Wirrwarr um HSV-Profi Bakery Jatta geht weiter

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Es gibt viele Zweifel am Fußballmärchen des HSV-Fußballprofis Bakery Jatta. Medien recherchieren wie wild, eine Behörde ermittelt, selbst der Klub war offenbar schon tätig. Die wichtigste Aussage aber macht der Trainer.

Es war eine Demonstration. Zum Training des Zweitligisten Hamburger SV gehen die Profis – nicht wie üblich vereinzelt – sondern alle zusammen die Metall-Treppe zum Trainingsgelände hinunter, ganz vorne mit dabei: Bakery Jatta((Foto oben rechts). Fans applaudieren, als der Offensivspieler an ihnen vorbei geht. Der Verein, das Team, die einzelnen Spieler zeigen eine mannschaftliche Geschlossenheit, die sie in den vergangenen Jahren, besonders in der vergangenen Spielzeit, sportlich hat vermissen lassen und die zum erstmaligen Abstieg aus der Bundesliga führte.

Jetzt aber zeigt der ganze Klub eine einheitliche Haltung. Dabei geht es hierbei nicht primär um Fußball, um Ab- oder Aufstieg. Es geht um einen Spieler, der vor drei Jahren aufgrund seiner Flüchtlingsgeschichte für Schlagzeilen in den deutschen Medien sorgte. Es geht um einen Spieler, dem nun vorgeworfen wird, falsche Angaben über seine Identität gemacht zu haben. Es geht um Bakery Jatta.

HSV-Mannschaftskollegen unterstützten Jatta

“Mein Bruder, ich kenne dich seit zwei Jahren und ich kenne deine Geschichte sehr gut. Ich bin so stolz auf dich für alles, was du getan hast. Kopf hoch und arbeite, wie du es immer tust. Du verdienst alles in deinem Leben. Brüder für immer”, postete beispielsweise Bakerys Teamkollege Kyriakos Papadopoulos. Und auch andere Mannschaftsspieler stellten sich in den sozialen Medien hinter Bakery und stellten Fotos ein, die sie zusammen mit dem 21-Jährigen zeigen.

Ist der Gambier tatsächlich 21 Jahre alt? Heißt er tatsächlich Bakery Jatta? Hat er tatsächlich keine Familie mehr? Hat er tatsächlich noch nie in einer Art Verein gespielt, wie er weiterhin beteuert? Es gibt viele Fragen, viele Zweifel, viele Unstimmigkeiten. Aber Fakt ist bisher: Es gibt keine Beweise.

Im Pokal gegen den Chemnitzer FC am Sonntag dabei: Bakery Jatta

Anhörung wegen vermeintlicher Falschangaben

Das Bezirksamt Hamburg-Mitte versucht die juristischen Fragen jetzt mit einem Anhörungsverfahren zu klären. Sie hat ein Schreiben mit Fragen des Amtes an Bakery Jatta verschickt. Das bestätigte eine Sprecherin am Freitag. Bei der Anhörung sollen Hinweise auf angebliche Falschangaben Jattas bei seiner Einreise nach Deutschland nachgegangen werden. Jatta hat nun zwei Wochen Zeit, um Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Sollte sich der Verdacht auf Falschangaben bestätigen, droht dem Fußballprofi die Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung und letztlich auch die Abschiebung in sein Heimatland.

Nicht nur die Behörden sind aktiv, auch viele Medien recherchieren zu diesem Thema. Ständig gibt es neue Wasserstandsmeldungen. Das “Hamburger Abendblatt” berichtet, dass die Angaben in Jattas Reisepass korrekt seien, dass er zunächst ohne Pass nach Deutschland kam und dieser auf dem Postweg nachträglich geschickt wurde und dieser vom Bremer Migrationsamt überprüft worden sei, eine Fälschung wurde für unwahrscheinlich gehalten.

Die “Bild”-Zeitung behauptet, Jatta sei seit fünf Jahren im Transfer-Registrierungs-System (TMS) der FIFA gelistet und er habe vor der Flucht für den Erstligisten Brikama United gespielt, offiziell unter dem Namen Bakery Jatta. Der Gambische Fußball-Verband habe seine Identität bestätigt, erklärt die Deutsche Fußball-Liga heute auf Nachfrage. Das Nachrichtenmagazin “Spiegel” berichtet – auf Grundlage von Dokumenten der Enthüllungsplattform Football Leaks, dass der Hamburger SV offenbar schon vor der Verpflichtung von Jatta im Juli 2016 Untersuchungen zur Identität seines Spielers angestellt habe. Ein HSV-Mitarbeiter wird vom “Spiegel” in einer internen Mail mit folgenden Worten zitiert. “Bislang wird ja kommuniziert (auch vonseiten des Spielers), dass es keinen ehemaligen Verein gab. Uns liegen aber entsprechende Hinweise vor. Will/soll man das kommunizieren? Zerstört natürlich ein wenig die Story des Wunder-Flüchtlings.”

“Es gilt die Unschuldsvermutung”

Offenbar sehen sehr viele, ob beteiligt oder nicht, in Bakery Jatta eine Story und jeder erzählt die Geschichte auf seine Weise weiter. Trainer Dieter Hecking ist nur an Ergebnissen interessiert. Er hat den Offensivspieler für das DFB-Pokalspiel beim Drittligisten Chemnitzer FC am Sonntag in den Kader berufen. “Wir nehmen ihn natürlich mit”, so Hecking und schiebt noch einen Satz nach, der bei der ganzen Geschichtenerzählerei gerne untergeht: “Für mich gilt die Unschuldsvermutung.”