“Polarstern“ nimmt Abschied von der Arktis

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Die Corona-Pandemie ließ auch die “Mosaic“-Expedition zur logistischen Herausforderung werden. Nach einem Jahr in der Arktis hat das Forschungsschiff seine Rückreise angetreten.

Ein Jahr im “ewigen Eis” kann lang werden. Denn auch wenn die “Polarstern” tausende Kilometer vom eigentlichen Corona-Geschehen entfernt war, hat die weltweite Pandemie doch auch die Arktis-Expedition logistisch kräftig durcheinander gewirbelt.

Crewwechsel konnten nicht wie geplant stattfinden, Versorgungsschiffe konnten nicht oder nur verspätet festmachen und geplante Erkundungsflüge zur Unterstützung der Wissenschaftler auf dem Eis fanden nicht statt, weil der Flughafen im norwegischen Spitzbergen zeitweise wegen Corona gesperrt war.

Zwei Wochen später als geplant konnte das Versorgungsschiff im Vordergrund mit neuer Fracht und frischen Crewmitgliedern zur “Polarstern” im Hintergrund vordringen

Manchem Crewmitglied mag die Zeit auch aufgrund der schwierigen Kommunikationsmöglichkeiten lang geworden sein, die Hälfte der Zeit mussten die Forschenden in der dunklen Polarnacht arbeiten. Aber immerhin hat sich kein Besatzungsmitglied der “Mosaic”-Expedition mit dem Coronavirus infiziert.

Zum Abschied machten die Forschenden aus aller Welt noch ein gemeinsames Erinnerungsfoto, dann begann die Rückreise.

Am 12. Oktober wird das Forschungsschiff sehnlichst in seinem Heimathafen Bremerhaven zurückerwartet. Der Eisbrecher war am 20. September 2019 vom norwegischen Tromsø aufgebrochen.

Größte Arktis-Expedition aller Zeiten

Unter der Leitung des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) hatte sich die “Polarstern” mit einer gewaltigen Eisscholle durch die Arktis driften  lassen, um umfangreiche Messungen im Eis, im Ozean und in der Atmosphäre vornehmen zu können. An der bislang weltweit größten Arktis-Expedition seien nach AWI-Angaben mehr als 70 wissenschaftliche Institute aus fast 20 Ländern mit Hunderten Forschern beteiligt gewesen.

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Auf dünnem Eis

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Auf dünnem Eis

Von diesen Untersuchungen im Nordpolarmeer erhoffen sich die Forschenden neue Erkenntnisse über Klimaveränderungen der Erde. Die eigentliche Auswertung der gesamten Daten beginnt aber erst nach der Rückkehr von der Expedition.

Klimawandel unmittelbar spürbar

Schon jetzt konnten die Forschenden aber feststellen, dass der Klimawandel der Arktis schwer zu schaffen macht. Laut AWI hätten Wärmewellen dem Eis sowohl von oben als auch von unten zugesetzt und es großflächig schmelzen lassen. Keine andere Region der Welt erwärmt sich schneller als die Arktis.

Passend dazu teilte das Nationale Schnee- und Eisdatenzentrum der USA in Boulder im Bundesstaat Colorado mit, dass das Meereis in der Arktis  auf die zweitniedrigste Ausdehnung seit Beginn der Messungen vor rund 40 Jahren geschrumpft sei. Mit 3,74 Millionen Quadratkilometern sei in der vergangenen Woche wahrscheinlich das Minimum für dieses Jahr erreicht worden, so die US-Behörde.

“Es war ein verrücktes Jahr im Norden, mit Meereis in der Nähe eines Rekordtiefs, Hitzewellen mit knapp 40 Grad in Sibirien und massiven Waldbränden”, sagte NSIDC-Chef Mark Serreze. “Das Jahr 2020 wird als Ausrufungszeichen in einem Abwärtstrend bei der Ausbreitung des arktischen Meereises stehen. Wir steuern auf einen saisonal eisfreien Arktischen Ozean zu, und dieses Jahr ist ein weiterer Nagel im Sarg.”

