Globale Klimaproteste leiden unter Corona-Pandemie und Ausgangssperren 

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Viele Länder haben im Zuge der Corona-Krise Ausgangssperren verhängt. Umweltaktivisten, die nicht länger auf der Straße protestieren können, versuchen nun digital zu mobilisieren. Doch wie stehen ihre Erfolgsaussichten?

Seitdem die Fridays For Future Klima-Bewegung 2018 ins Leben gerufen wurde, haben Schüler regelmäßig für eine umweltfreundliche Zukunft demonstriert. Doch nun in Zeiten des COVID-19 Virus sind solche Klimaproteste zum Erliegen gekommen. 

“Es ist für uns derzeit undenkbar auf der Straße zu demonstrieren”, sagt Ariadne Papatheodorou, eine 16-jährige Fridays-for-Future-Klimaaktivistin aus Athen. “Wir wissen, dass wir in einer Krise stecken – ebenso wie die europäischen Gesundheitssysteme. Wir wollen nicht, dass Menschen sterben, also bleiben wir zuhause”. 

“Digitale Streiks” als Lösung? 

Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hat ihre Anhänger per Twitter dazu aufgerufen, auf Massenkundgebungen zu verzichten und stattdessen auf digitale Streiks während der Corona Krise zu setzen. Unter dem hashtag #ClimateStrikeOnline, sind Menschen dazu aufgerufen Fotos, Videos und Botschaften zu posten, die Reformen zur Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als 1,5 Grad Celsius bis 2100 thematisieren. 

“Eine globale Pandemie bedeutet nicht, dass die Klimakrise vorbei ist. Wir müssen weiter streiken, um den Druck aufrechtzuerhalten”, so Dylan Hamilton, ein 15-jähriger Fridays-fo-Future-Aktivist aus Schottland. Die Gruppe hat vor kurzem den Twitter-Account “Fridays For Future Digital” aufgesetzt. Dort können Streikende aus aller Welt Fotos hochladen und teilen, die sie mit Protestplakaten zeigen.

Greta Thunberg spricht vor der Coronakrise, die in vielen Ländern der Welt zu Ausgangssperren geführt hat

Bislang schwache Teilnehmerzahlen

Der digitale Protest fällt allerdings bislang sehr mager aus. Am 27. März gab es etwas über 1.000 Teilnehmer, laut Fridays for Future Digital. Einer davon ist der 10-jährige Lance Lau aus Hong Kong. Er demonstriert seit 27 Wochen alleine in dem Garten seines Nachbarn für den Klimaschutz. “Trotz der Hong Kong Proteste und der Unterdrückung durch die Polizei letztes Jahr demonstriere ich hier”, sagt Lance der DW.

Proteste trotz Warnungen 

Aber nicht jeder nimmt die Proteste und Sicherheitsmaßnahmen gegen das neue Coronavirus so ernst wie die jungen Klimaaktivisten. Im Zuge hitziger Debatten in Indien zu einem umstrittenen Staatsbürgerschaftsgesetz hatten sich etwa trotz eindringlicher Warnung zahlreiche Demonstranten zu Protesten in Shaheen Bagh, einem Stadtteil von Delhi, versammelt. Später wurde einer der Demonstranten positiv auf COVID-19 getestet. 

Lance Lau protestiert im Garten seines Nachbarn

Laut Ashiq Rahman von Fridays For Future India hatte man bis zuletzt gehofft, die Klima-Proteste in den Straßen Indiens fortführen zu können, da die Ausgangssperren auf Europa und die USA begrenzt waren. Die Shaheen Bagh Kundgebung und anschließende landesweite Verbreitung des Corona Virus hat dem nun aber einen Riegel vorgeschoben.  

“Corona bekommt mehr Aufmerksamkeit als die Klimakrise. Das ist ein Problem”, so Rahman. “Wir stehen vor einer langfristigen Erderwärmungskrise”. Es sei daher wichtig, dass man auch in Zeiten von Corona die notwendigen Klimamaßnahmen nicht aus den Augen verliere.  

