Wichtiges und Unwichtiges zum Tag der Buchliebhaber

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Jährlich am 9. August feiern Bibliophile das Buch und das Lesen. Unter ihnen gibt es: diebische Leseratten, mörderische Bücherwürmer – und Karl Lagerfeld.

Karl Lagerfeld sammelte Bücher wie andere Weinflaschen

Der Tag der Bücherliebhaber ist so etwas wie ein Halloween der Bibliophilie: Der “National Book Lovers Day” ist – genauso wie das gruselige Volksfest in der Nacht zum 31. Oktober – ein Kulturimport aus den USA. Wer genau dort diese 24-Stunden-Hommage an das gedruckte Wort ins Leben gerufen hat, ist nicht überliefert. In jedem Fall fallen seit drei Jahren am 9. August Bibliophile vor dem Buch in die Knie. Interessanterweise findet der Tag der Liebhaber dieses eigentlich analogen Mediums nahezu ausschließlich digital statt: Twitter hat sich zu einem besonderen Versammlungsort entwickelt. Es gibt Hashtags wie #bookloversday, #díamundialamantesdeloslibros und #BuchlieberTag.

Die älteste nachweisbare Bibliothek Deutschlands wurde im 2. Jahrhundert errichtet

 

Eine Bibliothek der Antike

Als Archäologen bei Bauarbeiten in Köln massive Mauerreste entdeckten, machten eigentümliche Nischen in den Wänden sie stutzig. Sie waren unverhofft auf eine antike Bibliothek gestoßen. Das Gebäude sei vermutlich zweigeschossig und sieben bis neun Meter hoch gewesen, so die Archäologen. Weiter vermuten sie, dass in der Apsis des Gebäudes, einem halbkreisförmigen Kuppelraum, eine Statue von Minerva, der Göttin der Weisheit und Hüterin der Erkenntnis, einen Platz gefunden hatte. 

Ein Leben im Büchermeer

Ein neuzeitlicher Büchernarr war dagegen der 2019 verstorbene Modezar Karl Lagerfeld: 300.000 Bücher umfasste seine Sammlung angeblich, 30 bis 40 Bücher kaufte der Chefdesigner des Modeluxuslabels Chanel nach eigenen Angaben täglich. Seine Bibliothek verteilte er auf sieben Wohnungen. Spätestens hier drängt sich die Frage auf, wie Lagerfeld den 20. Februar zubrachte. Da nämlich feiert die Welt alljährlich den “Clean Out Your Bookcase Day” oder “Putze-Dein-Bücherregal-Tag”. Ursprung ebenfalls unbekannt.

Buchliebhaber geraten beim Anblick solch antiker Werke in Verzückung

Bibliophilie

Das Fremdwort für die Buchliebhaberei setzt sich zusammen aus “Biblion”und “philia”, den griechischen Wörtern für “Buch” und “Liebe”. Bibliophile begehren allerdings nicht Bücher als solche und schon gar nicht deren Inhalt, sondern aufwendig gefertigte oder sonstwie herausragende Bücher. Diese Leidenschaft gibt es, seitdem Bücher existieren. In der Antike wusste der römische Politiker und Philosoph Cicero, selbst leidenschaftlicher Schreiber und Sammler von Büchern: “Hast du einen Garten und eine Bibliothek, hast du alles was du brauchst.” Eine Art Gründungsurkunde der Buchverehrung schrieb der englische Bischof und Autor Richard Aungerville um 1344 mit seinem “Philobiblon”: “Bücher sind der wahre Reichtum der Welt, ein göttliches Geschenk, von dem man niemals genug bekommen kann.” Das nimmt mancher bis heute wörtlich.

Cicero brauchte nur einen Garten und: Bücher

Das längste Bücherregal

John Q. Benham aus Avoca im US-Bundesstaat Indiana besitzt laut Guiness Buch der Rekorde mit mehr als 1,5 Millionen Bänden die weltweit größte private Büchersammlung., die er in seiner zweigeschossigen Garage und teilweise unter Planen im Garten lagert.

Ein passionierter Autogrammjäger

Diegrößte Sammlung an signierten Büchern gehört dem Guiness-Buch zufolge dem kalifornischen Pastor Richard Warren. Er besitzt 2381 Bücher, die vom jeweiligen Urheber signiert wurden. 

Heimlicher Büchernarr

In Paris zog sich Graf Raoul Léonor Lignerolles nach der Februarrevolution 1848 fast völlig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, um sich fernab der Öffentlichkeit seiner Sammlung zu widmen.

In die Bibliothek der Académie Française in Paris (Bild) wäre Lignerolles wohl nie gegangen

Eine seiner Pariser Wohnungen diente nur als Bibliothek. Das Besondere an Lignerolles: Er hielt sein Begehren im Verborgenen. Er sammelte, allein um zu horten und zu verstecken. Nach bestimmten Werken gefragt, leugnete er gar deren Besitz. Ein Kaufangebot über zwei Millionen Francs soll er in den Wind geschlagen haben. Nach seinem Tod im Jahr 1893 wurde der Bücherschatz für 1,1 Millionen Francs veräußert.

Bibliokleptomanie

Sie ist die kranke Schwester der Bibliophilie. Bekanntes Beispiel war der oberste Hüter der Biblioteca dei Girolamini in Neapel. Direktor Marino Massimo De Caro konnte es nicht lassen und klaute 2011 und 2012 überall in Italien Bücher. Auch im eigenen Haus. Er verkaufte illegal Schriften von Galilei, Kopernikus, Kepler und Newton. Drei Millionen Euro war sein Diebesgut wert. Er musste allerdings nicht ins Gefängnis, als er erwischt wurde. Nur sieben Jahre Hausarrest – Zeit genug zum Lesen.

Weitere Unterarten der Buchsucht sind die Bibliopathie: die Erkrankung durch Bücher, der Biblioklasmus: das krankhafte Zerstören von Büchern oder auch die Bibliophobie, die Angst vor Büchern.

Diese historischen Bücher hat Marino Massimo gestohlen. 2012 wurden sie wieder zurückgegeben.

Feiertags-Manie?

Beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels hängt man den “Tag der  Buch-Liebhaber” nicht besonders hoch. Die Interessengemeinschaft konzentriert sich lieber auf den “Welttag des Buches” der UNESCO, der in diesem Jahr wegen Corona-Panemie vom 23. April auf den 20. September verlegt wurde. Doch begrüße der Branchenverband Aktions- und Feiertage “als gute und wichtige Anlässe, zu denen Menschen ihre Begeisterung für Bücher teilen können”, so Börsenverein-Sprecher Thomas Koch auf Nachfrage der DW.

Hier geht es zum englischen YouTube-Kanal “DW Books” der Deutschen Welle.