Bergbau und soziale Konflikte in Lateinamerika

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In Lateinamerika nimmt laut Nichtregierungsorganisationen die Unterdrückung von Protesten gegen Bergbauprojekte zu. Der Abbau von Rohstoffen befeuere zudem soziale und politische Unruhen.

El Salvador: Protest gegen Bergbau in der Hauptstadt San Salvador.

Mit seinem vielfältigen Reichtum an Mineralien zieht Lateinamerika weltweit Investoren aus der Bergbaubranche an. Laut Angaben der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) verfügt die Region zum Beispiel über 61 Prozent der Lithium-Reserven weltweit. Chile ist der weltweit führende Lieferant für Kupfer, Brasilien der drittgrößte Eisenproduzent, Mexiko der größte Silberproduzent und Peru ist ganz weit vorne bei Silber, Kupfer, Gold und Blei. Aus diesen vier Länder kommen 85 Prozent der Mineralien- und Metallexporte Lateinamerikas. 

Doch fast überall da, wo ein Bergbauunternehmen aktiv wird, kommt es zu Konflikten. Laut Daten von CEPAL ist Lateinamerika die Region mit den meisten sozioökologischen Konflikten im Zusammenhang mit Bergbauprojekten weltweit.

Peru: Proteste gegen das Kupfer-Projekt “Tía María”

“Die mangelnde Zustimmung der betroffenen Gemeinden zu Bergbauprojekten ist eines der gravierendsten Probleme, mit denen Bergbauunternehmen in der Region konfrontiert sind”, sagt César Padilla, Gründer des Netzwerks zur Beobachtung von Bergbaukonflikten in Lateinamerika (OCMAL).

Laut Susanne Friess, Misereor-Beraterin für Bergbau und Entwicklung in Lateinamerika, haben die Bergbauaktivitäten einen großen Einfluss auf den Zugang zu Land und Wasser: “In vielen Fällen sind die Minen in direkter Nähe zum Quellwasser, sodass ein Konflikt entsteht, sobald ein Unternehmen eine Konzession beantragt.”

Die Ablehnung durch die Bevölkerung manifestiert sich in einer Vielzahl von Formen: Von Äußerungen in den Medien bis hin zu offenen Protesten. Diese Proteste stoßen dann auf Repression, Menschenrechtsverletzungen und oft auf eine Kriminalisierung durch die Justiz.

Die Aktivisten aus den betroffenen Gemeinden beklagen, sie würden zu Opfern von Drohungen, Einschüchterungen, Entführung, zweifelhaften Gerichtsurteilen und verschiedenen Formen von Gewalt, einschließlich Mord.

Tickende Zeitbombe

Ein exemplarischer Fall ist das Bergbauprojekt “Tía María” in einem landwirtschaftlich geprägten Gebiet von Arequipa, im Süden Perus, das die örtliche Bevölkerung seit Jahren ablehnt. Bei der Unterdrückung von Protesten sind in den letzten Jahren insgesamt sieben Menschen ums Leben gekommen.

Peru: Proteste der Gemeinde Fuerabamba gegen den Bergbau Las Bambas.

Neben dem Reichtum an Mineralien bietet Lateinamerika den Unternehmen auch attraktive Bedingungen. Im Ranking der Denkfabrik Fraser Institute über die attraktivsten Rechtsgebiete für Bergbauaktivitäten, belegt Chile aufgrund seiner geologischen Eigenschaften und der Politik seiner Regierungen den weltweit sechsten Platz und den ersten unter den lateinamerikanischen Ländern.

Ein ungleicher Kampf

Die betroffenen Bewohner beobachten mit Sorge die Auswirkungen solcher Projekte für die Umwelt. Für den Zugang zu sauberem Wasser, für die landwirtschaftliche Nutzung in der Region und die Folgen für Naturschutzgebiete. “Oft haben die Bewohner dann kein Wasser mehr oder es ist verschmutzt. Darüber hinaus benötigt der Bergbau Zugang zu Flächen, bei denen die Besitzverhältnisse ungeklärt sind”, erklärt Friess.

Die Misereor-Beraterin sieht darin einen Kampf zwischen David und Goliath: “In Lateinamerika herrscht ein Kampf zwischen sehr mächtigen Bergbaugesellschaften und Gemeinden mit sehr begrenzten Möglichkeiten. Die Gemeinden fühlen sich von den Unternehmen und vom Staat benachteiligt. Sie müssen für eine Politik der maximalen Rohstoffgewinnung zahlen und profitieren davon am allerwenigsten.”

Neben den konkreten Problemen, erklärt die Bergbau-Expertin, fehle es auch an einer Beteiligung der betroffenen Bewohner in allen Phasen des Prozesses: “Sie dürfen sich zu nichts äußern, sondern sollen sich den Entscheidungen anderer unterwerfen.” Allerdings “sind sie nicht bereit kampflos aufzugeben, da sie häufig ähnliche Fälle aus ihrer Region oder ihrem Land kennen”, so Friess.