IDB: Donald Trump setzt sich durch

0
252

Donald Trump hat erreicht, was für unmöglich gehalten wurde: Eine Wahl zum Präsidenten der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) zu einer höchst emotionalen Angelegenheit und einem Politikum zu machen.

Als erster US-Amerikaner wurde Mauricio Claver-Carone am Wochenende zum neuen Präsidenten der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) gewählt. Der enge Vertraute von US-Präsident Donald Trump wird damit eine entscheidende Position für die wirtschaftliche Erholung Lateinamerikas nach der Corona-Krise innehaben.

Die Wahl hatte im Vorfeld zu Spannungen unter den Mitgliedsstaaten geführt, denn die Kandidatur Claver-Carones brach mit der ungeschriebenen Tradition, nach der die Präsidentschaft der Organisation einem Lateinamerikaner überlassen werden soll. Die frühere Präsidentin von Costa Rica, Laura Chinchilla, kritisierte die Entscheidung der Vereinigten Staaten, ihren eigenen Kandidaten “ohne vorherige Konsultation” aufzustellen. Dies sei “ein besorgniserregendes Zeichen” für den zu erwartenden Führungsstil der IDB. Ihre eigene Kandidatur für den IDB-Vorsitz zog sie zurück.

Die Europäische Union und mehrere lateinamerikanische Regierungen hatten sich für eine Verschiebung der Abstimmung auf die Zeit nach den US-Präsidentschaftswahlen ausgesprochen. Doch Trump ignorierte alle Vorbehalte und trieb die Kandidatur Claver-Carones voran.

Der neue IDB-Chef Mauricio Claver-Carone

Mexiko und Argentinien gaben Widerstand auf

Bis zuletzt aber war unklar, ob die Wahl stattfinden würde. Es galt als denkbar, dass Mexiko und Argentinien der Abstimmung fernblieben und die nötige Wahlbeteiligung somit verfehlt werden könnte. Nachdem Mexiko seine Teilnahme bestätigte, verzichtete auch Argentinien darauf, in die Rolle des schwarzen Schafes zu schlüpfen. Auch Buenos Aires wird nach der Corona-Krise auf IDB-Gelder angewiesen sein. Den eigenen Kandidaten, den früheren Justizminister Gustavo Béliz, zog Argentinien zurück und enthielt sich aus Protest der Stimme.

Damit war der Weg für Claver-Carone frei, der von den USA, Brasilien, Kolumbien und einigen kleineren Staaten unterstützt wurde. Die Abstimmung fand per Videokonferenz statt. “Dieser Sieg ist für Lateinamerika und die Karibik. Ich möchte allen unseren Partnern in der Region dafür danken, dass sie die Integrität des Wahlprozesses aufrechterhalten und unsere gemeinsame Vision einer stärkeren IDB teilen”, wird Claver-Carone in einer Presseerklärung nach seiner Wahl zitiert. Der 45-Jährige wird die Präsidentschaft der IDB am 1. Oktober für einen Zeitraum von fünf Jahren übernehmen. Er löst den Kolumbianer Luis Alberto Moreno ab.

Die IDB ist eine multilaterale Entwicklungsbank mit Sitz in Washington, D.C. Gegründet wurde sie 1959 von 19 amerikanischen Staaten; Deutschland trat ihr 1979 bei. Die Bank wird mehrheitlich von Mitgliedsstaaten aus Lateinamerika und der Karibik gehalten. Die IDB ist die größte Geldgeberin für Entwicklungsprojekte in Lateinamerika; ihre Tätigkeit hängt in hohem Maße von Geldern der Vereinigten Staaten ab. Über Jahrzehnte hat die Bank die Entwicklung in der Region vorangetrieben und Kredite an arme Länder vergeben, um wichtige Infrastrukturen wie Straßen, Häfen oder Stromnetze aufzubauen.

IDB als Instrument im Konflikt USA-China?

Für den früheren mexikanischen Außenminister Jorge Castañeda symbolisiert die Wahl Claver-Carones “die Niederlage der Region” gegenüber den Vereinigten Staaten. Länder wie Mexiko oder Argentinien befürchten eine Politisierung der IDB durch die US-Regierung im Streit mit China, das seit Jahren seine wirtschaftliche Präsenz in der Hemisphäre ausgebaut. Das Handelsvolumen zwischen China und Lateinamerika hat sich nach Zahlen des US-Kongresses seit 2002 verzwanzigfacht. China ist heute der größte Kreditgeber der Region und für Länder wie Argentinien, Mexiko, Kolumbien, Chile oder Peru und selbst Brasilien zu einem wichtigen Handelspartner geworden. Eine Entwicklung, die die USA mit Argwohn betrachten.

“Claver möchte die IDB in den finanziellen Arm der Vereinigten Staaten in Lateinamerika verwandeln”, glaubt Jorge Heine, ehemaliger chilenischer Botschafter in China und derzeit Professor für internationale Beziehungen an der Boston University. In einem Interview mit der spanischen Tageszeitung El País sagte Claver-Carone: “Das Beste, was wir tun können, ist (…), die IDB zu einem echten Finanzkraftwerk zu machen. Für die Vereinigten Staaten und die Region ist es viel besser, dies zu tun, als aus Verzweiflung Mittel von anderen Ländern nachzusuchen.” Chinas Rolle als Kreditgeber der Region müsse zurückgedrängt werden.

Weitere Spaltung der Region befürchtet

“Was wird über die IDB gesagt? Dass die IDB von den Vereinigten Staaten kapitalisiert wird und dass eine ihrer zentralen Funktionen darin besteht, den chinesischen Einfluss in Lateinamerika zu bekämpfen. Das ist nicht die Rolle der IDB, sollte sie nicht sein”, warnte vor kurzem Argentiniens Außenminister Felipe Solá. Und weiter: “Mauricio Claver-Carone wird nicht aus technischer Sicht kritisiert, sondern aus politischer Sicht. Er spiegelt den härtesten ideologischen Flügel der US-Politik gegenüber Lateinamerika wider.”

Der in Miami geborene kubanisch-stämmige Anwalt Claver-Carone, derzeit der für Lateinamerika und die Karibik zuständige Direktor im Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten, gilt als Verfechter einer harten Hand gegenüber Kuba und Venezuela. Daher besteht in einigen Mitgliedsstaaten die Sorge, dass künftig IDB-Gelder verstärkt nach ideologischen Gesichtspunkten vergeben werden könnten.

“Im besten Fall führt dies zu Lähmung und Marginalisierung, und setzt die wichtigste Institution im kritischsten Moment außer Gefecht”, so Michael Camilleri, Analyst am Think Tank Inter-American Dialogue, über die Wahl Claver-Carones in einer Zeit, wo die Darlehen der IDB für die wirtschaftliche Erholung des Kontinents nach Corona eine wichtige Rolle spielen werden. “Im schlimmsten Fall wird die Bank zu einem Vehikel für eine ziemlich radikale rechtsgerichtete Agenda, die die Hemisphäre weiter spaltet.”