Ich will auch ein Saurier-Skelett!

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Die Versteigerung eines Dinosauriers verärgert Wissenschaftler. Sollte das Saurier-Skelett für die Forschung unverzichtbar sein, wäre solch eine Versteigerung inakzeptabel. Aber auch nur dann, meint Alexander Freund.

Ich liebe Naturkunde-Museen! Diese phantastischen Exponate! Fauna und Flora aus der ganzen Welt und aus allen Zeiten. Wow! Dazu diese wohltuende Ruhe. Kaum ein Mensch zu sehen.

Manchmal verirrt sich vielleicht eine gelangweilte Schulklasse dorthin, wo es sonst nur alte Tiere und alte Menschen gibt. Und natürlich die furchteinflößenden Dinos, die alle Schüler aus “Jurassic Park” etc. kennen. Diese aufgerichteten Saurier sind schon krass. Im Gegensatz zu den ollen Knochen in den Vitrinen oder den ausgestopften Viechern in den Glaskästen.

Hand aufs Herz – ohne solche Hollywood Blockbuster würde sich die Begeisterung für die Paläontologie sehr in Grenzen halten. Diesen Filmen ist es zu verdanken, dass selbst die Kleinsten den Saurier-Skeletten fürchterlich komplizierte lateinische Namen zuordnen können und sich Saurier-Shows nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen.

Dort hören wir den Tyrannosaurus rex brüllen, gruselig! Obwohl natürlich kein Wissenschaftler ernsthaft belegen kann, wie diese Saurier tatsächlich mal geklungen haben. Aber das ist letztlich auch egal, das Interesse ist geweckt und das ist schon mal viel wert.

Durch “Jurassic Park” eroberten Dinosaurier die Kinderzimmer und die Kleinsten mutierten zu Paläontologen

“Unethische Versteigerung”

Wissenschaftler sind äußerst verärgert, dass an diesem Donnerstag in Paris ein rund 155 Millionen Jahre alter Langhalssaurier an einen privaten Höchstbieter versteigert wird. Das Auktionshaus Aguttes schätzt, dass das knapp 13 Meter lange und 6,20 Meter lange Skelett aus der Jura-Periode für etwa 1,5 bis zwei Millionen Euro verkauft wird. So viel hatte Aguttes nämlich auch 2018 bei einer ähnlichen Versteigerung eines Skeletts auf dem Eiffelturm erzielt.

Zwei Millionen Euro und mehr! Das sind Summen, die sich keine öffentliche Forschungseinrichtung leisten kann. Deshalb ist es gut möglich, dass dieses spektakuläre Skelett in irgendeine private Sammlung geht und danach nicht mehr öffentlich zu sehen ist.

Damit wäre das Urzeitreptil aber nicht nur fürs staunende Publikum, sondern wohlmöglich auch für die Forschung verloren. Die amerikanische “Society of Vertebrate Paleontology” (SVP) – die Gesellschaft für Wirbeltier-Paläontologie – etwa ist entsetzt: Skelette wie die des Diplodocus-Cousins gehörten allen Menschen, nicht nur einigen Wohlhabenden, so deren Einwand. Die private Auktion sei unethisch. “Wir werden dieses Exemplar verlieren.”

Auch der Pflanzenfresser “Skinny” sei wissenschaftlich bedeutsam. Das im Jahr 2012 im US-Bundesstaat Wyoming entdeckte Skelett sei mit mehr als 90 Prozent der Originalknochen besonders gut erhalten und lasse Rückschlüsse auf die Haut des Dinosauriers zu. “Das wurde niemals zuvor bei einem Diplodocus entdeckt, so dass es diesem Skelett einen einmaligen Wert verleiht”, argumentieren die Paläontologen.

Leider schon verkauft! Für rund 2 Mio Euro versteigert Aguttes 2018 ein Dino-Skeletts am Eiffelturm

Verkauf mit Augenmaß

Wenn solch ein Skelett für die Forschung tatsächlich einen einmaligen Wert darstellt, sind solche Verkäufe in unzugängliche Privatsammlungen verwerflich und inakzeptabel. Aber auch nur dann.

