Deportiert nach Auschwitz: Sheindi Ehrenwalds Tagebuch

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Sheindi Miller-Ehrenwald war 14, als sie nach Auschwitz deportiert wurde. Was sie erlebte, schrieb sie in ihr Tagebuch. Das ist jetzt im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen. Ein Dokument des Grauens.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Deportation nach Auschwitz Birkenau

    Mit der Besetzung Ungarns im März 1944 wurde die jüdische Bevölkerung, zunächst die der ländlichen Gebiete, entrechtet, verfolgt, deportiert und schließlich ermordet.
    Sheindi Ehrenwald war 14 Jahre alt, als sie ihr Tagebuch begann. Noch im KZ Auschwitz-Birkenau schrieb sie unter Lebensgefahr weiter. Fast ihre ihre komplette Familie wurde von den Nazis ermordet.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Bild aus besseren Tagen

    Blick in das Anwesen der Familie Ehrenwald. Die Kaufleute gehörten zur großen jüdischen Gemeinde in der damals noch ungarischen Kleinstadt Galánta nahe der österreichischen Grenze. Im Vordergrund steht Sheindis Vater Lipot Ehrenwald, der in Auschwitz umkam. Die Aufnahme, ein Bild aus glücklichen Tagen, entstand um 1935.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Zwangsarbeit in einer deutschen Waffenfabrik

    Bei der Ankunft in Auschwitz-Birkenau wurden die jüdischen Ankömmlinge selektiert: Wer nicht gleich in den Tod geschickt wurde, musste Zwangsarbeit leisten – wie die 14-jährige Sheindi, die man in einen deutschen Rüstungsbetrieb in Niederschlesien verschleppte.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Notizen auf Karteikarten

    Sheindi übertrug ihre handschriftlichen Aufzeichnungen heimlich uf weggeworfene Karteikarten der Rüstungsfirma. Sie konnte sie in die Zeit nach ihrer Befreiung retten. 14 Monate dauerte ihr Martyrium. Heute ist ihr Tagebuch ein seltenes Zeitzeugnis.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    “Bestrafung beim Appell”

    “Bestrafung beim Appell” heißt das Aquarell von Zofia Rozensztrauch (später: Naomi Judkowski), entstanden im Jahr 1945. Es zeigt die Brutalität deutscher Wachleute im Konzentrationslager. Auch dieses Bild ist in der Ausstellung des Deutschen Historischen Museums zu sehen – aus Anlass der Befreiung von Ausschwitz vor 75 Jahren.

    Autorin/Autor: Stefan Dege


  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Deportation nach Auschwitz Birkenau

    Mit der Besetzung Ungarns im März 1944 wurde die jüdische Bevölkerung, zunächst die der ländlichen Gebiete, entrechtet, verfolgt, deportiert und schließlich ermordet.
    Sheindi Ehrenwald war 14 Jahre alt, als sie ihr Tagebuch begann. Noch im KZ Auschwitz-Birkenau schrieb sie unter Lebensgefahr weiter. Fast ihre ihre komplette Familie wurde von den Nazis ermordet.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Bild aus besseren Tagen

    Blick in das Anwesen der Familie Ehrenwald. Die Kaufleute gehörten zur großen jüdischen Gemeinde in der damals noch ungarischen Kleinstadt Galánta nahe der österreichischen Grenze. Im Vordergrund steht Sheindis Vater Lipot Ehrenwald, der in Auschwitz umkam. Die Aufnahme, ein Bild aus glücklichen Tagen, entstand um 1935.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Zwangsarbeit in einer deutschen Waffenfabrik

    Bei der Ankunft in Auschwitz-Birkenau wurden die jüdischen Ankömmlinge selektiert: Wer nicht gleich in den Tod geschickt wurde, musste Zwangsarbeit leisten – wie die 14-jährige Sheindi, die man in einen deutschen Rüstungsbetrieb in Niederschlesien verschleppte.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    Notizen auf Karteikarten

    Sheindi übertrug ihre handschriftlichen Aufzeichnungen heimlich uf weggeworfene Karteikarten der Rüstungsfirma. Sie konnte sie in die Zeit nach ihrer Befreiung retten. 14 Monate dauerte ihr Martyrium. Heute ist ihr Tagebuch ein seltenes Zeitzeugnis.

  • Das Tagebuch einer Auschwitz-Überlebenden

    “Bestrafung beim Appell”

    “Bestrafung beim Appell” heißt das Aquarell von Zofia Rozensztrauch (später: Naomi Judkowski), entstanden im Jahr 1945. Es zeigt die Brutalität deutscher Wachleute im Konzentrationslager. Auch dieses Bild ist in der Ausstellung des Deutschen Historischen Museums zu sehen – aus Anlass der Befreiung von Ausschwitz vor 75 Jahren.

