Wie Farben auf uns wirken

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Blaue Erdbeeren? Rote Ananas? Schwarze Bananen? Das kann man doch gar nicht nicht essen! Farben haben nicht nur Einfluss darauf, welche Nahrungsmittel wir wählen – sie steuern auch unsere Gefühle.

Erdbeeren müssen rot sein, Ananas und Bananen gelb. Das signalisiert uns, dass sie reif sind und dass wir sie ohne Bedenken essen können. “Das hat mit den biologischen Funktionen der Farbe zu tun. Farben sind Ratgeber für unsere Gesundheit”, sagt der Medienwissenschaftler und Wahrnehmungspsychologe Axel Buether. “Es hat etwas damit zu tun, dass Farben uns schon aus weiter Ferne wissen lassen, ob Früchte reif sind und ob sie schon ihren größten Nährwert erreicht haben”, sagt Buether, der zahlreiche Bücher zum Thema Farben veröffentlicht hat.

Reife Erdbeeren sind strahlend rot

 Farben wirken unterschiedlich auf unsere Psyche und auf unseren Körper. Jede Farbe hat eine typische Wellenlänge und Energie, die sich auf uns übertragen. Farben steuern unseren Stoffwechsel, und der wiederum ist wichtig für unser körperliches Wohlbefinden. Farben können selbst unseren Blutdruck beeinflussen, unseren Appetit steigern oder auch nicht. Hat unsere Nahrung ungewohnte Farben, dann kann uns beim bloßen Anblick sogar schlecht werden. 

Sehen wir jedoch etwas vermeintlich Leckeres, das auch noch die richtige Farbe und Form hat, läuft uns das Wasser im Mund zusammen, unsere Magensäfte steigen an. Der Körper bereitet sich auf das Essen vor und auf die Verdauung. Unser Körper fährt den Blutzuckerspiegel runter und signalisiert uns so, dass wir unbedingt etwas essen sollten. 

Spezielle Lampen sorgen dafür, dass Obst und Gemüse besonders appetitlich sind

Das machen sich Supermärkte zunutze. Dort werden Obst und Gemüse oft von speziellen Lampen angestrahlt. Die haben den Effekt, dass Äpfel knackig wirken, Salat tiefgrün und gesund aussieht, Tomaten rot und reif. Die Enttäuschung kommt dann vielleicht zuhause. In normalem Licht entpuppen sich Obst und Gemüse dann vielleicht sogar als das, was sie im schlimmsten Fall sind: blass und ohne Geschmack. 

In der Ruhe liegt die Kraft

Etwa 200 Farbtöne können wir voneinander unterscheiden. Wir alle sehen Farben ein wenig unterschiedlich und empfinden sie auch so. Farben wecken bei uns Emotionen, Freude oder Geborgenheit, Hass, Wut oder Unzufriedenheit. Und wir kommunizieren über Farben. Sie werden in zwei Hauptkategorien eingeteilt, in warme und in kühle Farben. Zu den warmen Farben gehören Rot, Orange und Gelb.

Gelb verbinden Farbpsychologen mit Sommer, Sonne, Fröhlichkeit und Leichtigkeit. Die Farbe gilt als hell, heiter, freundlich und kommunikativ. Wer sich in sommersonnengelbe Kleidung hüllt, signalisiert seinen Mitmenschen: Mir geht es gut, ich bin fröhlich und genieße das Leben. Im Sommer, bei strahlendem Sonnenschein gelingt das eher als an einem trüben Wintertag. Ohne Licht gibt es keine Farben, und die sind an hellen Sommertagen eben besonders intensiv.

Buddhistische Mönche tragen traditionell orangefarbene Gewänder

Orange steht für Wärme und für Glück, hellt die Stimmung auf und steht für Selbstvertrauen und Aufgeschlossenheit. Die orange gefärbten Gewänder Buddhistischer Mönche sind dafür ein Symbol. Das chinesische Volk durfte kein Orange tragen. Diese war nur wenigen vorbehalten. Als Grundlage für die Herstellung diente   Safran, der als teuerstes Gewürz der Welt gilt. Zwischen 2000 und 7000 Euro kostet ein Kilogramm der braunroten Fäden, die aus der Blüte des gleichnamigen Krokusgewächses stammen. Auf der negativen Seite stehen Aufdringlichkeit und Leichtlebigkeit.

