Pharma-Branche: Ohne Blockbuster geht nichts

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Fast 500 Milliarden Euro haben die größten Pharmakonzerne der Welt im vergangenen Jahr umgesetzt. Die erfolgreichsten kommen aus den USA und der Schweiz. Wie stehen die Deutschen da?

Die Pharmaunternehmen weltweit wachsen insgesamt nur noch langsam. 2018 setzten sie mit 460,8 Milliarden Euro gerade einmal 0,9 Prozent mehr um als 2017. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung EY, die die 22 größten Firmen der Branche unter die Lupe genommen hat. Das operative Ergebnis dieser Firmen sank jedoch um 1,8 Prozent auf knapp 151 Milliarden Euro. 

Die Studie zeigt auch, dass sich die Branche mit zwei Geschwindigkeiten entwickelt. Die Top 10 konnten Umsatz und Gewinn stärker ausbauen als die Firmen auf den Plätzen 11 bis 22. Unter denen liegen auch die drei deutschen Branchenvertreter – Bayer (Platz 14 mit 16,8 Milliarden Euro Umsatz), Boehringer Ingelheim (Platz 18 mit 12,6 Milliarden Euro) und die Darmstädter Merck KGaA (Platz 22 mit 6,3 Milliarden Euro).

Zusammengenommen büßten sie 0,3 Prozent Umsatz und sogar zwei Prozent beim operativen Ergebnis ein. Allerdings konnte Boehringer Ingelheim den Betriebsgewinn um 16,7 Prozent steigern, während Bayer 10,5 Prozent und Merck 8,6 Prozent weniger verdienten.

Der Hersteller von Viagra bleibt der mit Abstand umsatzstärkste Pharmakonzern der Welt

Die Deutschen sind also angeschlagen, während in den Top 10 sieben Firmen aus den USA und drei aus der Schweiz, nämlich Roche, Novartis und Sanofi, zu finden sind. Pfizer aus den USA bleibt mit umgerechnet 42,4 Milliarden Euro Umsatz an der Spitze.

Was wurde aus der “Apotheke der Welt”?

Die Studienautoren sind allerdings nicht der Meinung, dass der Pharmastandort Deutschland, einst “Apotheke der Welt” genannt, nun gefährdet sei. Zwar gebe es Probleme bei der Produktpipeline, doch die deutschen Firmen seien innovativ und richteten sich zukunftsorientiert aus, sagte Jürgen Peukert, Partner von EY. Zudem stehe Deutschland weltweit immer noch für ein extremes Qualitätsbewusstsein.

Tatsächlich liegen die deutschen Firmen bei der Forschung und Entwicklung weiter vorn: So steckt Merck KGaA sogar 27 Prozent seines Umsatzes in die Entwicklung, das ist weltweit Platz zwei, Boehringer Ingelheim schafft es auf Platz 8. Diese Investitionen dürften sich in einigen Jahren auszahlen.

Bayer hingegen fällt hier zurück. Allerdings wird bei den Forschungsaufwendungen das Gesamtunternehmen betrachtet, da spielt also die Übernahme des amerikanischen Agrarchemiekonzerns Monsanto mit hinein. Auf die aktuellen Probleme von Bayer nach der Übernahme des Agrarchemiekonzerns Monsanto geht die Studie jedoch nicht ein. Doch immerhin gelangen Bayer im Pharmabereich mit seinen Blockbustern Zuwächse, mit Medikamenten also, die mehr als eine Milliarde Umsatz im Jahr einbringen.

Blockbuster bringen Milliarden

Hier sind die amerikanischen und Schweizer Unternehmen führend, sie bieten viele Medikamente im Bereich der Krebsforschung und Immunologie an. Mit Blockbustern in dieser Definition erwirtschafteten die Pharmaunternehmen 2018 noch fast zwei Drittel ihrer Umsätze.

Bayer fiel bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung zurück, hat aber noch einige Blockbuster

Doch Zell- und Gentherapien sollten künftig an Bedeutung gewinnen, glauben die EY-Experten. Denn der Trend geht weg von Medikamenten für die Masse und hin zu personalisierten Medikamenten. Die seien zwar teurer in der Entwicklung, böten aber die Chance auf Heilung nach kurzer Frist. Das erspare der Wirtschaft entsprechend die Folgekosten einer langen Behandlung. Dieser Trend erfordere aber auch eine höhere Digitalisierung und Vernetzung der Branche, so die Studie.

Daten sind Chinas Chance 

Das könnte die Chance für China sein, sich auch in diesem Bereich zu profilieren. Denn bisher spielten sie in der Branche keine große Rolle, sagt Jürgen Peukert von EY. Mit den Daten, die in China freier und massenhafter zur Verfügung stehen, können Produkte mit hoher Präzision entwickelt werden.

Nicht nur das bestimmt die Zukunft der Branche: Die Pharmaunternehmen entwickeln sich weiter zu Gesundheitsdienstleistern, die über Plattformen Gesundheitsdaten analysieren und so die passgenauen Angebote für ihre Patienten schaffen können.

Diese Trends hätten aber auch die deutschen Firmen erkannt. In diesem Bereich sei etwa der Gesundheitskonzern Fresenius schon führend. Er entwickelt keine Pharmazeutika im strengen Sinn und ist deshalb noch nicht in der Studie der Pharmaunternehmen erfasst. Doch auch die anderen Unternehmen gingen mit ihren hohen Investitionen in die richtige Richtung, so die Studie.