    Autorin/Autor: Stefan Dege


Heute  lebt Sheindi Miller-Ehrenwald in Israel. Das war nicht immer so. Im Frühjahr 1944 wird die damals 14-Jährige von den Nazis in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt und muss Zwangsarbeit leisten. Ihre Familie wird ermordet. Unter Lebensgefahr schreibt das Mädchen seine Erlebnisse auf. “Ich bin erst heute in der Lage, der Welt meine Geschichte zu erzählen”, sagt die heute 90-Jährige. “Bald werde ich sterben und ich will nicht, dass man die Menschen vergisst, die ermordet worden sind.” 75 Jahre nach ihrer Befreiung aus Auschwitz-Birkenau ist Sheindi Miller-Ehrenwald eine der letzten Zeitzeuginnen des Holocaust.

“Ein Stück meines Herzens wurde gebrochen”

Auf 54 Seiten hat sie das Grauen dokumentiert: Ihr Martyrium, das ihrer Familie und Hunderttausender anderer Juden beginnt am 19. März 1944 mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Ungarn. Bei der “Operation Margaraethe” besetzen deutsche Truppen auch die – heute zur Slowakei gehörende – Kleinstadt Galánta, in der die Ehrenwalds leben. Die Folge: Ausgrenzung, Entrechtung und Ghettoisierung der Juden. Sheindi schreibt auf, was sie denkt und fühlt. Am Tag ihrer Deportation im Juni 1944 etwa notiert sie: “Wir packen. Jeder hat etwas in der Hand. Beeilung, Beeilung. Es muss alles raus aus der Wohnung.…Die Tür knallt laut zu. Ich höre die Schlüssel im Schloss….Ein Stück meines Herzens wurde gebrochen.”

Sheindi Miller-Ehrenwald im Jahr 1947

Das 4000 Einwohner zählende Galánta nahe der österreichischen Grenze hat mit 1200 Mitgliedern eine große jüdische Gemeinde, zu der auch Sheindis Familie zählt. Die Kleinstadt gehört bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 zu Österreich-Ungarn, ab 1920 zur Tschechoslowakei und ab 1938 wieder zu Ungarn. In der Familie Ehrenwald spricht man Ungarisch, Deutsch und Slowakisch.Vater Leopold Ehrenwald (54) betreibt einen Weinhandel, Mutter Cecilia (50) hilft im Geschäft. Sheindi ist das zweitjüngste Kind. Mit ihr leben die Schwestern Jitti (20) und Dori (12) und die Brüder Rüvi (25) und Beri (17) im Elternhaus. Zwei ältere Brüder kämpfen an der Ostfront.

Schreiben unter Lebensgefahr 

In den Güterwaggon eines “Sonderzuges” gepfercht, wird die Familie nach Auschwitz-Birkenau gebracht. Bei der Selektion durch die Nazis werden Sheindis Großeltern, Eltern und Geschwister in den Tod geschickt. Sie selbst soll Zwangsarbeit in einer Waffenfabrik in Niederschlesien leisten. Die Blätter ihres Tagebuches – nur noch zerknüllte Papierklumpen – nimmt sie mit sich.

Reise in den Tod: In Ausschwitz-Birkenau wurde Sheindi Miller-Ehrenwalds Familie von den Nazis umgebracht.

In dem Rüstungsbetrieb Karl Diehl in Peterswaldau bei Breslau sammelt sie weggeworfene Karteikarten und überträgt darauf ihre Tagebuch-Einträge. Es gelingt ihr unter Lebensgefahr, die Aufzeichnungen bis zu ihrer Befreiung im Mai 1945 zu verstecken. Sheindi, ihre Schwester Jitti und ihr Bruder Yezeziel sind die einzigen Überlebenden der Familie Sheindi. 

Persönliches Zeugnis im Museum

In Kooperation mit der Verlagsgruppe “AXEL SPRINGER SE” zeigt das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin jetzt erstmals das sehr persönliche Zeugnis von Verfolgung, Deportation und Vernichtung der ungarischen Juden. Der Springer-Verlag hat einen Dokumentarfilm (“Sheindis diary”/Sheindis Tagebuch) gedreht. Die DHM-Ausstellung “Deportiert nach Auschwitz – Sheindi Ehrenwalds Aufzeichnungen” ist ab dem 23. Januar 2020 zu sehen – als Teil der musealen Dauerausstellung. Anlass ist der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945.

sd/suc  (Deutsches Historisches Museum/BILD-Zeitung)