Sultan des Swing: Mark Knopfler feiert seinen 70. Geburtstag

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Mit seinem unverwechselbaren Gitarrenspiel machte Mark Knopfler die Dire Straits weltberühmt. Nun wird er 70. Das neue Lebensjahrzehnt könnte ruhiger werden, denn die Tour zum aktuellen Soloalbum soll seine letzte sein.

Nostalgie ist nicht Mark Knopflers Ding. Er war der Kopf einer der erfolgreichsten britischen Bands, der Blick zurück ist ihm aber so unangenehm, wie es das Leben im grellen Scheinwerferlicht gewesen ist. Der Gitarrist, der seine Finger zwar geschickt über die Saiten gleiten lässt, nach eigener Aussage aber stets Probleme hat, einen handelsüblichen Reißverschluss zu benutzen, feiert an diesem Montag seinen 70. Geburtstag.

Knopfler wurde am 12. August 1949 in Glasgow geboren, seine Mutter war Lehrerin, sein Vater, ein Architekt, war 1939 aus Ungarn geflohen, weil er den Kommunisten nahe stand. Die Musik entdeckte Knopfler als Kind, das Klavierspiel seines Onkels entfachte die Leidenschaft. Bald schenkten ihm die Eltern die erste Gitarre. Nach der Schule und während des Studiums jobbte Knopfler als Reporter und Farmarbeiter, später arbeitete er als Englischlehrer, bis er 1977 mit seinem Bruder David die Dire Straits gründete.

Mark Knopfler stand mit dem Who is Who der Rockmusik auf der Bühne, hier mit Sting (links) und Eric Clapton (rechts).

Durchbruch beim Möbel schleppen

Der Name bezog sich auf die Redewendung für “in Schwierigkeiten stecken” und beruhte auf der finanziellen Lage der Bandmitglieder. Die Plattenfirmen lehnten ihre Aufnahmen ab, bis der legendäre Radio-DJ Charlie Gillett in seiner BBC-Show “Honky Tonk” ein Demoband der Dire Straits spielte: “Sultans of Swing”. In der Dokumentation “Mark Knopfler: Guitar Stories” fachsimpelt Knopfler mit Dire-Straits-Bassist John Illsley über Gitarren und erinnert sich, dass die Band die Sendung damals nicht live verfolgen konnte, weil sie irgendwem beim Umzug helfen musste. Unterdessen riefen zahlreiche Plattenlabels beim Sender an – noch bevor der letzte Takt gespielt war -, um zu erfahren, von wem der Song stammte.

Das 1978 erschienene Debütalbum “Dire Straits” wurde ein Welterfolg, und das Gitarrenspiel des Frontmanns und Sängers Mark zum Markenzeichen. Virtuos zupfte er seine Gitarrensaiten mit dem eher im Country und Folk üblichen Fingerpicking, bei dem die Saiten mit den einzelnen Fingern und dem Daumen statt mit einem Plektrum angeschlagen werden. Wer wollte, konnte in seinem lakonischen Gesang den Einfluss Bob Dylans heraushören.

Im Rockolymp: “Brothers in Arms” der Dire Straits

MTV startet mit “Money For Nothing”

Marks Bruder David verließ die Band nach dem zweiten Album, weil der ältere Bruder eine zu dominante Rolle einnahm. Bis heute haben die Brüder keinen Kontakt. Den größten Erfolg verpasste der jüngere Knopfler dadurch, denn 1985 bestiegen die Dire Straits mit ihrem fünften Album “Brothers in Arms” endgültig den Rockolymp. Das Album landete weltweit auf Platz eins der Albumcharts und verkaufte mehr als 30 Millionen Exemplare. Das Video zu “Money For Nothing”, einer ironischen Betrachtung des Musikgeschäfts, bei der Sting die Zeile “I want my MTV” sang, war das erste, das beim Sendestart von MTV in Europa lief.

Der Erfolg ließ bei Mark Knopfler die Alarmglocken schrillen, er sah seine Kreativität bedroht und sorgte sich, der Ruhm könne ihm zu Kopf steigen. Er zog sich zurück und widmete sich anderen Projekten, darunter seiner Zweitband Notting Hillbillies. Die Dire Straits waren eine dieser Bands, die sich über ihren Frontmann definierten, während der auch ausgezeichnet ohne seine Stammformation auskam. Schon 1979 hatte Knopfler auf Bob Dylans Album “Slow Train Coming” die Lead-Gitarre gespielt und später Tina Turners Comeback-Hit “Private Dancer” geschrieben.

Knopflers aktuelles Album “Down the Road Wherever”

Kein Spaß an Vergangenem

Erst sechs Jahre nach “Brothers in Arms” erschien das nächste und schließlich letzte Album der Dire Straits, “On Every Street”. Die anschließende, zweijährige Tour brachte die Band ebenso an ihr Ende wie Knopflers zweite Ehe. 1995 löste der Frontmann die Dire Straits still und heimlich auf – nicht gerade im Einvernehmen mit den anderen Bandmitgliedern, die in der Folge immer wieder eine Reunion anstrebten. “Ich schaue nicht zurück, und es macht mir auch keinen Spaß, das noch mal aufleben zu lassen”, sagte Knopfler dem Magazin “Gitarre & Bass” in einem Interview. “Diese ganzen Skelette, die aus ihren Gräbern gekrochen kommen und noch ein paar Euro verdienen wollen, indem sie ihren alten Scheiß runterrasseln. Das finde ich schlimm.”

Als die Dire Straits 2018 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurden, blieb Knopfler der Ehrung fern. Er arbeitete gerade an seinem im vergangenen November erschienenen Album “Down The Road Wherever”, außerdem hätten die Veranstalter einen gemeinsamen Auftritt der Dire Straits verlangt, eine Mini-Reunion. “Und da dachte ich mir, dass mir niemand sagen muss, was ich zu tun habe”, sagte Knopfler der “FAZ”.

Mehr Arbeiter als Partygänger

Mit seiner Solokarriere hatte Mark Knopfler längst den Spaß wiederentdeckt, der ihm unter der erdrückenden Schwere des Banderfolgs abhanden gekommen war. Neun Soloalben sind inzwischen erschienen, das aktuelle, so hat es Knopfler angedeutet, könnte sein letztes sein. Der Rücken zwicke, und auch die Augen würden nicht besser werden.

2006 eröffnete Mark Knopfler sein Tonstudio British Grove in London.

Und daraus, dass er seine Ruhe zu schätzen weiß, hat Knopfler nie einen Hehl gemacht. Die Stirnbänder, die er früher auf der Bühne trug, schützten ihn nicht nur vor Schweiß, sondern auch vor Aufmerksamkeit: Sobald er sie nach der Show abnahm, habe ihn niemand mehr erkannt. Während zahlreiche Superstars die 1980er Jahre mehr im Entzug als im Studio verbrachten, sind von ihm keine Exzesse oder Skandale überliefert. Er sei kein Partygänger, sondern eher ein Arbeiter.

Seit 2006 hat Knopfler mit dem Tonstudio “British Grove” in London ein zweites Standbein, dort haben neben dem Besitzer und verschiedenen Orchestern auch Eric Clapton, Duffy und die Rolling Stones Alben eingespielt. Mit seiner dritten Ehefrau und den beiden gemeinsamen Töchtern lebt Mark Knopfler zurückgezogen in London. Er sei ein langsamer Mensch, sagt er über sich – beim Gehen, Denken, Reagieren. Und er vermeide zu viel Stress.

In diesem Sinne: Happy Birthday und eine möglichst ruhige Feier!