Kuba: Auf der Jagd nach Devisen

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Demnächst werden Dollar-Shops auf der Insel eröffnen. Damit will Havanna Devisen einnehmen und den Auswirkungen der US-Blockade begegnen. Nebenbei soll das florierende System privaten Warenimports bekämpft werden.

Das Geschäftsmodell von Tony Morejón war bisher eine runde Sache. Der Mittvierziger aus dem Umland von Havanna, der seit 17 Jahren in Mexiko-Stadt lebt, mischt seit einiger Zeit im Kuriergeschäft von Mexiko nach Kuba mit.

Seit Jahren fliegen Kubaner in Länder wie Panama, Ecuador oder Mexiko, um Waren jeden Bedarfs mitzunehmen und auf der Insel weiterzuverkaufen: Klimaanlagen, Kühlschränke, Kleidung, Autoteile, religiöse Artikel. Oft fungieren sie lediglich als “Mulas” (Maultiere) – um Ein- und Weiterverkauf kümmern sich Leute wie Tony Morejón. Die bezahlen in der Regel das Flugticket sowie Unterkunft und Verpflegung für mehrere Tage Aufenthalt – und erzielen trotzdem noch stattlichen Gewinn.

Milliarden am Staat vorbei

Entstanden ist ein weitverzweigtes, florierendes Importsystem am Staat vorbei. Nach Schätzungen der in Miami ansässigen Havana Consulting Group bewegt dieses Geschäft jährlich rund zwei Milliarden US-Dollar, die im Ausland bleiben. Geld, das sich der chronisch devisenklamme kubanische Staat entgehen lässt.

Den Markt der Mulas austrocknen

Das soll sich nun ändern. Kubas Regierung wird künftig Haushaltsgeräte, Elektromotorräder und andere Produkte direkt in US-Dollar und anderen Devisen zu niedrigeren Preisen verkaufen und Dienstleistungen für den Import von Waren anbieten.

Noch gibt es keine Engpässe, doch die Entbehrungen früherer Zeiten sind vielen Kubanern noch sehr bewusst.

Dies ist Teil eines neuen Maßnahmenpaketes, das Vizepräsident Salvador Valdés Mesa und mehrere Minister am Dienstagabend im kubanischen Staatsfernsehen verkündeten. Ein bemerkenswerter Schritt. Damit sollen Devisen eingenommen und der informelle Markt der sogenannten Mulas beseitigt werden.

“Dann brauchen die Leute nicht mehr nach Panama oder die Dominikanische Republik zu reisen”, bewertet Alejandro García, der im Privatsektor beschäftigt ist, die Maßnahme zunächst einmal positiv. “Aber das hätten sie schon vor langer Zeit tun sollen. Milliarden sind über die Mulas in den vergangenen Jahren ins Ausland geflossen. Was die Regierung da an Geld verloren hat!”

Nur für harte Dvisen

An eine Beseitigung des Mula-Systems glaubt Reinaldo Carreno, der privat als Schreiner arbeitet und seinen richtigen Namen nicht gedruckt sehen will, ohnehin nicht: “Kleidung und andere Artikel werden weiter privat importiert werden.” Auch García denkt, dass “die Leute weiter im Ausland kaufen. Die Privaten werden immer billiger verkaufen als der Staat.” Man müsse sehen, wie die Maßnahmen genau umgesetzt werden. Er hofft jedoch, dass Fernseher und Kühlschränke günstiger werden.

Das zumindest kündigte der Vizepräsident an: Haushaltsgeräte, Motorräder und andere Produkte würden zu wettbewerbsfähigeren Preisen verkauft werden. Die Produkte können jedoch nur in bestimmten Geschäften mit Magnetkarten gekauft werden, die mit Bankkonten in Dollar oder anderen Devisen-Währungen verbunden sind.

Wenig Devisen dank Trump-Sanktionen

“Nun greift die Regierung wieder auf die Auslandskubaner zurück”, beschwert sich Carreno. “Denn um nichts anderes geht es: Die sollen Geld schicken.” Das löse aber nichts, da nur ein Teil der Bevölkerung in jenen Läden einkaufen könne: Diejenigen, die Familie im Ausland haben, die Geld überweise. “Was helfen Kühlschränke oder Klimaanlagen, wenn es weder Kaffee oder Bier oder Tomatenpürree zu kaufen gibt?”

Durch die nun verkündeten Maßnahmen hofft der Staat Devisen einzunehmen, um im Ausland Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen und die Versorgungslage verbessern zu können.

Die Trump-Administration hatte zuletzt den Kreuzfahrttourismus auf die Insel verboten, Geldüberweisungen beschränkt und Unternehmen und Schiffe, die Öl nach Kuba liefern, sanktioniert. Durch die Verschärfung der US-Blockade fehlen der Regierung in Havanna wichtige Deviseneinnahmen. Das wiederum hatte in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu Versorgungsengpässen bei Produkten des täglichen Bedarfs, wie Eier, Speiseöl oder Mehl geführt.

Zum Peso kommt heute schon der Dollar und bald, befürchtet ein Kubaner, “haben wir fünfzehn oder sechzehn Währungen“.

Immer mehr Währungen …

Der auf Kuba neben dem Peso Cubano (CUP) zirkulierende, an den US-Dollar gekoppelte CUC ist zwar konvertibel, allerdings nur auf Kuba selbst. Um Produkte im Ausland einzukaufen, benötigt die Regierung in Havanna harte Devisen. Ein Kühlschrank, der auf der Insel in CUC verkauft wird, lässt sich nicht automatisch in Devisen umrechnen, denn ein großer Teil der CUC ist nicht devisengedeckt.

Kubas Selbstständige können künftig also Waren und Vorräte importieren, auch wenn dies nur über staatliche Unternehmen möglich ist. Es gebe keine Einschränkung für Selbstständige, hieß es.

Wirtschaftsminister Alejandro Gil räumte ein, dass die Regierung aufgrund mangelnder Liquidität “nicht in der Lage ist, die Inlandsnachfrage zu befriedigen” und die Stabilität des Angebots aufrechtzuerhalten.

“In den Devisenläden, die nun aufmachen, akzeptieren sie neben Dollar und Euro auch Mexikanische Pesos, Yuan, Kanadische Dollar…”, sagt Schreiner Reinaldo Carreno. “Bald haben wir nicht mehr nur zwei Währungen, sondern fünfzehn oder sechzehn.”