Doppel mit Historie

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Werder Bremen könnte Bayern München die Saison vermiesen. Innerhalb von fünf Tagen treffen beide in Bundesliga und Pokal aufeinander. Dabei hat Bremen zwei Trümpfe: Einen jungen Trainer und einen alten Stürmer.

Es kommt nun nicht allzu häufig vor, dass die Bayern-Granden einen Gegner loben. Für gewöhnlich stellen sie ihren Klub in den Mittelpunkt. Stolpern können sie eigentlich nur dann, wenn sie selbst eine Schwäche zeigen. Karl-Heinz Rummenigge aber hat jüngst Werder Bremen gelobt. “Grundsätzlich sehe ich die Entwicklung von Werder Bremen sehr positiv”, sagte der Vorstandsvorsitzende des Rekordmeisters dem “Weser Kurier”, “insbesondere seitdem sie mit Florian Kohfeldt einen neuen Trainer haben, der offensichtlich sehr gut zu diesem Club und dieser Mannschaft passt.”

Es mag natürlich sein, dass Rummenigge einfach mal höflich sein wollte vor den beiden Duellen, in denen die Bremer zum Stolperstein werden könnten für die Bayern. Zunächst, am Ostersamstag, im Kampf um die Meisterschaft in München (15:30 Uhr im DW-Liveticker), dann, am kommenden Mittwoch, in Bremen im Halbfinale des DFB-Pokals (20:30 Uhr, ebenfalls im DW-Liveticker). Verlöre der FC Bayern, dann könnten sie zum Saisonende mit leeren Händen dastehen. Der Pokal wäre ohnehin futsch, der siebte Titel in Serie in der Bundesliga mit hoher Wahrscheinlichkeit, denn will man sich des Verfolgers Borussia Dortmund erwehren, dann sollten wenigstens die Heimspiele souverän gewonnen werden.

Früher Titelrivale, heute Punktelieferant

Und natürlich gehen die Bayern als klare Favoriten in diese beiden Nord-Süd-Kräftemessen. Bremen ist gerade erst dabei, sich nach einigen mageren Jahren wieder in der oberen Tabellenhälfte zu etablieren. In Regionen, die in den 80-er und 90-er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit waren an der Weser. Da hatte auch schon mal die Werderaner die Nase vorn, luchsten dem Rivalen den ein oder anderen Titel ab. “Das waren schon große Kämpfe damals”, erinnert sich Rummenigge heute, “vergleichbar zu den Spielen heute gegen Borussia Dortmund”.

In diesem Jahrtausend ist Bremen allerdings regelmäßig Kanonenfutter für den FCB. Die letzten 18 Pflichtspiele zwischen den beiden gingen ausnahmslos an die Bayern, die letzten sieben Heimspiele kassierte Werder 36 Tore. Trotzdem will Kohfeld, seit anderthalb Jahren Alleinverantwortlicher an der Bremer Außenlinie, die Partie nicht schon vor dem Anpfiff abschenken: “Wir treffen auf die immer noch stärkste Mannschaft Deutschlands”, konstatierte der Coach, “aber wir haben auch unsere Waffen, um ihnen weh zu tun. Unser Grundgedanke bleibt: Wir wollen überall jedes Spiel gewinnen”.

Werder-Trainer Kohfeldt bei der Ehrung zum Trainer des Jahres in Köln

Frischer Wind durch Trainer Kohfeldt

Der Fokus, so der 36-Jährige weiter, liege aktuell voll auf dem Ligaspiel, das Pokal-Halbfinale gegen den Bundesliga-Tabellenführer im Weserstadion sei ungeachtet der Euphorie in der Hansestadt noch nicht in den Köpfen seiner Spieler: “Es wird schön hintereinander abgearbeitet. Taktieren kommt am Samstag nicht in Frage, wir werden alles auspacken.”

Kohfeldt hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem angesehenen Bundesliga-Trainer gemausert. Erst im März ist er mit dem Trainerpreis 2018 des Deutschen Fußball-Bundes ausgezeichnet worden, nachdem er den Verein auf Platz 17 übernommen und dann zum sicheren Klassenerhalt geführt hatte. Und nun das Pokal-Halbfinale und durchaus realistische Chancen auf das Erreichen der Europa League. Für Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff ist es “beeindruckend, mit welcher Selbstverständlichkeit sich Florian Kohfeldt zu einem Sympathieträger in der Bundesliga entwickelt hat”. Er verströme eine “ansteckende Begeisterung”, sagte der DFB-Direktor Nationalmannschaften: “Die Spieler schwärmen von seiner offenen und authentischen Art. Für Werder Bremen ist er ein Glücksfall.”

Wem bringt “Pizza” Glück?

Claudio Pizarro – der Fußball-Greis zwischen Bremen und München

Der Glücksfall braucht in den Spielen gegen die Bayern freilich auch Glücksmomente. Und dabei hofft er auch auf seinen Stürmer-Oldie Claudio Pizarro. “Claudio gehört bei uns zu den Spielern, die wissen, wie Erfolg geht. Das ist eine Eigenschaft, die in solchen Spielen ganz besonders wichtig ist.” Die Erfolgsformel hat der Peruaner vor allem in München gelernt. Neun seiner über 20 Jahre als Profi stand er beim jetzigen Konkurrenten unter Vertrag, neun inzwischen bei Werder. Kein Wunder, dass der 40-Jährige hin- und hergerissen ist zwischen beiden Städten und Vereinen.

Am Mittwoch erst sagte Rummenigge dem Online-Portal “meinwerder.de”, dass Pizarro nach “München zurückkehren und eine Botschafter-Rolle übernehmen” könne. Aber auch Werder hofft auf den Verbleib der Klub-Ikone. “Natürlich haben wir großes Interesse, Claudio auch nach seiner Karriere in irgendeiner Form an Werder zu binden”, sagte Sportchef Frank Baumann. Immerhin – sie trauen sich wieder, den Bayern die Stirn zu bieten, die Grün-Weißen. Mal sehen, ob Karl-Heinz Rummenigge sie am kommenden Mittwochabend auch noch lobt.