Hongkong steuert auf eine Rezession zu

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Hongkong droht die erste Rezession seit mehr als einem Jahrzehnt. Nach dem Wachstum zu Jahresbeginn schlagen nun die anhaltenden Massenproteste sowie der Handelskonflikt zwischen den USA und China durch.

Der Containerhafen von Hongkong

Von April bis Juni schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt in der chinesischen Sonderverwaltungszone um 0,4 Prozent zum Vorquartal. Zu Jahresbeginn hatte es nach Angaben der Regierung noch zu einem Wachstum von 1,3 Prozent gereicht. Im laufenden Sommerquartal könnten die seit zehn Wochen anhaltenden Proteste der Demokratiebewegung die Wirtschaft erneut schrumpfen lassen. Viele Touristen meiden das beliebte Shopping-Ziel wegen der Unruhen, während Einzelhändler bereits empfindliche Umatzeinbußen beklagen. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge sprechen Ökonomen von einer Rezession.

“Die jüngsten Vorfälle werden, wenn sie andauern, zu erheblichen Störungen bei Tourismus und konsumbezogenen Wirtschaftsaktivitäten führen, die wirtschaftliche Stimmung weiter dämpfen und sogar den Ruf Hongkongs als internationales Finanz- und Geschäftszentrum schädigen”, sagte Regierungsökonom Andrew Au. Hongkong beheimatet zudem einen der größten Container-Umschlagplätze der Welt.

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Krise in Hongkong

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Krise in Hongkong: Peking verstärkt den Druck (15.08.2019)

Weiterer Rückschlag befürchtet

Die Beratungsfirma Capital Economis rechnen im laufenden Quartal mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um ein Prozent. “Im Extremfall einer militärischen Intervention durch das Festland würde die Wirtschaft Hongkongs vor einem tiefen Einbruch stehen”, heißt es in einer Analyse für Kunden. “Aber selbst wenn dies nicht eintritt, könnte die wachsende Bedrohung durch solche Maßnahmen ausreichen, um eine Kapitalflucht auszulösen.”

Die Regierung von Hongkong stemmt sich mit einem Konjunkturpaket gegen die wirtschaftlichen Folgen der Proteste. Mit den Hilfen über umgerechnet 2,2 Milliarden Euro sollen auch die Folgen des Handelsstreits zwischen den USA und China abgefedert werden. Finanzminister Paul Chan kappte die Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt könnte demnach im schlechtesten Fall stagnieren. Bislang war ein Plus von zwei bis drei Prozent angepeilt worden.

Cathay Pacific-Chef tritt ab

Im Zuge der anhaltenden Massenproteste trat derweil überraschend der Chef der Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific, Rupert Hogg, zurück. Die Fluglinie, die zu 30 Prozent Air China gehört und wegen ihrer engen britischen Verbindungen als Symbol der kolonialen Vergangenheit Hongkongs gilt, geriet in die Kritik, nachdem einige ihrer Angestellten an Demonstrationen teilgenommen hatten.

Er hat seinen Spitzenposten verlassen: Cathay Pacific-Chef Rupert Hogg

Der Rücktritt Hoggs zeigt nach Ansicht von Beobachtern, dass Unternehmen in Hongkong zunehmend unter Druck geraten, die Führung in Peking zu unterstützen. In der ehemaligen britischen Kronkolonie sind einige international tätige Großkonzerne beheimatet. Mit dem Briten Hogg nahm auch der Spitzenmanager Paul Loo seinen Hut. Nachfolger Hoggs wird Augustus Tang, Chef der Hong Kong Aircraft Engineering Company.

Neue Demo in der Innenstadt

Auch am Freitag gingen die Demonstrationen gegen die prochinesische Regierung weiter. An einer Kundgebung in der Innenstadt nahmen nach ersten Schätzungen mehr als 10.000 Menschen teil. Für Samstag und Sonntag sind weitere Protestmärsche geplant. Die Proteste in der Wirtschaftsmetropole Hongkong halten seit zehn Wochen an. Die Demonstranten werfen der Hongkonger Regierung eine zu große Nähe zur kommunistischen Führung in Peking vor. Insbesondere Regierungschefin Carrie Lam steht wegen ihrer Nähe zu Peking massiv in der Kritik und sieht sich seit Wochen mit Rücktrittsforderungen der Demonstranten konfrontiert. Hongkong ist seit 1997 eine chinesische Sonderverwaltungszone, in der die Einwohner der ehemaligen britischen Kronkolonie größere persönliche Freiheiten genießen als in der Volksrepublik. Inzwischen wächst international die Sorge, dass Peking gewaltsam eingreifen könnte.

Unterdessen wurden fünf Demonstranten wegen angeblicher Schändung einer chinesischen Flagge verhaftet. Sie sollen Anfang August eine große Flagge der Volksrepublik abgehängt und ins Wasser geworfen haben. Ihnen drohen nun bis zu fünf Jahre Haft.

kle/stu (rtr, dpa, afp)