Hochspannung vor WADA-Entscheidung zu Russland

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Das Exekutivkomittee der Welt-Anti-Doping-Agentur entscheidet an diesem Montag über eine Vier-Jahres-Sperre gegen Russland. Das dortige Labor hatte in großem Stil Daten manipuliert. Die Atmosphäre ist extrem aufgeheizt.

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Vier Jahre Sperre für Russland?

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Vier Jahre Sperre für Russland?

Nun also doch Lausanne. Für ihre in mehrfacher Hinsicht denkwürdige Sitzung wollten sich die zwölf Verantwortlichen der Welt-Anti-Doping Agentur (WADA) eigentlich in Paris treffen. Doch dort ist ein Generalstreik angekündigt, dem man aus dem Weg gehen möchte. Nicht noch mehr Störpotential, heißt die Devise. Ohnehin ist der Druck von allen Seiten groß, die Atmosphäre aufgeladen. Es sei ein “Kampf ohne Regeln, vielleicht schon Krieg” gegen Russland im Weltsport, sagte eine Sprecherin des russischen Außenministeriums zur drohenden Strafe, die ein Olympia-Aus für Russland einschließt. 

Um darüber zu entscheiden, schart sich das Exekutivkomittee noch ein letztes Mal um den scheidenden WADA-Chef Sir Craig Reedie. Der Schotte steht wegen mangelnder Härte im russischen Doping-Skandal heftig in der Kritik. Auch mit dabei: sein Nachfolger Witold Banka. Der junge Pole übernimmt das Amt zum Jahreswechsel und hat im DW-Interview bereits einen kompromissloseren Kurs angekündigt. Für internen Zündstoff ist also gesorgt.  

Harte Strafe gegen Russland gefordert 

Designierter WADA-Chef Banka: “Müssen Doping-Betrüger aus dem Sport entfernen”

Der Vorschlag, den die WADA-Prüfkommission den Entscheidern mit auf den Weg gibt, hat es in sich. Einen “Angriff auf die Integrität des Sports” sowie “extreme Verfehlungen” sehen die Experten auf Seiten der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA. Dort seien Daten gelöscht und manipuliert worden, um das Ausmaß des Doping-Skandals zu verschleiern. Die Kommission fordert harte Sanktionen: Wenn das Exekutivkomitee den Empfehlungen folgt, darf Russland für vier Jahre weder an sportlichen Großereignissen wie Olympischen oder Paralympischen Spielen sowie Weltmeisterschaften teilnehmen noch Veranstaltungen ausrichten. Russische Offizielle wären für diesen Zeitraum ebenfalls von diesen Wettbewerben ausgeschlossen. Sportler könnten allerdings nach Prüfung unter neutraler Flagge starten, wie schon bei den Olympischen Winterspielen 2018.
 
EURO 2020 nicht betroffen – Hintertürchen beim IOC?

Schon jetzt ist klar, dass die Definition eines sportlichen Großereignisses bei der WADA eng gefasst ist. Die Fußball-EURO 2020 wird von möglichen Sanktionen nicht betroffen sein, weil es sich, so die WADA, um ein “kontinentales” Ereignis handele. Das gelte ebenso für das geplante Finale der Champions League 2021 in St. Petersburg. 

Auch das Internationale Olympische Komitee lässt sich noch ein Hintertürchen offen. Eigentlich hat das IOC die WADA mit der Sanktionierung in solchen Fällen beauftragt und ist als Unterzeichner des Welt-Anti-Doping-Codes an die Regeln gebunden. Doch IOC-Sprecher Marc Adams sagte mit Blick auf eine mögliche Strafe: “Wie es danach weitergeht, ist nicht ganz klar. Es liegt noch ein langer Weg vor uns.” Denkbar wäre, dass sich das IOC darauf beruft, die Olympischen Spiele seien eine Einladungsveranstaltung, bei der besondere Regularien gelten.

Folgte die WADA-Exekutive den Empfehlungen der Prüfkommission, hat Russland 21 Tage Zeit, die Strafe zu akzeptieren oder anzufechten. In letzterem Fall landet die Angelegenheit vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS), dem obersten Sportgericht. Die Verhandlung dort kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Unklar ist, ob der CAS vor den Sommerspielen in Tokio 2020 entscheiden würde. 

Athletensprecher Hartung fordert konsequentes Vorgehen

Säbelfechter Hartung: “Fair-Play-Regeln müssen für alle gelten”

Von einem solchen Spiel auf Zeit oder etwaigen Hintertürchen zeigt sich Max Hartung wenig begeistert. “Ich erwarte, dass das, was an Sanktionen beschlossen wird, auch konsequent durchgezogen wird”, betont der Sprecher der Athletenkommission im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gegenüber der DW: “Genauso wie von uns Sportlern gefordert wird, uns an Regeln zu halten, muss das umgekehrt auch für Verbände und Länder gelten.” Ganz anders klingen die Töne aus Russland: “Eine Strafe ist aus rechtlicher und logischer Sicht inakzeptabel”, sagte Stanislaw Posdnjakow, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Russlands.

Egal von welcher Warte aus – die Augen der Sportwelt sind am Montag auf Lausanne gerichtet. Um 13:30 Uhr MEZ will Noch-WADA-Chef Reedie die Entscheidung bekannt geben.