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Greta Thunberg fordert Taten

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Klimakonferenz in Madrid: Greta Thunberg fordert Taten

Fridays For Future plant jetzt wöchentliche Webinars und Diskussionsrunden mit führenden Wissenschaftlern, Journalisten und Aktivisten.

Klimakampf in der Krise 

Die digitalen Proteste werden jedoch “bei weitem nicht dasselbe Maß an öffentlichem Interesse generieren, wie es die Straßenproteste letztes Jahr getan haben”, sagt Dieter Rucht, Soziologieprofessor und Vorstandsmitglied des Instituts für Protest und Bewegungsforschung. Er glaubt, dass es für die Fridays-For-Future Bewegung sehr schwierig werden wird, Menschen zu mobilisieren, da andere Themen derzeit einfach wichtiger seien. 

“Fridays For Future ist nicht tot”, so Rucht. Da die Teilnehmerzahlen aber schon vor der Corona-Krise zurückgegangen sind, werde die Bewegung nun “auf ein Minimum schrumpfen”. Ein Post auf Facebook sei einfach nicht vergleichbar mit dem Protest auf der Straße. 

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Klimaaktivistin vs. Wirtschaft

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Klimaaktivistin sagt Wirtschaft den Kampf an

Eine Hauptforderung der Protestbewegung ist die Reduzierung von Treibhausgasen. Genau dies passiert aber nun ohnehin im Zuge der Corona-Krise und Drosselung der Wirtschaft – daher “löst sich die Argumentationsgrundlage der Bewegung gewissermaßen in Luft auf”. Andreas von Bubnoff, Professor für Wissenschaftskommunikation an der Hochschule Rhein-Waal, glaubt dennoch dass die Pandemie lehrreiche Impulse für die Klimakrise liefern kanProfessor für Wissenschaftskommunikationn.

Corona: Lehren für das Klima?  

“Ein Ergebnis der Pandemie ist vielleicht die Erkenntnis, wie viel besser wir dastehen könnten”, sagt von Bubnoff. Er bezieht sich dabei auf Erfahrungen, die er vor kurzem bei einer Reise in die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh gesammelt hat. “Die Leute dort waren begeistert von der verbesserten Luftqualität und dem geringen Verkehrsaufkommen – beides Folgen der Pandemie. Ich denke solche Erlebnisse zeigen den Menschen, wie schnell wir das Klima verändern können, wenn wir es kollektiv angehen. Das sollte uns Grund zur Hoffnung geben”, so von Bubnoff.  

Ein weiteres Beispiel sei die Analyse tiefsitzender Gewohnheiten, die sich negativ auf den CO2 Ausstoß auswirken. “In Ländern wie Deutschland zwingt uns die Pandemie unter anderem alternative Arbeitsmodelle auf, so arbeiten viele derzeit im Home Office”, so Bubnoff. “Dadurch hinterfragen wir die altmodische aber gleichzeitig in Deutschland weitverbreitete Annahme, dass man zum Arbeiten immer ins Büro kommen muss. Dies ist klimaschädlich, denn es führt zu viel Pendlerverkehr”.

Bald wieder gemeinsam auf der Straße? 

Obwohl die Klimaproteste vorerst in den Hintergrund gerückt sind, glauben Experten an ein Comeback der Fridays-For-Future-Bewegung. Rucht erwartet neue Proteste, sobald die Pandemie vorüber ist. 

Die griechische Klimaaktivistin Ariadne Papatheodorou hofft, dass es nicht zu lange dauern wird, bis man den Protest wieder auf die Straße tragen kann. “Heute rettet die Jugend die Alten, indem sie nicht draußen protestiert”, sagt sie, “Morgen müssen dann die Alten meine Generation retten, indem sie zusammen mit uns auf die Straße gehen”.  


