Corona-Krise: Opernstars melden sich aus der sozialen Isolation

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Das Kulturleben steht still in Zeiten von Corona, zumindest in der analogen Welt. Aber digital tut sich einiges. Das zeigt sich, wenn man einen Blick auf die Instagram-Accounts bekannter Opernsänger wirft.

Berühmte Opernsänger im “Home-Modus”: Anna Netrebko, Jonas Kaufmann, Anna Prohaska

“Corona, Corona, Corona, jetzt sitzen wir alle daheim! Corona, Corona, Corona – anstatt im Theater zu sein!”, trällert Jonas Kaufmann – einer der renommiertesten Tenöre unser Zeit – zu fröhlichen Play-back-Klängen. “Konzerthaus und Oper: alles ist geschlossen! Ja, da bleibt uns nur zu hoffen – das dauert nicht zu lang…” Instagram-Freund und Schauspieler Heiner Lauterbach kommentiert Kaufmanns Corona-Ständchen postwendend: “Gut, dass Du deinen Humor nicht verlierst!”

So wie Star-Tenor Kaufmann geht es derzeit allen seinen Kolleginnen und Kollegen im Opernbetrieb rund um den Globus: keine Auftritte mehr, keine Proben und keine Studio-Aufnahmen. Auch die Opernstars sind jetzt nur noch in den heimischen vier Wänden unterwegs. Statt von Metropole zu Metropole “jetten” sie jetzt von der Küche ins Wohnzimmer und zurück.

Und was macht man so als arbeits-, aber nicht beschäftigungsloser Opernsänger? Unter anderem den eigenen Instagram-Account bedienen – trotz oder gerade wegen Corona.

Anna Netrebko: Gute Laune trotz Corona

Auf Opernstar Anna Netrebko ist Verlass. Auch in düsteren Zeiten sind ihre Posts ein Quell lebensbejahender Energie. Die Corona-Isolation verbringt die russische Diva in ihrer schönen Wohnung in der Wiener Innenstadt. Zwar bedauert Anna, dass sie nicht, wie eigentlich für März/April 2020 geplant, als Tosca auf der Bühne der Metropolitan Opera brillieren kann. Aber sie weiß sich, ihrem Söhnchen Tjago und Tenor-Ehemann Yusif Eyvazov das Leben in der Krisenzeit schön zu machen.

Pfannkuchen, Hüte, Nostalgie: Corona-Instagram von Anna Netrebko

Die Instagram-Netrebko-Gemeinde, mittlerweile auf über eine halbe Million Abonnenten angewachsen, beobachtet ihre “Annuschka” gespannt bei der Umgestaltung des Wohnzimmers – enthusiastisch rückt die Sängerin, mit einer Pyjama-Hose bekleidet, schwere Möbelstücke durch den Raum. Dann sortiert sie sorgfältig ihre beeindruckende Hüte-Sammlung, und dann wird natürlich mit Enthusiasmus gekocht.

Letzteres ist schließlich eine Leidenschaft der Sängerin. Ob Tacos mit Pulled Beef, Tagliatelle mit Garnelen in Sahne-Soße, Pfannkuchen mit Schmand oder pürierte Himbeeren mit braunem Zucker: Kochen à la Netrebko ist verführerisch lecker, allerdings auch alles andere als Diät. Gerne gibt Anna kleine Kochtipps an ihre Follower, denn, so ihr Kommentar: “Corona bedeutet nicht, dass man aufhört zu essen.” Und dass man aufhört, Spaß daran zu haben.

Heimaturlaub: Kristine Opolais grüßt aus Lettland, Piotr Beczala – aus Polen

Corona-Rückzug: Home sweet Home

Die Corona-Auszeit bedeutet für viele internationale Stars auch eine unerwartete Möglichkeit, mitten in der Saison in ihre Heimat zurückzukehren. So genießt die lettische Sopranistin Kristine Opolais, Ex-Frau des Dirigenten Andris Nelsons, den Frühling in Jūrmala, einem mondänen Kurort südöstlich der Hauptstadt Riga. In einer kleinen Videobotschaft ruft sie alle dazu auf, die stille Zeit zu genießen und sich darauf zu besinnen, was und wer einem tatsächlich etwas bedeutet. Ob Kinder oder Sport: “Endlich ist genug Zeit für alles, oder?”

Dieses Jahr kein Auftritt in Bayreuth: Piotr Beczala als Lohengrin, 2018

Auch der Tenor Piotr Beczala, der 2018 als neuer Lohengrin bei den Bayreuther Festspielen begeisterte, ist zurück in seiner polnischen Heimat und schickt wärmste Grüße aus der Einsamkeit seines Ferienhauses im Riesengebirge. Dort ist vom Frühling offenbar noch nicht viel zu spüren.

“Wir sind plötzlich gezwungen, in diesem ständigen Rennen, das wir Leben nennen, anzuhalten”, schreibt Beczala auf Instagram. “Vielleicht ist dies unsere Chance, unser Leben und unsere Prioritäten zu überdenken und mehr Aufmerksamkeit auf das zu richten, was wir in unserer täglichen Eile vermissen – die Nähe der Lieben, die Schönheit der Natur, der Genuss kleiner Freuden. Zeit ist schließlich das wertvollste Geschenk, das wir haben.”

Soziale Distanz auf der Opernbühne ist schwierig: Jonas Kaufmann und Kristine Opolais (2014 in “Manon Lescaut”)

Singen für den guten Zweck

“Aber ohne aufzutreten: wovon soll man leben? Ja, die Ebbe in der Kasse macht viele Künstler bang”, so geht es in Jonas Kaufmanns Corona-Arioso im Text weiter. Ihm wie den anderen Stars der Opernszene ist durchaus bewusst, dass sie es eigentlich noch sehr gut haben, verglichen mit weniger renommierten Künstler-Kollegen.

So verbindet Kaufmann sein Ständchen mit dem Aufruf an alle Opernfans, Sängerinnen und Sänger in diesen schweren Zeiten zu unterstützen: “Wenn Sie in Zukunft weiterhin ein solch vielfältiges und qualitativ hochwertiges kulturelles Angebot in Deutschland genießen möchten, spenden Sie bitte an www.saengerhilfe.de. Ich kann Ihnen versichern, Ihre Ohren werden dafür dankbar sein!”

Atmen Sie tief ein und langsam aus

Olga Peretyatko: atmet tief ein – und freut sich auf die Zeit, wenn “alles vorbei” ist

Einen positiven Mehrwert versuchen auch die in Berlin lebenden SängerinnenAnna Prohaska und Olga Peretyatko der Situation abzugewinnen. Während Anna Prohaska neue Partien einstudiert und von ihrem Balkon aus für die Passanten auf der Strasse singt, gibt Olga Peretyatko Instagram-Unterricht zu richtigen Atemtechniken, die die Lungen stärken und bei der Stressbewältigung helfen.

Auch Menschen ohne künstlerische Ambitionen können davon profitieren: Tief einatmen, langsam ausatmen, auf sich achten, stumm vor sich singen, positiv denken – diese Techniken helfen sogar gegen Corona-Depression. Einfach mal ausprobieren.