englischen FIFA-Referee Howard Webb liiert, der in New York lebt. Es würde typisch für sie sein, wenn sie auch daraus kein großes Ding macht.


  • Schiedsrichterinnen im Männerfußball

    Bibiana Steinhaus

    Bis heute war Bibiana Steinhaus bereits sechsmal deutsche Schiedsrichterin des Jahres und leitete insgesamt 80 Zweitliga-Spiele. Im Mai 2017 wurde sie befördert und pfeift an diesem Wochenende erstmals in der ersten Bundesliga der Männer. Laut offiziellen Angaben der FIFA gibt es neben ihr weltweit vier weitere Frauen, die in ihren Ländern Spiele der höchsten Liga bei den Männern geleitet haben.


  • Schiedsrichterinnen im Männerfußball

    Nicole Petignat

    Nicole Petignat ist eine der wenigen Frauen, die im Männerfußball schon früh Spiele in den höchsten Profiligen leitete – in der Schweizer Super League sowie der österreichischen Bundesliga. 2003 pfiff sie als erste Frau eine UEFA Cup-Partie der Männer an – das Qualifikationsspiel zwischen AIK Solna und Fylkir Reykjavík. Von 2000 bis 2007 war sie mit dem ehemaligen Schiedsrichter Urs Meier liiert.


  • Schiedsrichterinnen im Männerfußball

    Gladys Lengwe

    Gladys Lengwe ist eine sambische Schiedsrichterin und pfeift laut FIFA-Angaben in der ersten Profiliga der Männer in Sambia. Über Einsätze bei der Fußball-Afrikameisterschaft der Frauen 2014 empfahl sich Lengwe für höhere Aufgaben und leitete fortan Spiele der Männer in Sambias erster Liga. Im Bild ermahnt sie die ehemalige deutsche Frauen-Nationaltrainerin Silvia Neid bei der WM 2015.


  • Schiedsrichterinnen im Männerfußball

    Claudia Umpierrez

    Seit 2010 pfeift Claudia Umpierrez in Uruguay Spiele der ersten Frauenfußball-Liga. Nach überzeugenden Auftritten durfte die gelernte Rechtsanwältin 2015 – wie auch Gladys Lengwe – Spiele bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2015 leiten. Seitdem ist sie eine etablierte Größe in dem lateinamerikanischen Land und wird auch für Spiele in Uruguays Primera División, der ersten Liga der Männer, eingesetzt.


  • Schiedsrichterinnen im Männerfußball

    Kateryna Monzul

    Eine weitere Schiedsrichterin, die in ihrem Land Spiele der ersten Liga der Männer pfeift: die Ukrainerin Kateryna Monzul. Ihre Karriere begann früh: Seit 2004 leitet Monzul internationale Spiele bei den Frauen, wurde für mehrere Großturniere nominiert und 2015 zur Welt-Schiedsrichterin gewählt. Seit April 2016 leitet sie Spiele der Premjer-Liha, der höchsten Liga im ukrainischen Männerfußball.