Schon auf dem Hinweg aus dem norwegischen Tromsø war die “Polarstern” durch ein Seegebiet gefahren, in dem sich früher Eisbrecher mühsam durch das dicke Eis kämpfen mussten. Im vergangenen September brauchte die “Polarstern” gerade mal sechs Tage für die Passage zum Nordpol.


  • Abschied vom ewigen Eis

    Menschenleere Fjorde

    Die Gletscher schmelzen, die Bewohner wandern ab: Das verlassene Haus an einem Fjord in der Nähe des Ortes Tasiilaq im östlichen Grönland symbolisiert den Bevölkerungsschwund in der Region. Im Zeitraum zwischen 2007 und 2017 schrumpfte der größte Ort im Osten Grönlands von 3069 auf 2010 Einwohner.


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    Einsame Jagd

    Für Robbenfänger Henrik Josvasson wird es immer schwerer, Beute zu machen. Nicht nur der Klimawandel macht ihm zu schaffen. Auch der politische Kampf gegen die Robbenjagd hat dazu beigetragen, dass den Inuit die Lebensgrundlage ihrer jahrtausendealten Jägerkultur entzogen wird.


  • Abschied vom ewigen Eis

    Dünne Eisdecke

    Robbenjäger Henrik Josvasson springt auf sein Boot. Er war auf der Suche nach Eiern von Papagaeientauchern. Der kleine Vogel gehört zu den rund 235 Arten, die Grönland im arktischen Sommer als Raststation und Brutkolonie nutzen.


  • Abschied vom ewigen Eis

    Polare Postkartenidylle

    Für den abgelegenen malerischen Ort interessieren sich nicht nur Touristen. Auch die grönländische Post betreibt in Tasiilaq ein Postamt, von dem Briefmarken für Sammler in die ganze Welt verschickt werden. Die Post-Filiale in Tasiilaq ist Mitglied im Zusammenschluss der kleinen europäischen Postverwaltungen, SEPAC.


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    Stadtbummel

    Trotz der Abgeschiedenheit ist in der größten Stadt im Osten Grönlands die Grundversorgung der rund 2000 Einwohner gesichert. Der Strom wird in einem Wasserkraftwerk erzeugt, es gibt eine Schule und ein Krankenhaus. Seit 1974 verfügt die Stadt außerdem über einen Landeplatz für Helikopter.


  • Abschied vom ewigen Eis

    Tanzen bis der Mond kommt

    Im Sommer nutzen junge Grönländer die Abendstunden vor dem Sonnenuntergang, um zu trainieren. Die Länge eines Tages in Tasiilaq variiert im Verlauf des Jahres extrem. In diesem Jahr soll der 22. Dezember mit drei Stunden und sieben Minuten Tageslicht der kürzeste Tag sein. Der längste Tag ist mit 23 Stunden und 17 Minuten Tageslicht für den 21. Juni. vorhergesagt.


  • Abschied vom ewigen Eis

    Endlich raus!

    Im grönländischen Sommer ist ganz Tasiilaq ein Spielplatz. Bei durchschnittlichen Höchsttemperaturen von zehn Grad spielen die Kinder im Ort draußen, wie hier der kleine Junge auf dem Trampolin.


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    Das Eis schmilzt

    Ein kleines Motorboot fährt an einem schwimmenden Eisberg in der Nähe von Tasiilaq vorbei. Das Abschmelzen der Eisberge und die Erderwärmung bringen mehr Touristen in den Ort. Neue Forschungen haben ergeben, dass Grönland zwischen dem Jahr 1900 und 2010 knapp 9000 Gigatonnen Eis verloren hat. Seit 2003 hat die Eisschmelze dramatisch zugenommen.


  • Abschied vom ewigen Eis

    Eigentlich ist immer Winter

    Auch im Sommer macht sich die Sonne in Tasiilaq rar. In der Zeit von Juni bis September ist es überwiegend kalt und bewölkt, wie hier an der schroffen Fjordküste. Nur während einem Drittel des kurzen Sommers erwärmen Sonnenstrahlen die Region.

    Autorin/Autor: Astrid Prange De Oliveira (mit Reuters)