Depression: Lichttherapie hilft gegen Winterblues

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In der dunklen Jahreszeit schlafen wir länger, werden schlechter wach, haben weniger Energie. Uns fehlen Tageslicht und Sonne. Künstliche Beleuchtung kann nicht helfen, eine Lichttherapie schon eher.

Schon die alten Griechen wussten wie wichtig Licht für unsere Gesundheit ist. Sie setzten es bei der Heilung und Therapie verschiedener Erkrankungen ein. Vor rund 2000 Jahren empfahl der griechische Arzt Aretaios: “Lethargiker sollen in das Licht gelegt und den Strahlen exponiert werden.” Licht wirkt positiv auf unseren Körper, beeinflusst unsere Stimmung und unser Wohlbefinden. Nicht viel anders funktioniert auch die Lichttherapie. Gerade im Winter, wenn Licht und Stimmung eher trüb sind, leiden viele Menschen unter einer sogenannten saisonal-affektiven Störung oder SAD (Seasonal Affective Disorder), bekannt auch als Winterdepression. Viele Menschen leiden darunter aber eben nur in der dunklen Jahreszeit. Im Frühjahr und mit den ersten Sonnenstrahlen verschwindet sie dann meist von selbst.

In der dunklen Jahreszeit kommt der Winterblues

Anders als bei einer typischen Depression sind die Betroffenen häufig müde, obwohl sie mehr schlafen. Manch einer, der eine Winterdepression hat, greift intuitiv beispielsweise zu Schokolade. Die enthält große Mengen der Aminosäure Tryptophan. Das wird im Gehirn zu Serotonin umgewandelt, das Glückshormon, das uns in gute Stimmung versetzt. Auch Sonneneinstrahlung und natürliches Licht steuern die Bildung von Serotonin. 

Licht macht glücklich

Wenn die Tage kürzer sind und die Nächte länger, geht bei vielen von uns die Stimmungskurve nach unten, einige werden lethargisch, können sich kaum noch zu etwas aufraffen. Oft leidet auch die Konzentration unter dem Winterblues. 

Der Rhythmus unseres Körpers verändert sich in der dunklen Jahreszeit. “Die Lichttherapie hilft, den inneren Rhythmus zwischen Tag und Nacht wiederherzustellen und ihn mit der äußeren Zeit zu synchronisieren”, erklärt Henrik Oster vom Institut für Neurobiologie an der Universität Lübeck.

Im Winter, wenn wir relativ wenig draußen sind und viel Kunstlicht haben, stört das unsere innere Rhythmik. “Dann funktioniert die Synchronisierung nicht mehr vernünftig. Das versuchen wir über dieses künstliche Lichtsignal in der Lichttherapie wieder zu korrigieren.”

Licht ins Dunkel bringen

Der Einfluss von Licht ist erwiesenermaßen eine gute Therapie. Damit ist aber nicht künstliches Licht gemeint, so wie wir es im Büro oder zuhause haben, sondern natürliches Licht. Das gibt es draußen, im Freien oder als Ersatz von einer speziellen Tageslichtlampe.

Etwa 30 Minuten täglich sollte eine Sitzung dauern. Am besten ist es, sich morgens, direkt nach dem Aufwachen, vor diese Lichtquelle zu setzen, die eine Lichtintensität von bis zu 10.000 Lux liefert. Das entspricht ungefähr dem hundertfachen der Werte, die wir bei der üblichen Beleuchtung im Haus haben. Die Lichtintensität, die unser Körper erfährt, wenn wir uns an einem sonnigen Tag draußen aufhalten, ist allerdings noch wesentlich höher. Aber sich in den dunklen Wintermonaten 10.000 Lux auszusetzen, hilft den meisten schon dabei, besser durch die dunkle Jahreszeit zu kommen.

Im Frühjahr verschwindet der Winterblues meist von selbst.

