Game of Thrones & Co.: Warum uns Fantasy-Serien so fesseln

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Die achte Staffel von Game of Thrones ist angelaufen und das Internet dreht durch. Doch was fasziniert uns eigentlich immer wieder so sehr an den mysteriösen Fantasiewelten der Serien?

Game of Thrones, Game of Thrones, GAME. OF. THRONES. Staffel 8! Der Start der achten Serienreihe wird wohl an kaum jemanden vorbeigegangen sein – selbst wenn man die Game of Thrones-Reihe nicht schaut. Mich eingeschlossen. Und genau diese Tatsache holt mich in der morgendlichen Redaktionskonferenz ein, als der Staffelstart und der Hype um die Serie diskutiert wird: Was fesselt die Zuschauer so sehr an der Mittelalter-Saga, was ist das Faszinierende an Fantasy oder Science Fiction überhaupt? 

“Eigentlich lässt mich dieser Hype ja ziemlich kalt”, denke ich noch. Vielleicht, weil ich ganz glücklich damit bin, die Büchse der Pandora noch nicht geöffnet zu haben. Denn der ganze Serienboom ging bislang noch an mir vorbei, obwohl ich sicherlich empfänglich dafür wäre. Doch dieser eine Schritt des Abos trennt mich noch davon. Toi toi toi! Als würde ich nicht schon genug Zeit am Bildschirm von Smartphone und PC verbringen… 

Und just fällt die Wahl der Runde auf mich. Ich könnte mich doch mal dem Thema annehmen. “Klar, gerne!”, höre ich mich noch sagen. 

Lesen Sie hier: Smartphone-Sucht: Gönnt euch doch mal ‘ne Pause!

Die Drehorte von “Game of Thrones” sind zu echten Pilgerstätten für Fans der Kultserie geworden. Hier Dubrovnik in Kroatien.

Eintauchen in die Fantasiewelt

Während meiner Recherche zu diesem Beitrag wird mir erst klar, wie konsequent ich Game of Thrones (GoT) bislang ignoriert habe. Die fünf “A Song of Ice and Fire”-Bücher, auf denen die Serie basiert, sind zwischen 1996 und 2011 in der englischen Originalfassung erschienen. Die Verfilmung der Romanreihe gibt es seit 2011! Bitte was?! Zwar mag das plausibel erscheinen, wenn es mittlerweile schon acht Staffeln gibt. Viel mehr als “Winter is Coming” ist aber – zumindest bei mir – bis dato nicht hängengeblieben. Umso mehr interessiert mich jedoch nun – und Sie hoffentlich auch – was das Geheimnis der Fantasy-Serien ist. Keine Sorge: keine Spoiler. 

Genau hier öffnet sich die Büchse der Pandora von ganz alleine – oder vielmehr stürze ich sogar in sie hinein. Denn während ich versuche, mich von den unzähligen GoT-GIFs und Memes nicht ablenken zu lassen, öffne ich einen Tab nach dem anderen mit verschiedensten wissenschaftlichen Publikationen zu Game of Thrones oder der Faszination von Fernsehserien im Allgemeinen. Die perfekte Tapocalypse. Doch beschränken wir uns an dieser Stelle lieber auf ein paar wenige Erkenntnisse und die wichtigsten Takeaways.

Fun fact: Ich bin sogar über einen Kurs an der Uni Harvard gestolpert, mit dem Titel “The Real Game of Thrones – Culture, Society, and Religion in the Middle Ages”, geleitet von der deutschen Wissenschaftlerin Racha Kirakosian. Das wäre vielleicht eine Maßnahme.

Beliebtes Fantasy-Schemata

Doch die Euphorie ist nicht allein Game of Thrones vorbehalten, auch “Der Herr der Ringe”, “Star Trek”, “Supernatural”, “Avatar” lösen eine ähnliche Begeisterungswelle aus, um nur ein paar Beispiele für andere erfolgreiche Fantasy- oder Science-Fiction-Formate zu nennen.

