Glyphosat: Bayer kann wieder hoffen

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Bekommt der Leverkusener Agrarchemie- und Pharmariese nun endlich die Kuh vom Eis? Die Zahl der Glyphosat-Klagen geht längst in die Zehntausende – nun wächst die Hoffnung auf einen Vergleich.

Der Silberstreif am Horizont wird an der Börse schon wie ein Sonnenaufgang gefeiert. Die Bayer-Aktien gehörten während des Handelsstarts zu den Favoriten im deutschen Leitindex DAX. Dabei hatte der Mediator Ken Feinberg lediglich gesagt, er sei “verhalten optimistisch”, noch bis Ende Februar zu einer Einigung zwischen Bayer und den Klägern gelangen zu können. Zu den Bedingungen eines möglichen Vergleichs wollte sich der US-Staranwalt, der im Juni als Verhandlungsführer verpflichtet wurde, allerdings nicht äußern.

Geht für Bayer bald wieder die Sonne auf?

Feinberg sagte zudem, die Zahl der Klagen habe sich in den vergangenen Monaten in etwa verdoppelt auf inzwischen 75.000 bis 85.000, “vielleicht auch mehr”. Bayer wies dies aber zurück und erklärte, die Zahl der tatsächlichen Klagen liege deutlich unter 50.000. Der bei “Bloomberg” genannte Umfang sei eine “spekulative Schätzung”. Ende Oktober hatte Bayer von 42.700 Klagen gesprochen, mit denen sich das Unternehmen konfrontiert sehe. Schon das war bereits mehr als eine Verdopplung gegenüber Juli.

Ein Vergleich wird schon lange erwartet

Bayer hatte sich 2018 mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto immense Rechtsrisiken ins Haus geholt. Die ersten drei US-Prozesse wegen angeblich krebserregender Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto hatte Bayer verloren und hohe Schadenersatz-Urteile kassiert. Der Konzern hat die Schuldsprüche jedoch angefochten und erhielt in einem Berufungsverfahren zuletzt Unterstützung von der US-Regierung, deren Umweltbehörde EPA das umstrittene Pflanzengift Glyphosat nicht als krebserregend einstuft.

Dieser Mann lässt Bayer hoffen: Staranwalt Kenneth Feinberg

Die meisten Analysten erwarten, dass sich das Unternehmen über kurz oder lang auf einen milliardenschweren Vergleich mit den zahlreichen Klägern in den USA einigt. Darauf dringen auch die zuständigen Gerichte. Nach dem letzten Prozess im Mai waren alle weiteren geplanten Gerichtsverhandlungen im vergangenen Jahr verschoben worden. Trotz der laut Mediator Feinberg offenbar voranschreitenden Gespräche über einen Vergleich stehen noch vereinzelt Prozesse auf der Agenda. Laut Bloomberg soll bereits an diesem Freitag einer in Kalifornien und ein weiterer in St. Louis beginnen.

Der Kurssturz wirkt noch lange nach

Die Hoffnung auf einen baldigen Vergleich sowie die indirekte Unterstützung der US-Regierung hatten dem wegen der Glyphosat-Klage arg gebeutelten Aktienkurs zuletzt Auftrieb verliehen. Seit dem Mehrjahrestief von 52,02 Euro im Juni 2019, was einer Halbierung des Börsenwertes gleichkam, haben sich die Papiere mittlerweile um knapp 46 Prozent erholt. Allerdings kosten sie immer noch fast ein Fünftel weniger als vor der ersten Glyphosat-Prozessniederlage im August 2018. Im Falle einer Einigung sehen zahlreiche Analysten – je nach Höhe der Entschädigungssumme an die Kläger – noch deutlich Luft für den Aktienkurs. So schätzt Alistair Campbell vom Investmenthaus Liberum, dass eine Belastung von rund 25 Milliarden Euro im Aktienkurs berücksichtigt sei, was mehr sein dürfte als Bayer am Ende wohl zahlen wolle und vielleicht werde. Entsprechend könnte der Kurs nach einer Einigung in Richtung 80 bis 90 Euro steigen.

rb/ust (ap, dpa)

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