Tag und Nacht

Die sogenannte cirkardiane Uhr sorgt für unseren natürlichen Rhythmus. Dafür spielen zwei Hormone eine wichtige Rolle: Cortisol, das vor allem am Morgen ausgeschüttet wird, ist ein wichtiger Faktor, um uns zu aktivieren und in den Tag zu bringen. Das zweite Hormon ist das Melatonin, das in der Dunkelphase ausgeschüttet wird und so für unseren Schlaf sorgt. “Das Melatonin ist sehr lichtempfindlich. Wenn wir nachts aufstehen und das Licht anmachen, dann wird unser Melatoninspiegel innerhalb weniger Sekunden bis Minuten sehr stark herabgesenkt. Wenn wir jetzt die Lichttherapie geben, dann können wir diese beiden Hormone direkt, aber auch indirekt beeinflussen”, sagt Oster.

Setzen wir uns also nach dem Aufwachen vor die spezielle Lichtlampe, unterstützen wir damit die Cortisolproduktion, und es fällt uns leichter, in die Wach- und Aktivitätsphase überzugehen. “Umgekehrt ist es dann aber auch wieder wichtig, dass wir in der Nacht möglichst kein Licht bekommen, weil wir da das Melatonin stören würden”, gibt Oster zu Bedenken. 

Mit Licht gegen Schlafstörungen

Gerade ältere Menschen leiden oft unter Schlafstörungen, denn der normale Wach-Schlafrhythmus flacht mit dem Alter ab. “Der Schlaf fragmentiert sagen wir. Man wird öfter nachts wach”, erklärt Oster. “Das kann tatsächlich dazu führen, dass die Menschen oder die Senioren nicht genug Schlaf bekommen. Das wiederum bedeutet, dass sie tagsüber sehr schläfrig sind.” Mediziner haben Tageslichtlampen in Seniorenheimen eingesetzt, um den Licht-Dunkel-Zyklus zu stabilisieren und damit auch den Schlaf-Wach-Rhythmus – mit positivem Ergebnis. 

Die Lichtintensität beträgt bis zu 10.000 Lux.

Bei Licht besehen

Unser Körper kann sich durchaus an die Lichtverhältnis im Winter anpassen. Aber mittlerweile setzen wir uns immer weniger und immer seltener dem natürlichen Licht aus. Wir sitzen stattdessen in Räumen mit künstlichem Licht. “Unsere innere Uhr hat sich evolutionär nicht darauf vorbereiten können, dass wir in den Wintermonaten relativ wenig natürliches Licht haben, weil wir wenig draußen sind”, erklärt Oster. “Wenn wir nicht gerade vor so einer Tageslichtlampe sitzen, leiden wir im Winter quasi dauerhaft unter Lichtmangel.” Das kann dann von schlechter Stimmung bis hin zu Depressionen führen.

Nicht für jeden geeignet

Menschen mit bestimmten Erkrankungen sollten keine Lichttherapie machen. Dazu gehören etwa Diabetiker, denn der Diabetes kann die Netzhaut schädigen. Eine zusätzliche Lichtquelle kann diese Probleme dann noch verschlimmern. Ein Arztbesuch vor einer Lichttherapie ist auch für Menschen ratsam, die unter grünem Star leiden. Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass Lichttherapie bei Menschen mit psychischen Erkrankungen mehr Schaden als Nutzen haben kann. Zu einer Manie oder Hypomanie kann es beispielsweise bei Menschen mit einer bipolaren Störung kommen. Einige Medikamente wie Antibiotika können sich negativ auf den Körper auswirken. Allgemein aber ist die Lichttherapie gut verträglich und eine gute Alternative zu Antidepressiva.

Eine Lichttherapie kann im Winter wahre Wunder bewirken.

Aber eine wichtige Regel lautet: Nicht direkt auf das Licht schauen, die Lampe besser etwas abseits stellen. Vertane Zeit sind die 30 Minuten nicht. Sie laufen quasi nebenher. Schließlich ist es möglich, die morgendliche Zeitung oder ein Buch zu lesen oder einfach nur in aller Gemütsruhe zu frühstücken.


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    Autorin/Autor: Gudrun Heise