Das Skelett namens “Skinny” stand zuletzt übrigens nicht in einem verstaubten Naturkunde-Museum und wurde auch nicht Forschern als Anschauungsobjekt entrissen, dieses Skelett stand im Terminal 5 des Londoner Flughafens Heathrow! Zu Forschungszwecken?

Sicherlich ist es zuweilen befremdlich, dass in den vergangenen Jahren neben einigen kaufkräftigen Museen in Nahost oder Asien auch Hotelketten oder Einkaufszentren Interesse an echten Dinos zeigten. Wenn die Skelette für die Forschung entbehrlich sind, wenn sie gut behandelt werden und so neue Bevölkerungsschichten für Dinos und die Paläontologie begeistert werden – warum nicht?

Dieses Dinosaurier-Skelett im Flughafen Heathrow wird jetzt versteigert – ein Schnäppchen!

Das Gleiche gilt meiner Meinung nach auch für vermögende Privatleute, die – statt oder neben Kunstgegenständen oder Sportwagen – auch Saurier-Skelette sammeln wollen. Natürlich ist es bedauerlich, wenn solch ein Saurier-Skelett nicht mehr öffentlich bestaunt werden kann. Aber das gilt auch für Kunstwerke, die irgendwann in einer privaten Sammlung verschwunden sind.

Sollten die neuen Besitzer ihr fossiles Exponat oder Kunstwerk zuweilen für die Forschung oder für Ausstellungen zur Verfügung stellen, was sicherlich jedem Besitzer schmeichelt, umso besser!

Öffentliche Wertschätzung

Wirklich relevante Fossilien müssen jedoch in öffentlicher Hand bleiben. Dann muss eben jene öffentliche Hand auch das Geld aufbringen, um die Funde zu kaufen und der breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen.

Ohne eine echte Wertschätzung wird dies aber nicht klappen. Das zeigen die chronisch klammen und verwaisten Naturkunde-Museen. Ohne Events, ohne Spektakel keine Begeisterung, so ist dies nun einmal in unserer reizüberfluteten Welt. 

Sensationelle Exponate zeigt das Berliner Naturkundemuseum – also nix wie hin!

Klare Grenzen für den Handel

Vor einigen Wochen bot ein Verkäufer bei Ebay das Skelett eines Tyrannosaurus rex zum Festpreis von 2,95 Millionen Dollar (2,61 Mio. Euro) an. Kostenloser Versand, immerhin. In der Beschreibung hieß es: “Der wahrscheinlich einzige Baby-T-Rex der Welt”. Da stellt sich dann doch die Frage, woher der Verkäufer diesen T-Rex hat und ob er nicht für die Forschung erworben werden müsste, wenn das Skelett tatsächlich so einzigartig ist.

Immer wieder hört man auch von irgendwelchen Promis, die Saurier-Skelette sammeln. Leonardo Di Caprio etwa ist solch ein Trendsetter. Dem hatte 2007 sein Schauspieler-Kollege Nicolas Cage einen Dinosaurierschädel bei einer Auktion vor der Nase weggeschnappt. Für den Schädel des Tarbosaurus bataar soll der 51-jährige Oscar-Preisträger 276.000 Dollar gezahlt haben.

Das Echtheitszertifikat war allerdings gefälscht, der Dino-Schädel war gestohlen und wurde illegal aus der Wüste Gobi exportiert. Der Hollywoodstar musste den Schädel an die Mongolei zurückgeben. Pech für Cage, Glück für die Mongolei, dass der Schmuggel auffiel.

Natürlich sind dies keine Einzelfälle. Der illegale Handel mit Fossilien floriert ebenso wie der illegale Handel mit antiken Kulturgütern. Trotzdem ist gegen den legalen Handel mit unserer Vergangenheit meiner Meinung nach nichts einzuwenden.

Nicht alles ist für die Forschung oder die Menschheit unverzichtbar, nur weil es verdammt alt ist. Was wirklich wertvoll ist, verdient unseren vollen Schutz. Aber bitte auch unsere Aufmerksamkeit.

Besuchen Sie mal wieder ein Naturkunde-Museum, sie werden begeistert sein!