Kommentar: “Justice for George” – richtige Botschaft, falsche Aktion

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Weston McKennie zeigt während eines Bundesligaspiels seine Solidarität mit dem bei einem Polizei-Einsatz getöteten George Floyd. Meinungsäußerungen sind wichtig, so DW-Redakteurin Sarah Wiertz, kritisiert jedoch das Wie.

Spielerisch überzeugte der Schalker Profi Weston McKennie am Samstag bei der 0:1-Niederlage gegen den Tabellenvorletzten Werder Bremen nicht – ganz im Gegenteil: Nach seinem Ellbogenschlag gegen Osako in der zweiten Hälfte hätte er vom Platz verwiesen werden müssen. 

So wechselte Trainer David Wagner ihn vorzeitig in der 66. Minute aus und dort fingen die Fernsehkameras den Schriftzug auf dem aufgeklebten Tape an seinem Arm ein: Justice for GEORGE – eine klare Botschaft, mit der der in den USA geborene McKennie seine Solidarität mit dem in Minneapolis bei einem brutalen Polizeieinsatz gestorbenen George Floyd demonstriert.

Politische Botschaften in der Bundesliga kein Einzelfall 

Die Aktion sorgt für Aufsehen – selbst internationale Medien wie die New York Times und der Guardian berichten darüber. “Meine Plattform nutzen zu können, um auf ein Problem aufmerksam zu machen, das schon lange besteht, fühlt sich gut an!!! Wir müssen für das einstehen, woran wir glauben, und ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir gehört werden”, twitterte der 21-Jährige später am Abend.

 

Das haben vor ihm auch schon andere Bundesligaprofis getan. So sorgte Hertha BSC 2017 für Aufsehen, als das Team vor dem Spiel gegen Schalke aus Solidarität mit US-amerikanischen Profisportlern, die sich aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt bei der Hymne vor den Spielen niederknien, ebenfalls auf die Knie ging. 

Richtig und falsch zugleich

Oder Anthony Ujah, der 2014 unter seinem FC Köln-Trikot ein Shirt mit der Aufschrift “Can’t breathe” trug. Damals wurde Eric Garner auf ähnliche Weise getötet wie nun Floyd. Ähnlich agierte Haris Seferovic, der als Frankfurter Profi der erschlagenen Studentin Tugce gedachte: “Tugçe = Zivilcourage, Engel, Mut, Respekt.” 

Anthony Ujah zeigt 2014 seine Botschaft in die Kameras: Eric Garner #can’ breath #justice

So richtig und wichtig die Solidaritätsbekundung von McKennie auch ist, so falsch war jedoch die Aktion. Denn eines verkennt McKennie: Der Rasen im Fußballstadion ist nicht “seine” Plattform. Dies ist die Plattform des Vereins und der Deutschen Fußballliga und die untersagen politische Mitteilungen innerhalb des Stadions. Die Militärgrüße der türkischen Fußballprofis 2019 zu Ehren der Soldaten wurden von vielen Fans verurteilt und von der DFL untersagt. Aber was ist mit den vielen Grauzonen dazwischen? 

DW-Redakteurin Sarah Wiertz

Langfristiges Engagement statt einmalige schlagzeilenträchtige Aktion

McKennie hat durch seine Bekanntheit als Bundesligaprofi andere Möglichkeiten, die er gut hätte nutzen können, um Aufmerksamkeit zu generieren: Die sozialen Medien, über Organisationen, die sein Anliegen unterstützen, vielleicht sogar mit Hilfe von Sponsoren, die ähnliche Wertvorstellungen haben oder ein Zusammenschluss von nationalen und internationalen Sportlern. So haben es Leon Goretzka und Joshua Kimmich außerhalb des Rasens erfolgreich geschafft, mit ihrer Initiative “WekickCorona” viele Menschen für ihr Anliegen zu gewinnen. 

Sportlicher Zusammenschluss

Jerome Boateng hatte bereits drei Tage zuvor mit einen bewegendem Post auf seine Position gegenüber der willkürlichen Polizeigewalt in den USA aufmerksam gemacht. Vielleicht finden die beiden noch weitere Mitstreiter in der Bundesliga, um sich privat für die Black Lives Matter-Bewegung einzusetzen – ein langfristiges Engagement bekundet viel deutlicher das Einstehen für eine bestimmte Sache als eine einmalige schlagzeilenträchtige Aktion.