Arkona: Immer mehr Strom aus der Ostsee

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Deutschland will die Wende hin zu regenerativen Energien schaffen. Das ist teuer und nicht einfach. Aber es gibt Erfolgsgeschichten wie den Offshore-Windpark Arkona – eingeweiht von der Kanzlerin höchstpersönlich.

Schon seit dem Herbst des vergangenen Jahres drehen sich die Rotoren des Windparks Arkona, der 35 Kilometer östlich von Rügen in der Ostsee liegt. Deutschlands größte Insel gehört zum Bundestagswahlkreis 15 “Vorpommern-Rügen/Vorpommern-Greifswald I” – die gewählte Abgeordnete ist Angela Merkel, die Bundeskanzlerin.

Das brauchte es also etwas Glamour und eine angemessene Inszenierung, um das jüngste Ökostromprojekt der inzwischen zehnjährigen deutschen Offshore-Geschichte “standesgemäß” einzuweihen. An diesem Dienstag war es dann soweit, die Regierungschefin kam an die Ostsee und spendete dem Windpark quasi regierungsamtlichen Segen.

Europäische Gemeinschaftsanstrengung

Die Kanzlerin kam nicht allein: Neben der Ministerpräsidentin des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und einigen Ministern waren auch viele Manager aus Deutschland, Norwegen und Belgien in den Fährhafen Sassnitz gekommen – denn der Offshorepark Arkona ist nicht nur ein deutsches Unternehmen.

Auch bei großen Zielen das Kleine nicht aus den Augen verlieren: Die Bundeskanzlerin bei der Einweihung von “Arkona”.

Zwar betreibt der deutsche Energiekonzern Eon aus Essen den Windpark, aber auch die norwegische Equinor hat in Arkona investiert – gemeinsam haben die beiden Konzern etwa eine Milliarde Euro aufgebracht. Die Gesamtsumme der Investitionen schätzen Experten auf 1,2 Milliarden Euro.

Die auf See installierte Umspannstation stammt aus Frankreich, die Spezialschiffe und das Gerät zum Bau der Windräder kamen aus Dänemark und den Niederlanden, den Netzanschluss verantwortet das Unternehmen 50Hertz – ein Tochterunternehmen des Elia-Konzerns aus Belgien. Es bringt den Ostseestrom im polnischen Lublin an Land, von wo er dann ins deutsche Netz eingespeist wird.

Schneller und billiger

Die Betreiber des Arkona-Windparks betonen auch eifrig, dass so viele Unternehmen aus dem europäischen Ausland an Bau und Betrieb beteiligt sind. Die immer wieder erhobenen Vorwürfe, die deutsche Energiewende sei mit den Nachbarn in Europa nicht abgesprochen und es handle sich um einen riskanten Alleingang Deutschlands, sehen sie so entkräftet.

Wirklich stolz aber sind die Bauherrn auf etwas anderes: Entgegen dem Trend, das gerade in Deutschland öffentliche Bauvorhaben immer teurer werden, als sie veranschlagt worden waren und dass sie vor allem stets erheblich verspätet abgeschlossen werden, halten sie für den Arkona-Windpark fest, es sei “unter Budget und vor Zeitplan fertiggestellt” worden.

Die Standorte von Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht (links, die Nordsee) und in der Ostsee (rechts).

Beeindruckende Zahlen

Bedeutend größere Windstromkapazitäten als in der Ostsee sind in der deutschen Nordsee installiert worden. In der deutschen Bucht produzieren derzeit etwa 1100 Windräder mehr als 5300 Megawatt “grünen Strom”.

So viel ist es in der Ostsee nicht. Doch allein Arkona hat eine Kapazität von 380 Megawatt. Laut Betreiber reicht das, um 400.000 Haushalte mit Strom versorgen zu können. Dazu sind in dem Windpark auf einer Fläche von rund 37 Quadratkilometern 60 Windkraftanlagen installiert worden.

Für das Jahr 2020 hat die Bundesregierung das Ziel vorgegeben, in Offshore-Anlagen 7500 Megawatt Strom zu produzieren, mit Arkona liegen die deutschen Strommüller nun schon bei 6400 Megawatt. Dieses Zwischenziel der deutschen Energiewende scheint also erreichbar zu sein.

Die Bauarbeiten am Offshore-Windpark Arkona, rund 35 Kilometer nordöstlich der Insel Rügen in der Ostsee.

Keine Angst vor der Zukunft

Bislang werden auf See produzierte Kilowattstunden vom Stromkunden subventioniert: Gegenwärtig sind es noch 19 Cent pro Kilowattstunde, damit kann auch Eon für Arkona kalkulieren. In den kommenden Jahren sollen die Umlagen nach dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) aber sinken. Ausschreibungen für Projekte ab dem Jahr 2022 sehen Förderungen von nur noch sechs Cent vor, dennoch schrecken Betreiber nicht vor dem höheren finanziellen Risiko zurück.

Die Gründe dafür: Zum einen wird der Betrieb eines Offshore-Windparks dank inzwischen gemachter Erfahrungen billiger und der technische Fortschritt sorgt ebenso für Einsparmöglichkeiten. So hat Eon etwa für “Arkona” ein neues Korrosionsschutzverfahren eingesetzt, das Wartungskosten reduzieren soll.

Zum anderen hat sich die Windkraft ihren Platz im deutschen Strommix gesichert und kann ihn offenbar behaupten: 2017 wurden mehr als 15 Prozent des in Deutschlands produzierten Stroms durch die “Windernte” durch Windmühlen an Land und auf See gewonnen.

Inzwischen werden Windparks bevorzugt auf See errichtet, weil den Anlagenbauern und -betreibern an Land der Wind zunehmend heftig ins Gesicht bläst. Bei 80 Prozent der geplanten Onshore-Anlagen sehen sie sich nämlich mit Klagen betroffener Bürger konfrontiert. Das ist auf hoher See nicht zu befürchten.