Terroranschlag von Hanau: Kann man danach Karneval feiern?

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Schweigeminuten, neue Mottowagen und erhöhte Sicherheit – so reagieren deutsche Karnevals- und Faschingshochburgen auf den rechtsextremistischen Anschlag. In vielen Städten wird jedoch unbeschwert gefeiert.

Unbeschwert Karneval feiern? Das ist für die meisten Hanauer nach dem rechtsextremistisch motivierten Mord an neun Menschen  unvorstellbar. So sagte der Hanauer Carnevalszug Verein den für Samstag geplanten Umzug bereits ab. Im rund 25 Kilometer entfernten Frankfurt am Main hingegen sollen die Feierlichkeiten wie vorgesehen stattfinden, ebenso wie in allen weiteren Städten Deutschlands. Lediglich in München hatte die Stadt die Feier zum sogenannten Unsinnigen Donnerstag am Viktualienmarkt abgesagt.

Karneval oder auch Fasching wird je nach Brauch, Tradition und Region in jedem Bundesland unterschiedlich – und auch unterschiedlich ausgiebig – gefeiert. Dabei dauert die “fünfte Jahreszeit” meist vom Schmotzigen Donnerstag oder Weiberfastnacht über den Rosenmontag bis hin zum Faschingsdienstag. Am Aschermittwoch kehrt mit einer 40-tägigen Fastenzeit bis zum Osterfest wieder Ruhe ein.

Jecken gedenken mit Schweigeminute

Höhepunkt sind die bunten Karnevalsumzüge, die insbesondere in den Hochburgen wie Mainz, Köln und Düsseldorf weitgehend das öffentliche Leben lahmlegen. Darauf bereiten sich Karnevalisten monatelang vor – und halten daran unbeirrt fest. Frei nach dem Motto “Jetzt erst recht!” wollen sich viele Jecken die “fünfte Jahreszeit” trotz Terroranschlag nicht nehmen lassen. “Sicher haben wir ein Lächeln heute auf dem Gesicht. Aber im Herzen sind wir wirklich bei den Menschen von Hanau, auch bei den Hinterbliebenen, an die wir ganz, ganz sicher denken”, sagte der Kölner Karnevalsprinz Christian II. So wurde hier am Donnerstag vor dem Start in die Feierlichkeiten eine Schweigeminute eingelegt (Artikelbild).

Höhepunkt des Kölner Karnevals: Mehr als eine Millionen Menschen sind beim Rosenmontagsumzug dabei, die Geschäfte bleiben geschlossen

“Es sind immer schwierige Momente, wenn wir unsere Weltoffenheit, unsere Toleranz und unsere Lebensfreude an Tagen erleben, die überschattet sind, wie jetzt durch diese scheußlichen Vorfälle in Hanau. Aber das gehört zum Karneval dazu, dass er auch in schwierigen Zeiten Lebensfreude ausstrahlt”, sagte Henriette Reker dem Westdeutschen Rundfunk. Die Kölner Oberbürgermeisterin  war 2015 selbst von einem fremdenfeindlichen Attentäter lebensgefährlich verletzt worden.

Die Deutsche Welle sagte aus Respekt vor den Opfern den für Freitag geplanten Karnevalsempfang im Bonner Funkhaus ab. “Das war ein Anschlag auf die Werte, für die wir alle bei der DW jeden Tag einstehen”, so Intendant Peter Limbourg.

Mottowagen zu Terroranschlag geplant

Beim Rosenmontagsumzug wird in Köln und Düsseldorf zudem mit einem umgestalteten und an Hanau angepassten Mottowagen auf den Terroranschlag Bezug genommen werden. Der Düsseldorfer Bildhauer Jacques Tilly sagt: “Es wird kein Wagen, über den man lachen kann, aber es wird ein Statement der Narren sein.” Tilly hat bereits in den vergangenen Jahren Mottowagen gebaut, die auf Terroranschläge Bezug nehmen. Etwa 2015 als in Paris die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo von islamisch motivierten Männern angegriffen worden war.

“Satire kann man nicht töten!” stand auf dem von Jacques Tilly gestalteten Wagen beim Düsseldorfer Rosenmontagszug 2015

In der Hochburg Mainz soll es hingegen weder Schweigeminuten geben, noch fallen Feierlichkeiten aus.

Dennoch: Bei vielen Nutzern in den sozialen Medien sorgen die ausgelassen fröhlichen Jecken für Unmut und Unverständnis.

Es finden sich aber auch Verweise auf den politischen Karneval, schließlich geht es nicht nur um verrückte Verkleidungen. Viele Mottowagen und Büttenreden kommentieren bissig das politische Geschehen. Dieser Nutzer hier zitiert anlässlich des Terroranschlages die Kölner Band Bläck Fööss (Kölsch für Nackte Füße):

Erhöhte Sicherheit

Im Hinblick auf die geplanten Großveranstaltungen wird derzeit deutschlandweit in allen Karnevals- und Faschingsstädten Rücksprache mit den Sicherheitsbehörden gehalten. Innenminister Horst Seehofer, CSU, kündigte zudem an, die Polizeipräsenz bei “sensiblen Einrichtungen” zu erhöhen. Seehofer reagiere damit auf die Gefahr, dass es zu Nachahmungstaten sowie Vorfällen aus Wut über den Anschlag von Hanau kommen könne.

Erhöhte Sicherheit nach Terroranschlag