Vergessen und verkannt: Frauen am Bauhaus

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Mehr Frauen als Männer schrieben sich 1919 am Bauhaus in Weimar ein. Berühmt wurden die wenigsten. Eine Ausstellung in Köln erzählt die Geschichte von zwei Kölnerinnen, deren Schicksal exemplarisch ist.

  • Frauen am Bauhaus

    Margarete Heymann-Loebenstein

    Ihr Name steht für avantgardistische Keramik und unternehmerisches Talent. Sie war nur kurz am Bauhaus, die Männer haben sie rausgeekelt. Nach ihrem Weggang vom Bauhaus gründete sie die keramischen Haël-Werkstätten in Brandenburg. Ihre Keramik wurde international bekannt. Nach 1933 war die Jüdin gezwungen, ihren Betrieb in Marwitz unter Wert zu verkaufen.

  • Frauen am Bauhaus

    Gunta Stölzl

    Zwischen 1919 und 1933 haben 780 Männer und 500 Frauen am Bauhaus studiert. Eine der Frauen, die in der Anfangszeit in Weimar ans Bauhaus kam, war Gunta Stölzl. Von 1925 bis 1926 war sie am Bauhaus Dessau Werkmeisterin der Weberei-Werkstatt, die sie danach leitete. Es entstanden bedeutende Teppiche und Webereien nach ihrem Entwurf.

  • Frauen am Bauhaus

    Anni Albers

    Die begehrten Malerei-, Architektur- und Bildhauerei-Klassen waren allein den Männern vorbehalten. Die Bewerberinnen kamen in eine eigens für sie gegründete “Frauenklasse”, die ab 1921 in der Weberei mündete. Als Anni Albers 1922 ein Studium in Weimar aufnahm, wechselte auch sie nach dem Vorkurs bei Johannes Itten zu Gunta Stölzl in die Weberei-Klasse.

  • Frauen am Bauhaus

    Marianne Brandt

    Sie setzte sich durch und studierte in der Männerdomäne Metallwerkstatt – und war erfolgreicher als manch einer ihrer Kommilitonen. Ihre Ideen hatten auf die Entwicklung der Formgestaltung im 20. Jahrhundert großen Einfluss. Berühmt wurde das von ihr gestaltete Gebrauchsgerät wie Tee- und Kaffeeservice, aber auch ihre spektakulären Lampenentwürfe gehören zu den Designklassikern.

  • Frauen am Bauhaus

    Gertrud Grunow

    Gertrud Grunow hatte Anfang des 20. Jahrhunderts eine eigene Musikpädagogik entwickelt. Am Bauhaus lehrte sie die Studierenden und Meister eine gleichberechtigte, harmonische Nutzung aller Sinne.

  • Frauen am Bauhaus

    Lilly Reich

    Sie war die Frau neben Architekt Mies van der Rohe. Im Januar 1932 berief sie der dritte Bauhaus-Direktor zur Leiterin der Bau-/Ausbauabteilung und der Weberei am Bauhaus Dessau und später am Bauhaus Berlin, wo sie bis Dezember 1932 tätig war. Sie entwarf Stühle und war am Bau des berühmten Barcelona-Pavillons für die Weltausstellung beteiligt.

  • Frauen am Bauhaus

    Lucia Moholy

    Der zweitgrößte Bereich, in dem Frauen am Bauhaus in Erscheinung traten, war die Fotografie. Nach der Berufung ihres Mannes László Moholy-Nagy 1923 an das Bauhaus Weimar begann Lucia Moholy in einem Fotoatelier eine Lehre und fotografierte Werkstattarbeiten des Bauhauses. Zu ihren bedeutenden Arbeiten zählt eine große Bildserie vom Neubau des Bauhauses und der Meisterhäuser in Dessau.

  • Frauen am Bauhaus

    Alma Buscher

    Sie kam 1922 ans Bauhaus und entwickelte dort kindgerechtes Spielzeug, das sowohl die Möglichkeit der Nachahmung als auch der freien kreativen Entfaltung bietet. Ihr “Kleines Schiffbauspiel” wird bis heute produziert.

    Autorin/Autor: Sabine Oelze


  • Frauen am Bauhaus

    Margarete Heymann-Loebenstein

    Ihr Name steht für avantgardistische Keramik und unternehmerisches Talent. Sie war nur kurz am Bauhaus, die Männer haben sie rausgeekelt. Nach ihrem Weggang vom Bauhaus gründete sie die keramischen Haël-Werkstätten in Brandenburg. Ihre Keramik wurde international bekannt. Nach 1933 war die Jüdin gezwungen, ihren Betrieb in Marwitz unter Wert zu verkaufen.

