Deutsches Startup entert US-Markt

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Das Internet ist für Unternehmen das Schaufenster in digitalen Zeiten. Dort präsentieren sie ihre Leistungen und Produkte. Doch wie kann man sehen, wer sich das anschaut? Ein Startup aus Bochum kann genau das.

Die Anfrage nach einem gedruckten Katalog mit einer Produktübersicht sowie einer Preistabelle signalisierte Unternehmen in analogen Zeiten das Interesse potenzieller Kunden, mit denen man ins Geschäft kommen konnte. Schließlich enthielten diese Anfrage leicht entschlüsselbare Angaben wie den Sitz des Unternehmens, das den Katalog angefordert hatte. Und in der Regel auch einen persönlichen Ansprechpartner für den Vertrieb.

Preisgekröntes Startup

In digitalen Zeiten präsentieren Hersteller ihre Produkte auf ihren Webseiten im Internet. Wer im Business-to-Business-Bereich (B2B) diese Webseiten aufsucht, signalisiert natürlich auch ein geschäftliches Interesse, bleibt aber auf den ersten Blick unerkannt, so dass es keinen Anhaltspunkt für eine direkte Kontaktaufnahme gibt. Eine Kommunikationslücke, die das Startup Salesviewer aus dem Ruhrgebiet entdeckt und dafür ein Tool entwickelt hat, mit dem sich diese Lücke schließen lässt. Zugeschnitten auf den B2B-Bereich von Unternehmen und Institutionen. Mit dieser Kombination aus Digitalmarketing und Vertrieb konnte Salesviewer über Europa hinaus auch auf dem US-amerikanischen Markt Fuß fassen. Als Anerkennung zeichnete die Deutsch-Amerikanische Handelskammer (AmCham) das deutsche Startup 2019 mit dem Preis “Newcomer of the Year” aus.

Salesviewer-Gründer und Geschäftsführer Benjamin Zaczek

Mit dem Tool, sagt Salesviewer-Gründer und Geschäftsführer Benjamin Zaczek, werten die Nutzer nichts anderes als das Medium aus, das sie ohnehin besitzen und betreiben. Und zwar ihre eigene Webseite. Um zu erkennen, welche anderen Unternehmen diese Seite anonym aufgesucht haben, setzt Salesviewer dabei sogenannte Tracking Codes ein. Tracking Codes, wie etwa das von Google Analytics, verwenden im Netz fast alle Unternehmen, die eine Webseite eingerichtet haben. Versierte Firmen, so Benjamin Zaczek, benötigen für die Installation des Tracking Codes auf der Webseite nur wenige Minuten. Mit dem Einbau erfolgt zugleich die Freigabe des Webseitenbetreibers für die Analyse der Daten. “Und dann,” erläutert der Salesviewer-Gründer, “müssen Sie sich nur noch in unseren Log-In-Bereich einloggen mit Ihrer Mailadresse und Ihrem Passwort. Dann sehen Sie ab sofort die entschlüsselten Unternehmen, die Ihre Seite besucht haben.”

Ritterschlag von Google

Aus den aufgefundenen Spuren lässt sich zudem herauslesen, welches spezielle Produkt sich die Besucher wie lange angesehen haben und ob sie einen Blick in die Preisliste geworfen haben. “Wir können immer nur das Unternehmen und die Branche liefern”, betont Benjamin Zaczek. Personenbezogene Daten des Besuchers erfasst das Tool nicht. Um Kontakt mit dem potenziellen Kunden aufzunehmen, dazu bedarf es der Initiative und der Kompetenz der Vertriebsmitarbeiter. Was die genaue Funktionsweise des Tools betrifft, lässt sich der 34jährige Geschäftsführer angesichts der Konkurrenz nur ungern in die Karten schauen. Doch Salesviewer liefere den Kunden, reichlich Daten, versichert Zaczek. “Wir verwenden Algorithmen, die wir selbst entwickelt haben zur Datenanalyse. Sprich es gibt nicht nur immer eine Ja-Nein-Antwort, sondern unsere Daten und Algorithmen analysieren Milliarden von Datenpunkten pro Woche.”

Mit der Verbindung der klassischen mit der digitalen Welt konnte sich Salesviewer auf dem Markt profilieren. Nach Überzeugung von Benjamin Zaczek machen immer noch Menschen Geschäfte mit Menschen, nicht mit Computern. Insofern sei das Tool eine konstruktive Ergänzung. “Den Verkauf müssen Sie aber  immer noch als Mensch machen. Ich denke, das wird zu Zeiten von Robotertechnik im Vertrieb immer noch so bleiben.” 2011 wurde der erste Prototyp fertiggestellt und nach einer Testphase 2012 auf den Markt gebracht. Mit seither bemerkenswertem Erfolg. Und das, so Benjamin Zaczek, nicht nur mit Blick auf das Wachstum. “Wir werden beispielsweise als Google recommended Company in den offiziellen Schulungsunterlagen bei Google und von Google gelistet. Das ist für unsere Branche ein absoluter Ritterschlag.”

Vivian Seidel, Mitgründer von Salesviewer und Projektmanager

Konkurrenz für die Big Player in den USA

Zu den deutschen und internationalen Kunden gehören u.a. die Unternehmen Statista, Stepstone, Linde, Flaschenpost, die Deutsche Messe AG und Cyberport. Aber auch regionale Unternehmungen wie die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft der Stadt Bochum nutzen das Tool. Inzwischen erzielt das kreative Team aus Bochum einen Jahresumsatz im Millionenbereich. Nachdem das deutsche Startup-Unternehmen in Europa und auch auf dem amerikanischen Markt Fuß gefasst hat, zeigt die Wachstumskurve weiter kontinuierlich nach oben.  Nicht ohne Stolz bilanziert Benjamin Zaczek: “Wir sind in den letzten drei Jahren um 500 Prozent gewachsen. Wie viel wir uns zumuten, kann man tatsächlich gar nicht genau sagen.”

In der Bundesrepublik kämen nach Branchenanalysen etwa 55.000 und in Europa rund 350.000 Unternehmen als potenzielle Kunden in Betracht, die das Tool nutzen könnten. Außerdem bietet auch der amerikanische Markt zusätzliche Absatz-Perspektiven. Zahlen, sagt Bejamin Zaczek, von denen man derzeit noch träume, fügt aber zugleich an: “Das ist grundsätzlich alles möglich, weil das alles B2B fokussierte Unternehmen sind.” Immerhin haben sich bereits hunderte US-Unternehmen für das Tool aus Bochum entschieden. Trotz der Konkurrenz von Big Playern aus den USA wie Hubspot oder Salesforce.