  • Klimastreik rund um die Welt

    New York: Schulstreik für das Klima

    Greta Thunberg bei den Klimademonstrationen in New York – aus Fridays for Future ist eine weltweite Bewegung geworden. Zuvor sind rund um den Globus bereits Millionen Menschen für eine bessere Klimapolitik auf die Straße gegangen. Die schwedische Klima-Aktivistin wird am Wochenende auch unter den rund 700 Teilnehmern des UN-Jugendklimagipfels sein.


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    Neukaledonien: Pazifische Solidarität

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    In Australien sind zehntausende Menschen für einen besseren Klimaschutz auf die Straße gegangen, so wie dieses Mädchen auf der College Street im australischen Sydney.


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    Nicht auf japanisch ist dieses Plakat beim Klimastreik in Tokio, sondern auf Englisch. So wird die Forderung weltweit verstanden.


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    Ein Aktivist in Quezon, einem Vorort der philippinischen Hauptstadt Manila. Auf den Philippinen sind laut Hilfsorganisationen die Auswirkungen des Klimawandels schon heute spürbar. Küstenregionen werden häufiger überflutet, Taifune werden stärker.


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  • Klimastreik rund um die Welt

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  • Klimastreik rund um die Welt

    Südafrika: “Kohle tötet”

    Im südafrikanischen Johannesburg gingen mehrere hundert, vor allem junge Menschen auf die Straßen. Auf ihren Plakaten zu lesen waren Aufschriften wie “Keine Zukunft auf einem toten Planeten”, “Unite, don’t ignite” (Eint, aber zündelt nicht) oder “Coal kills” (Kohle tötet). Der Kohleproduzent Südafrika setzt vorwiegend auf Kohlestrom.


  • Klimastreik rund um die Welt

    Türkei: Bunte Bilder

    In der türkischen Hauptstadt Ankara protestierten Tausende gegen Klimaerwärmung – nicht nur Studentinnen und Studenten, sondern auch die Kleinen.


  • Klimastreik rund um die Welt

    Zypern: Klima kennt keine Grenzen

    Studenten und ihre Familien demonstrierten in Nikosia, der Hauptstadt der Republik Zypern. Ob die Angst vor dem Klimawandel sie mit den Menschen der Türkischen Republik Nordzypern verbindet, jenseits der Demarkationslinie der Mittelmeerinsel?


  • Klimastreik rund um die Welt

    Polen: Der Winter kommt – nicht

    In Gdynia an der polnischen Ostseeküste spielte diese Demonstrantin auf das dräuende “Winter is Coming” im Fantasy-Epos “Game of Thrones” an und warnte, die Winter könnten in Zukunft ausbleiben. Polen erzeugt etwa 80 Prozent seiner Energie mit Kohle und hat damit den mit Abstand höchsten Kohleanteil aller 28 EU-Länder.


  • Klimastreik rund um die Welt

    München: Das Eis schmilzt

    Rund 250.000 Menschen beteiligten sich in der bayerischen Landeshauptstadt München am Klimaprotest. Darunter Aktivisten von “Ice on the rope” , die sich auf Eisklumpen unter einen Galgen stellten – mit einer Schlinge um den Hals.


  • Klimastreik rund um die Welt

    Bonn: “Macht die Erde wieder kühl”

    Auch auf dem Bonner Platz der Vereinten Nationen, nahe dem Hauptsitz der Deutschen Welle, folgten Mitarbeiter der DW und der benachbarten UN sowie von Deutsche Post DHL dem Streikaufruf der Fridays for Future.


  • Klimastreik rund um die Welt

    Paris: “Je suis Climat”

    Klimastreik auch in Paris: Laut Medienberichten zogen rund 9.400 junge Demonstranten durch die Straßen. Hier im Bild wurde die Solidaritäts-Bekundung “Je suis Charlie” auf das Weltklima gemünzt. Im Klimaabkommen von Paris, hatte sich 2015 die internationale Staatengemeinschaft verständigt, den Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zu 1850 zu begrenzen.

    Autorin/Autor: Sven Töniges