Mosambik: Gas-Investoren wollen islamistischem Terror trotzen

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Die Anschläge in Mosambiks Region Cabo Delgado weiten sich aus. Jüngst starben acht Menschen. Ausländische Investoren wollen sich nicht einschüchtern lassen – es wartet ein lukratives Gas-Geschäft.

Greifen die Islamisten an, hinterlassen sie Tod und Zerstörung – hier im August 2019 im Dorf Aldeia da Paz

“Die Attacke war brutal. Die Angreifer schlachteten unsere Mitarbeiter regelrecht ab”, gab die Baufirma Fenix Construction am Sonntag in einer Erklärung bekannt. Eines der Fahrzeuge der von weißen Südafrikanern geleiteten Baufirma sei von islamistischen Aufständischen angegriffen worden. Das Ganze ist demnach schon am 27. Juni etwa vier Kilometer von Mocímboa da Praia entfernt passiert, einem Ort, der am selben Tag von bewaffneten islamistischen Gruppen angegriffen worden sein soll.

Acht Männer seien bei dem Angriff getötet worden. Eine von der Baufirma ​​beauftragte private Sicherheitsfirma konnte ihre Leichen bergen. Drei der insgesamt 14 Insassen des Fahrzeugs seien in den Busch geflüchtet und hätten überlebt. Drei weitere würden noch vermisst.

Der Verlust von Menschenleben sei schockierend, sagt Inocência Mapisse, Expertin für die mosambikanischen Großprojekte im Energiesektor der mosambikanischen Nichtregierungsorganisation CIP (“Zentrum für öffentlich Integrität”). Zusätzlich verursachten solche Vorkommnisse großen wirtschaftlichen Schaden für das ganze Land: “Angriffe auf Arbeiter von Unternehmen, die für die Gasprojekte in Cabo Delgado arbeiten, werden sich zweifellos negativ auf die Geschäftsergebnisse dieser Projekte auswirken.” Sinkende Gewinne bedeuteten wiederum verminderte Steuereinnahmen für den hochverschuldeten mosambikanischen Staat.

Gas-Boom geht an der Bevölkerung vorbei

Mit ihren Investitionen für die Produktion von Flüssiggas (LNG), das später per Schiff nach Asien exportiert werden soll, haben die Gaskonzerne zwar einen wirtschaftlichen Boom in Cabo Delgado ausgelöst. Doch er geht bisher an einem Großteil der dortigen Bevölkerung vorbei. Bei der technisch sehr anspruchsvollen Suche und Förderung des Gases werden vor allem Spezialisten gesucht – die es in der weitgehend armen Region kaum gibt.

Cabo Delgado bedeutet ein Megageschäft, erläutert Mapisse. Es gehe um die Ausbeutung von circa 5.000 Milliarden Kubikmeter Gas, die im Rovuma-Becken an der Nordküste Mosambiks entdeckt worden seien. Das seien die größten Gasreserven in Afrika; die neuntgrößten Gasreserven weltweit.

Im November fand in Mosambik bereits der sechste Gas-Gipfel statt, bei dem sich die Branche traf

Die beteiligten Unternehmen und die Regierung rechnen mittelfristig mit einem Gewinn von über 60 Milliarden US-Dollar – das Vierfache des Bruttoinlandsprodukts von Mosambik im Jahr 2019. Hauptinvestoren sind allen voran die französische Ölgesellschaft Total, die nordamerikanische Anadarko und die italienische ENI. Andere kleinere Unternehmen aus Europa, China, Brasilien, Indien, Japan oder Australien zogen nach und kündigten weitere Investitionen an. Die Exploration soll ab 2023 beginnen. Insgesamt sollen 25 Milliarden US-Dollar in das Gasprojekt im Rovuma-Becken investiert werden.

Aber diese Investitionen haben sich aufgrund der seit 2017 in der Region verübten islamistischen Angriffe verzögert. Im Februar 2019 hatten die Dschihadisten eine Baustelle von Anadarkos Flüssiggas-Projekt direkt angegriffen. Das US-Energieunternehmen hatte sich daraufhin teilweise aus dem Projekt zurückgezogen.

Zehntausende hat die Gewalt in Cabo Delgado vertrieben – hier ein Flüchtlingslager in Metuge

Wenn die mosambikanische Regierung die Investitionen in Cabo Delgado nicht gefährden wolle, dann müsse sie dringend deeskalierende Maßnahmen einleiten, damit der Zulauf junger Leute zu den radikalen Gruppen gestoppt wird, meint Inocência Mapisse. Die Regierung müsse den Menschen glaubwürdig versichern, dass die zu erwartenden Einnahmen aus dem Gasgeschäft auch der armen Bevölkerung zugutekommen. Der Propaganda der Islamisten müsse etwas entgegengesetzt werden.

In Cabo Delgado haben islamistische “Gotteskrieger” leichtes Spiel: Sie treffen auf eine verarmte Bevölkerung, einen schwachen Staat und eine relativ wehrlose Armee. Es reiche nicht aus, nur auf eine militärische Lösung des Problems zu setzen.

Regierung und Investoren: Bemüht um Beschwichtigung

Die Beteiligten versuchen unterdessen, das Problem herunterspielen. Der bedauerliche Tod von acht Mitarbeitern von Fenix Constructions in Cabo Delgado habe nichts mit dem Gasprojekt im Rovuma-Becken zu tun, sagte das französische Energieunternehmen Total am Montag auf Anfrage der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa. Schließlich habe der bewaffnete Angriff “ungefähr 60 Kilometer von der Baustelle des Projekts” entfernt stattgefunden, fügte das Ölunternehmen hinzu.

Drei Tage vorher war Arnaud Breuillac, zweiter Mann im Vorstand des französischen Energieriesen, zuständig für Exploration und Produktion, überraschend nach Mosambik gereist. Nach einem Treffen mit dem mosambikanischen Minister für Bodenschätze und Energie, Max Tonela, stellte der Manager klar, dass sein Besuch “keinen Bezug zur Sicherheitslage in der Provinz Cabo Delgado” habe. Breuillac betonte, auf Anfrage von Journalisten, dass die Regierung die Sicherheitslage unter Kontrolle habe und daran arbeite, “die besten Bedingungen für eine sichere Durchführung der Gasprojekte zu schaffen”.

Inocência Mapisse ist Expertin für für die mosambikanischen Großprojekte im Energiesektor

Expertin Inocência Mapisse meint, sowohl Total als auch die Regierung wollten das Projekt unbedingt vorantreiben. Beide Seiten hätten deshalb ein Interesse daran, das Problem kleinzureden. Dabei könne man von einem regelrechten Kriegsszenario im Nordosten Mosambiks sprechen. Obwohl jederzeit weitere Angriffe stattfinden können, will Total das Projekt nicht aufgeben. “Zu groß sind die bereits getätigten Investitionen, zu verlockend die Gewinnaussichten”, meint die Expertin Inocência Mapisse.

Humanitäre Krise in Cabo Delgado

Die Überfälle bewaffneter Gruppen haben in den letzten zweieinhalb Jahren bereits mindestens 700 Menschen getötet und nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 115.000 in die Flucht getrieben. “Eine humanitäre Krise ersten Ranges”, sagt der katholische Bischof von Cabo Delgado Luis Fernando Lisboa im DW-Gespräch: “Selbst in der Provinzhauptstadt Pemba herrscht Angst. Es gibt, nicht nur unter den vielen Flüchtlingen, ein Gefühl der Unsicherheit. Cabo Delgado macht eine sehr schwere humanitäre Krise durch.”