Rot als Farbe der Erotik und Leidenschaft

 Rot hingegen ist die Signalfarbe schlechthin. Sie macht auf Gefahren aufmerksam. Stoppschilder sind rot genauso wie der Feuerlöscher. Brandschutzbestimmungen sind rot umrandet. Rot fällt auf, sticht ins Auge, egal ob als Warnung oder als Kleiderfarbe. Rot bedeutet Aufmerksamkeit und Beachtung. 

Rote Lippen haben großen Symbolwert

Wer Rot als Farbe fürs Outfit wählt, übermittelt die Botschaft: Ich habe Power, bin temperamentvoll, kann mich durchsetzen, bin selbstbewusst. Ich weiß, was Ich will. Aber Rot steht auch für Sinnlichkeit, ist die Farbe der Liebe, gilt als erotisch und sexy. Rot geschminkte Lippen haben Signalwirkung. Rot ist auffällig und dominant, zieht Blicke auf sich und kann sogar unsere Atmung, unseren Blutdruck und unseren Stoffwechsel verändern. Oft merken wir es nicht einmal.

Wie wir die Farbe Rot und ihre vielen Schattierungen empfinden, ist abhängig von Kontext und Situation und von unserer eigenen Befindlichkeit. Die Farbe kann Aggressionen und Feindseligkeit schüren, steht für Feuer und Gefahr, aber auch für Macht und Reichtum. 

“Herrscher, Adelige, Kaiser und Könige haben sich in Rot gehüllt. Lange Zeit war Rot die Farbe von Uniformen, die dann allerdings eine gute Zielscheibe abgaben. Das hat sich natürlich geändert”, erklärt Buether. Aber noch immer steht die Farbe Rot in vielen Kulturen für Macht und für Außergewöhnliches.

Violett ist die Farbe der Bischöfe

Berühmte Persönlichkeiten und Staatsgäste schreiten über den roten Teppich und das rote Sofa ist mittlerweile ein feststehender Begriff. 

“Die rote Kutsche gibt es nicht, dafür aber die goldene. Die britische Queen hat eine, die manchmal bei Staatsbesuchen zum Einsatz kommt. Als Trump England besuchte, hat der amerikanische Präsident ausdrücklich darauf gedrungen, dass er in der goldenen Kutsche umhergefahren wird”. Auch die Innendekorationen des Trump Tower enthalten viel Gold, genauso wie seine Privatwohnung. “Gold steht für das Herrschaftliche,” meint Buether. Anderen sei das allerdings zu peinlich. 

Von kühl bis kalt

Zu den kühlen Farben gehören Grün, Blau und Violett oder Lila mit den verschiedenen Schattierungen. Wer grün mag, schätzt vermutlich Sicherheit und Harmonie, aber auch Unabhängigkeit und Veränderung. Grün beruhigt. Es ist die Farbe der Natur. Liebeskummer soll durch diese Farbe gelindert werden können, Trauer und Wut beruhigt. Aber die Naturfarbe kann auch Gefühle wie Gleichgültigkeit und Neid hervorrufen. 

Yves Klein-Blau ist zu einem Begriff geworden, nicht nur in der Kunst

Blau kann unter anderem für Vertrauen und Empathie stehen, aber auch für Melancholie. Menschen, die die Farbe Blau mögen, wissen, was sie wollen. Oft aber gelten sie als unnahbar und kühl.

Lila wird mit dem Gefühl von Traurigkeit gleichgesetzt, aber auch Weisheit, Tugend und innerer Ruhe. Bischöfe kleiden sich in der Farbe Lila, aber nicht nur sie. Auch eine andere Gruppe hat Lila für sich entdeckt.

Eine Farbe, die Frauen bewegt

Lila ist die Farbe der Frauenbewegung. Sie ist Ausdruck von Frauenliebe und von Unabhängigkeit. In Mode kam die Farbe bereits in den 1920er Jahren, ein halbes Jahrhundert später war es die Farbe der Feministinnen. Lila Kleidung war ein absolutes Muss im Kampf gegen männliche Dominanz.

Lila ist auch die Farbe, die mit Spiritualität, Kreativität und Geheimnisvollem in Verbindung gebracht wird. Die Farbpalette reicht dabei von Magenta über Pink, von Veilchenblau bis Lavendel. Nicht nur in der Frauenbewegung spielte diese Mischung aus rosa und blau eine wichtige Rolle. In der Weimarer Republik war sie Farbe der Homosexuellen-Bewegung und während der Nazi-Zeit Farbe des Widerstandes. 