Bei Game of Thrones sei der Knackpunkt eine “innere Spannung zwischen knallhartem Realismus und Fantasy”, so der Kulturtheorie-Professor Jan Söffner von der Zeppelin Uni in Friedrichshafen am Bodensee. Es komme tatsächlich immer alles anders als man denke.

Deshalb unterscheide sich das Erfolgsgeheimnis von GoT noch etwas von “herkömmlicher Fantasy”, die meist gängigen Schemata folge, etwa einer detaillierten Welt, einer Suche und Gefährten.

Game of Thrones-Rezept

Punkt eins: Herkömmliche Hollywood-Fantasy folge meist der Mythentheorie von Joseph Campbell, erklärte Söffner. Heißt: Junger Held lebt in der Realität; er erhört den Ruf aus einer höheren, anderen Realität; er tritt dort ein; er hat einen Mentor, der meist stirbt; und er lebt am Ende in beiden Realitäten. Für “Star Wars” sei das prägend gewesen, für “Harry Potter” oder “Matrix” ebenfalls. Durch GoT könne man diesen Standard-Mythos eigentlich nicht mehr so richtig ernst nehmen. “Eventuell geht da eine Epoche zu Ende.”

Punkt zwei: Die Fans erwarten laut Söffner gar nicht, dass sich alles zum Guten wendet. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fantasy werde man ständig enttäuscht. Es gebe nur gebrochene Charaktere, die Figuren gingen allesamt kaputt. Eine Erlösung gebe es nicht. Martin zerschlage alle üblichen Fantasy-Strukturen. “Und er tut das innerhalb einer Fantasy-Geschichte.” Das Ergebnis: ständige Enttäuschung, aber auch ständige Hoffnung.

Punkt drei: Die Länge. “Wir leben in einer Zeit der Langerzählung”, sagte Söffner. Zwar würden alle sagen, sie hätten keine Zeit – aber diese Erzählungen sind richtig lang. “Es geht nicht darum, sich kurz irgendwas erzählen zu lassen. Sondern darum, in eine Erzählung hereinzuwachsen – und durch sie eine Haltung zum Leben zu gewinnen.”

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Auf den Spuren von Game of Thrones

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Auf den Spuren von Game of Thrones

Die Zutaten einer guten Serie

Joachim Friedmann von der Internationalen Filmschule (ifs) Köln sagte zum Serienboom, “Filme handeln von Dingen, Serien von Menschen”. Das sei ein wesentlicher Unterschied. Damit eine Serie funktioniere, brauche es gute Charaktere und ein unlösbares Problem, das über viele Episoden einen Konflikt ermöglicht.

Aber auch ein Ziel des Protagonisten sei eine wichtige Komponente, ergänzt Tac Romey, der an der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF) serielles Erzählen lehrt. “Es kann darin bestehen, dass der Held oder die Heldin mit einer bestimmten Person zusammen sein oder Präsident der Vereinigten Staaten werden möchte.” Der Zuschauer müsse das Ziel nachvollziehen können und es sollte eine gewisse Empathie geweckt werden. Der Antagonist, der sich dem Helden in den Weg stellt, sei ebenfalls ein klassisches Stilmittel des seriellen Erzählens.

Tac Romey meint, dass Mystery-Serien wieder stark im Kommen seien. Und während wir derzeit die große Phase der Dramaserien mit ihren moralisch ambivalenten Figuren erleben, beobachtet der Produzent und Autor zugleich eine gegensätzliche Entwicklung: “Es gibt viele, die sagen: Ich möchte auch mal wieder etwas Positiveres, etwas nicht so Brutales, ich möchte mich gut fühlen. Wir brauchen nur ans Handy zu gehen und werden bombardiert mit Themen, wo wir nichts machen können. Es gibt eine Sehnsucht, auch ein bisschen heile Welt zu sehen.”

Lesen Sie hier den ganzen Beitrag: Serienboom: Woher kommt das Phänomen?

