AfD feuert Ex-Pressesprecher nun wirklich

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Christian Lüth war als Pressesprecher jahrelang ein wichtiges Scharnier in der AfD – trotz rechtsextremer Äußerungen. Nun trennte sich die AfD-Fraktion im Bundestag von ihm. Der Druck war zu groß geworden.

Die Fraktionsführung der “Alternative für Deutschland” (AfD) traf sich nicht – wie während einer Sitzungswoche des Parlaments üblich – am Dienstag, sondern schon am Montag. Das lag zwar hauptsächlich an der beginnenden Haushaltswoche – da ist immer einiges anders. Doch der Vorstand musste sich mit einem besonders heiklen Fall auseinandersetzen. 

Christian Lüth, der ehemalige Pressesprecher der AfD-Fraktion, hat laut Recherchen von “Zeit Online” im Februar über die Möglichkeit des Erschießens oder Vergasens von Migrantinnen und Migranten gesprochen. Dort heißt es: “Bei einem heimlich von ProSieben gefilmten Treffen mit einer rechten Publizistin, bei dem das Gesicht des AfD-Mitglieds nicht zu erkennen ist, sprach sich der damalige AfD-Fraktionssprecher dafür aus, dass ‘noch mehr Migranten kommen’. ‘Weil dann geht es der AfD besser. Wir können die nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst. Mir egal!'”

Die Ausstrahlung der Dokumentation ist für Montagabend (20:15 Uhr Ortszeit) angekündigt. Laut “Zeit-Online” wird in der Doku aus rechtlichen Gründen der Name des Redners nicht genannt. Allerdings habe die Redaktion ihn mithilfe mehrerer Informanten eindeutig identifizieren können.

In der AfD-Bundestagsfraktion scheinen die Berichte ausreichend für eine schnelle Entscheidung gewesen zu sein. Nach kurzer Beratung stimmte der Fraktionsvorstand einstimmig dafür, Lüth zu entlassen. Das Arbeitsverhältnis werde fristlos gekündigt. Auch die gesamte Fraktion habe sich in der anschließenden Fraktionssitzung dem Votum angeschlossen, bestätigte ein Teilnehmer der DW.

“Schon 2016 den Hitlergruß gezeigt”

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Lüth rechtsradikal äußerte. Frauke Petry, die ehemalige Parteichefin der AfD, sagte der DW: “Seit spätestens 2016 ist dem AfD-Bundesvorstand bekannt, dass der damalige Pressesprecher Christian Lüth den Hitlergruß zeigte.” Zeugen hätten ihr bestätigt, so Petry, dass dies sogar in Anwesenheit einer Journalistin geschehen sei.

Frauke Petry: Lüth hat den Hitlergruß gezeigt

Im April 2020 war Lüth von seiner Funktion in der Fraktion beurlaubt worden, nachdem bekannt geworden war, dass er sich in einer Chat-Gruppe selbst als “Faschist” bezeichnet hatte. Erst vor zwei Wochen wurde sein bisheriger Stellvertreter, Marcus Schmidt, offiziell zum Nachfolger als Pressesprecher ernannt. Welche Aufgabe Lüth später hätte erfüllen sollen, war damals noch nicht klar. Seit August soll er nicht mehr Mitglied der AfD gewesen sein. Zu den aktuellen Vorfällen hat sich Lüth bislang nicht geäußert.

Lüth über Jahre feste Größe in der Partei

Lüth galt seit Gründung der AfD als eine zentrale Figur in der Partei, zunächst als Partei-Sprecher und mit dem Einzug in den Bundestag 2017 dann als Sprecher der dortigen AfD-Fraktion. Dass sich Lüth so lange an herausgehobener Position halten konnte, ist bemerkenswert. Schließlich scheiterten währenddessen viele Führungsleute in der AfD – Lüth aber blieb.

Ein Grund dafür soll sein gutes Verhältnis zu Alexander Gauland gewesen sein, der bis zum letzten Jahr Co-Parteichef war. Gauland, jetzt Co-Vorsitzender der Bundestagsfraktion, erklärte auf die Berichte über Lüth der Deutschen Presse-Agentur: “Die Äußerungen sind völlig inakzeptabel und in keiner Weise mit den Zielen und der Politik der AfD und der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag vereinbar.” Die Behauptung, er habe mit Lüth “über diese Themen auch nur gesprochen beziehungsweise ich hätte die Herrn Lüth zugeschriebenen Äußerungen ihm gegenüber sogar gebilligt, ist völlig absurd und frei erfunden”, fügte er hinzu.

Alexander Gauland hat sich von Lüth scharf distanziert

Im März 2020 hatte der Verfassungsschutz Teile der Partei als Beobachtungsobjekt eingestuft. Der Inlandsgeheimdienst sah seinen Verdacht bestätigt, dass es sich um eine rechtsextreme Bestrebung handelt, hieß es im Frühjahr.