Die Sprache der Farben

Farben sind ein Bekenntnis, ob wir nun Zartrosa mögen, kräftiges Rot oder Tiefblau. Auch diejenigen, die morgens nicht stundenlang vor dem Kleiderschrank stehen und nach einem angemessenen Outfit suchen, wählen intuitiv bestimmte Farben. Sie seien eine Art non-verbaler Kommunikation, erklärt Buether. “Es funktioniert bei Pflanzen, bei Tieren und auch beim Menschen. Es gibt biologische Farbcodes, die wir auf der ganzen Welt gleich verstehen. Ein blauer Himmel zum Beispiel steht für gutes Wetter.”

Mexikaner haben eine Liebe zur Farbe

Anhand von Kleidung und Farbe haben sich Menschen schon immer verständigt. “Kulturen, die sehr viel über Farben kommunizieren, hatten in der Regel auch viel Färbematerialien”, führt Buether aus. “In Mexiko zum Beispiel gibt es diese wunderschönen Stoffe. Über die Kleidung können die Menschen dort zum Beispiel sagen, aus welchem Dorf jemand kommt, wie alt jemand ist. Ist die Person verheiratet oder ledig? Mutter, Großmutter oder Witwe?”

Ganz verschiedene Lebensphasen und auch Lebensumstände ließen sich also an der Kleidung und ihren Farben ablesen. “So kann ich der Person entsprechend gegenübertreten.”

Eine derartige Kleiderordnung gab und gibt es auch in unseren Breitengraden. In den Städten gerät sie allerdings zunehmend in Vergessenheit. Dazu gehört auch Schwarz als Farbe der Trauer. Noch bis Ende des letzten Jahrhunderts war es Gang und Gebe, dass Menschen sich über längere Zeit in Schwarz kleideten, um nach außen hin zu signalisieren, dass sie jemanden verloren hatten. 

In vielen Ländern ist Schwarz die Farbe der Trauer, in anderen ist es Weiß

Ein ganzes Jahr lang, im Trauerjahr, kleideten sich die Menschen – vor allem Frauen – in Schwarz. In einigen Gegenden trugen sie diese “unbunte Farbe” – wie Schwarz auch genannt wird – bis an ihr Lebensende. Die schwarze Farbe schützt. Für Außenstehende bedeutet sie, Rücksicht auf die Trauernden zu nehmen. In einigen Regionen der Welt ist weiß die Farbe der Trauer, etwa in vielen asiatischen Ländern.

Farbenfroher Süden

Welche Farbe vorherrscht, welche Farben Menschen bevorzugen, ist von Land zu Land unterschiedlich. In Afrika ist die Kleidung sehr oft sehr bunt, mit Farben, die nur in diese Regionen passen und kaum nach Norddeutschland. Das liegt in der Kultur begründet, aber auch das Licht hat darauf Einfluss.

Wir erleben das beispielsweise, wenn wir im Urlaub Richtung Süden fahren, Richtung Äquator. Da wirken bunte Kleidungsstücke doch so farbenfroh. Zuhause aber wirken die Farben des Souvenirs dann oft weniger stark, verbreiten nicht dieselbe fröhliche Stimmung.

Das kräftige Rot ist vielleicht einem blassen Rosa gewichen, das kräftige Blau leuchtet nicht mehr so intensiv wie noch in Griechenland. Das Licht in nördlichen Ländern ist eben anders als das Licht im Süden. 

Der Karneval in Rio de Janeiro ist bekannt für seine Farbenpracht

Im Süden scheint das Leben bunter – auch in der Tier- und der Pflanzenwelt. Vor allem in tropischen Ländern haben Tiere oft üppige Farben, Papageien beispielsweise. Ihr Gefieder ist strahlend blau, rot oder grün. Chamäleons haben direkt alle Farben auf einmal, können sich ihrer Umgebung problemlos anpassen und ihre Farbe wechseln. Das dient nicht nur der Tarnung.

Sie kommunizieren mithilfe der verschiedenen Farben mit ihren Artgenossen oder versuchen so, einem Weibchen zu imponieren und ihm den Hof zu machen. So manchem Tier helfen dabei auffällige, bunte Farben – knallgrün, knallgelb oder tiefes, auffälliges Rot – denn das steht auch in der Tierwelt für Anziehungskraft und Erotik. 