Was meinen die Zuschauer?

Die Universität Wien hat eine Untersuchung über die Gründe der Beliebtheit der GoT-Serie aus mediensoziologischer Perspektive angestellt. Dabei wurden insgesamt 817 Personen aus dem deutschsprachigen Bereich befragt, die mindestens fünf Folgen der Serie gesehen hatten. Das Ergebnis: Intrigen und unvorhersehbare Ereignisse sind neben dem Unterhaltungsaspekt ausschlaggebend, Game of Thrones anzusehen. Ebenso faszinieren Fantasy-Elemente und das mittelalterliche Setting. Außerdem wurde festgestellt, dass das Zusammenspiel verschiedener inhaltlicher Aspekte wie Handlung, Setting und Figuren, in Verbindung mit sozialen Aspekten, zur Popularität der TVSerie Game of Thrones beitragen.

Nicht nur Realitätsflucht

Doch nur mit Eskapismus oder Realitätsflucht lässt sich die Begeisterung in die Fantasiewelt nicht beschreiben. Denn oft haben die Fantasy-Spektakel auch etwas mit uns zu tun, schreibt Gerald Poscheschnik, Psychologe an der Universität Innsbruck, in “Game of Thrones – Fernsehserien als Artikulation gesellschaftlich-unbewusster Phantasien”. Fernsehserien können auch durchaus “gesellschaftspolitische Phantasien” in sich bergen. “Auf den ersten Blick bietet diese Fantasyorgie aus Sex, Blut, Gewalt, Drachen und Wiedergängern nur wenig Berührungspunkte und Parallelen zum Privaten und gesellschaftlichen Leben, eines/r durchschnittlichen, zeitgenössischen Zuschauers/-in”, so Poscheschnik.

Für den Psychologen verkörpern die drei Gebiete in GoT (Westeros, Der Norden und Essos) und die Handlungsstränge, die sich auf diesen Schauplätzen abspielen, das Unbewusste, das auch unsere heutige Gesellschaft prägt. Etwa die Welt im Konflikt, eine zunehmende Unsicherheit und ein Auseinanderklaffen der Gesellschaften.

Vergleiche mit realen Bedrohungen wie dem Klimawandel liegen hier nahe, denn auch dessen Gefahr wurde lange ignoriert und ausgeklammert.

Aber auch die Hoffnung werde verkörpert – auf eine gute Wendung, auf eine Lösung der Konflikte und eine Abwehr der Gefahr. In Zeiten der Angst und der Krise taucht immer Hoffnung auf und dient auch dazu, um uns über Schlimmes hinwegzutragen und zu trösten – auch dies ist eine Form des Selbstbetrugs, ähnlich der Verdrängung.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Castle Ward

    In “Game of Thrones” ist es die Festung Winterfell der Familie Stark. Wenn nicht gerade für die Serie gedreht wird, ist Schloss Ward an der Ostküste Nordirlands für Touristengruppen zugänglich. Besucher können sich hier in authentischer Kulisse im Bogenschießen oder Schwertkampf messen – in adäquatem Kostüm, versteht sich – und danach fürstlich dinieren.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Audley’s Field

    Von Castle Ward aus kann man zu Fuß einen weiteren Drehort entdecken. Auf seinem Feldzug gegen die Lennisters schlägt Robb Stark bei Audley’s Field sein Lager auf. Nach der Schlacht im Wisperwald nimmt er hier sogar Jaime Lennister gefangen. Wenig später fällt Robb allerdings einer Verschwörung zum Opfer und wird während der “Roten Hochzeit” ermordet.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Tollymore Forest

    Eine gute Autostunde entfernt liegt der verwunschende Tollymore Forest. Hier wird ein Großteil der Szenen, die im Umland von Winterfell spielen, gedreht. Im Tollymore finden die Stark-Kinder ihre Schattenwolf-Welpen und auch die Wildlinge wohnen dort. Für “Game of Thrones”-Fans ist der malerische Nationalpark ein absolutes Muss.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Dark Hedges