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Aufgeplustert

    Männliche Fregattvögel können ihren Kehlsack enorm aufblähen. Das sieht imposant aus und soll – klar – die Weibchen beeindrucken. Hat das Balzen geklappt, bleibt der Kehlsack auch während Nistplatzsuche und Nestbau leuchtend rot. Nach der Eiablage bildet er sich wieder zurück und ist dann eher orange gefärbt.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Auffällig wie ein Papagei

    Nur männliche Vögel sind farbenprächtig? Stimmt nicht! Bei vielen Vogelarten gibt es überhaupt keinen Unterschied zwischen Männchen und Weibchen – sie sehen gleich aus. So wie diese hellroten Aras aus den tropischen Wäldern Südamerikas.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Geschlechtsdimorphismus

    Bei anderen Vogelarten sind die Männchen tatsächlich sehr viel leuchtender als die Weibchen. Zum Beispiel beim Azurnaschvogel aus Mittelamerika. Wie leicht zu erraten ist: Der Vogel auf der rechten Seite ist das Männchen.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Komplett anders

    Manchmal sehen Männchen und Weibchen gar nicht so aus, als würden sie zurselben Art gehören. Bei der Feuerrückentangare ist der Mann schwarz mit einem scharlachroten Hinterteil. Die Vogeldame hingegen hat einen grauen Kopf, einen olivfarbene Rumpf und bräunliche Flügel.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Artenabhängig

    Forscher aus Deutschland und Australien haben 6000 Sperlingsvogelarten unter die Lupe genommen. Sie wollten herausfinden, warum einige Vogelweibchen im Vergleich zu den Männchen extrem farblos aussehen und andere nicht.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Harte Konkurrenz

    Je größer die Vogelart desto wahrscheinlicher ist es, dass auch das Weibchen sich farblich aufschmückt. Große Vögel werden seltener Beute von Fressfeinden und können sich bunte Farben eher leisten. Außerdem sind Vogelweibchen in den ressourcenreichen Tropen im allgemeinen eher bunter. Nicht nur Männchen konkurrieren um Weibchen, sondern Weibchen untereinander auch um Männchen, sagen die Forscher.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Balztanz

    Vor allem bei den Paradiesvögeln geben sich die Männer viel Mühe, mögliche Partnerinnen zu beeindrucken – nicht nur mit Farben, sondern auch mit ungewöhnlich geformten, langen Schwanzfedern. So wie dieser Königs-Paradiesvogel. Er führt wie alle Paradiesvögel einen beeindruckenden Balztanz auf, bei dem er seine Schwanzfedern schwingt und sich wie ein Watteball aufplustert.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Eitel wie ein Pfau

    Lange Federn? Da kann der Pfau ein Lied von singen! Um seine Henne zu umwerben, stellt er seine Federn zu einem Rad auf und schwenkt sie eindrucksheischend hin und her. Ursprünglich stammen Pfaue aus Indien und Sri Lanka.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    König über alle Geier

    Der Königsgeier aus Südamerika hat eigentlich ein unauffälliges weiß-grau-schwarzes Gefieder. Sein kahler Kopf hingegen ist prächtig eingefärbt. Die Art bezog ihren Namen vermutlich aus der Angewohnheit des Vogels, andere, kleinere Geier an einem Kadaver zur Seite zu schieben und sich erst einmal selbst satt zu fressen.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Vögel mit Hörnern

    Ja, das hier ist tatsächlich ein Vogel – ein Nashornvogel. Alle Nashornvogelarten haben ungewöhnlich geformte und gefärbte Schnäbel. Einige Arten werden wegen dieser Körperteile sogar bejagt.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Nur ein Star

    In Deutschland sind Stare nicht unbedingt sehr farbenprächtig. Aber in anderen Teilen der Welt schon. Das hier ist ein Dreifarben-Glanzstar aus Ostafrika.


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Bunte deutsche Vogelwelt

    Bunte Vögel gibt es nur in den Tropen? Weit gefehlt! Auch in Deutschland geben sich einige Vögel Mühe, um aufzufallen. Zum Beispiel der Eisvogel. Schön, oder?


  • Wozu die ganze Farbenpracht?

    Wenn das Essen rot färbt

    Flamingos sind nicht unbedingt rot, um Geschlechtspartner zu beeindrucken. Es ist eine Nebenwirkung von ihrem Essen, Shrimps und Plankton, die sie aus dem Schlamm herausfiltern. Die Farbstoffe in den Meerestieren geben Flamingos ihre rötliche Farbe.

    Autorin/Autor: Brigitte Osterath