    So leer sieht man die Straße zwischen den Dark Hedges nur noch selten. Tagsüber stauen sich hier Autos und Touristenbusse. Denn die majestätische Buchenallee ist in “Game of Thrones” Teil der Königstraße, die von Königsmund in Richtung Norden führt. Über sie flieht Arya nach der Ermordung ihres Vaters aus der Stadt des Eisernen Throns und begibt sich auf eine lange und beschwerliche Reise.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Cushendun Caves

    Das extreme Wetter der irischen Nordküste hat sie über 400 Millionen Jahre geformt: Die Höhlen von Cushendun. Für die zweite Staffel von “Game of Thrones” wurden sie als Drehort benutzt. Hier bringt die Rote Priesterin Melisandre das schwarze Schattenmonster zur Welt, das schließlich Renly Baratheon tötet.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Shillanavogy Valley

    Rund dreißig Kilometer nördlich von Belfast findet man die Heimat der Dothraki. Viele Szenen rund um das mächtige Reitervolk entstanden in dem Tal am Fuße des Berges Slemish (Bild). In “Game of Thrones” liegt das “Dothrakische Meer” im Osten von Essos, einem gewaltigen Kontinent östlich von Westeros.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Portstewart Strand

    Der Strand von Portstewart gilt als einer der schönsten von Nordirland. Jaime Lennister und Ser Bronn liefern sich hier an der Küste von Dorne ein Gefecht mit Wachen der Martells. Die beiden sollen die entführte Myrcella wieder nach Königsmund zurückholen. Für die Wüstenstadt selbst dient die andalusische Stadt Sevilla als Kulisse.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Ballintoy

    Will man auf die Eiseninseln westlich von Westeros, kommt man hier an. Der Hafen von Ballintoy ist in “Game of Thrones” der Hafen von Peik, der Hauptinsel der Eiseninseln. Hier herrscht das Haus Graufreud über das Volk der Eisenmänner, das in ganz Westeros für seine Seefahrerkünste und seine starke Flotte bekannt ist. Auch am nahegelegenen Strand und in den umliegenden Dörfern wurde gedreht.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Larrybane

    In den Sturmlanden hat Renly Baratheon sein Lager aufgeschlagen. Bei einem Turnier besiegt Brienne von Tarth hier Loras Tyrell und wird zu Renlys Königsgarde ernannt. Danach entwickelt sich die starke Ritterin zu einer der Hauptfiguren der Serie. Auch in Staffel 8 wird sie wieder dabei sein.


  • Die Welt von “Game of Thrones” in Nordirland

    Downhill Beach

    An den schroffen Steilküsten im Norden der Insel liegt Drachenstein. Der einstige Stammsitz von Haus Targaryen ging nach einer erfolgreichen Rebellion für kurze Zeit in den Besitz der Baratheons über. Nun weilt Daenerys samt Armee und Drachen wieder in Westeros und bereitet sich von Drachenstein aus auf die Rückeroberung des Eisernen Throns vor.

    Autorin/Autor: Felix Schlagwein


Etwas “sehr Großes”

Kulturtheorie-Professor Söffner hält Game of Thrones für “etwas sehr Großes”, das man wohl auch in 100 Jahren noch kenne (oder eben nicht). Autsch. Zwar habe die Serie noch nicht die Dimension und vor allem die Figuren von “Star Wars”, womit George Lucas mehrere Generationen von Kindern beeinflusst habe. Doch sei es viel komplexer und größer aufgezogen als etwa Tolkiens “Der Herr der Ringe”. Entscheidend sei, wie US-Autor George R.R. Martin die Story weiterführe und ob die TV-Serie ihr Niveau bis zum Schluss halten könne.

Ob ich der Serie doch eine Chance gebe? Das bisher Verpasste aufzuholen, bedeutet laut Bingeclock zwei Tage, 17 Stunden und 32 Minuten reinen Serienmarathon.