  • Frauen am Bauhaus

    Gunta Stölzl

    Zwischen 1919 und 1933 haben 780 Männer und 500 Frauen am Bauhaus studiert. Eine der Frauen, die in der Anfangszeit in Weimar ans Bauhaus kam, war Gunta Stölzl. Von 1925 bis 1926 war sie am Bauhaus Dessau Werkmeisterin der Weberei-Werkstatt, die sie danach leitete. Es entstanden bedeutende Teppiche und Webereien nach ihrem Entwurf.

  • Frauen am Bauhaus

    Anni Albers

    Die begehrten Malerei-, Architektur- und Bildhauerei-Klassen waren allein den Männern vorbehalten. Die Bewerberinnen kamen in eine eigens für sie gegründete “Frauenklasse”, die ab 1921 in der Weberei mündete. Als Anni Albers 1922 ein Studium in Weimar aufnahm, wechselte auch sie nach dem Vorkurs bei Johannes Itten zu Gunta Stölzl in die Weberei-Klasse.

  • Frauen am Bauhaus

    Marianne Brandt

    Sie setzte sich durch und studierte in der Männerdomäne Metallwerkstatt – und war erfolgreicher als manch einer ihrer Kommilitonen. Ihre Ideen hatten auf die Entwicklung der Formgestaltung im 20. Jahrhundert großen Einfluss. Berühmt wurde das von ihr gestaltete Gebrauchsgerät wie Tee- und Kaffeeservice, aber auch ihre spektakulären Lampenentwürfe gehören zu den Designklassikern.

  • Frauen am Bauhaus

    Gertrud Grunow

    Gertrud Grunow hatte Anfang des 20. Jahrhunderts eine eigene Musikpädagogik entwickelt. Am Bauhaus lehrte sie die Studierenden und Meister eine gleichberechtigte, harmonische Nutzung aller Sinne.

  • Frauen am Bauhaus

    Lilly Reich

    Sie war die Frau neben Architekt Mies van der Rohe. Im Januar 1932 berief sie der dritte Bauhaus-Direktor zur Leiterin der Bau-/Ausbauabteilung und der Weberei am Bauhaus Dessau und später am Bauhaus Berlin, wo sie bis Dezember 1932 tätig war. Sie entwarf Stühle und war am Bau des berühmten Barcelona-Pavillons für die Weltausstellung beteiligt.

  • Frauen am Bauhaus

    Lucia Moholy

    Der zweitgrößte Bereich, in dem Frauen am Bauhaus in Erscheinung traten, war die Fotografie. Nach der Berufung ihres Mannes László Moholy-Nagy 1923 an das Bauhaus Weimar begann Lucia Moholy in einem Fotoatelier eine Lehre und fotografierte Werkstattarbeiten des Bauhauses. Zu ihren bedeutenden Arbeiten zählt eine große Bildserie vom Neubau des Bauhauses und der Meisterhäuser in Dessau.

  • Frauen am Bauhaus

    Alma Buscher

    Sie kam 1922 ans Bauhaus und entwickelte dort kindgerechtes Spielzeug, das sowohl die Möglichkeit der Nachahmung als auch der freien kreativen Entfaltung bietet. Ihr “Kleines Schiffbauspiel” wird bis heute produziert.

    Autorin/Autor: Sabine Oelze


“Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, das webt, und sei es nur zum Zeitvertreib”, dichtete der Maler Oskar Schlemmer, der ab 1920 am Bauhaus als Meister tätig war. Dieser herablassende Blick auf die Frau als minderwertiges künstlerisches Wesen am Bauhaus spiegelt sich auch in der von Johannes Itten überlieferten Bemerkung, dass Frauen nur “zweidimensional sehen” könnten und daher besser “in der Fläche arbeiten” sollten. Itten leitete den sogenannten Vorkurs, eine Art Eignungslehre, am Bauhaus, den alle Studierenden durchlaufen mussten.

Erst jetzt, 100 Jahre nach der Gründung der berühmten Schule für Gestaltung durch Walter Gropius in Weimar, tauchen die Bauhäuslerinnen an der Oberfläche der Geschichte auf. Mehrere Publikationen, alle von Frauen geschrieben, sind anlässlich des Jubiläums neu erschienen. Ursula Muscheler beschäftigt sich in “Mutter, Muse und Frau Bauhaus” mit der Rolle der Frauen um Walter Gropius. Jana Revedin und Theresa Enzensberger haben mit “Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus” und “Blaupause” Romane über Bauhaus-Frauen geschrieben. 

Museen zeigen Ausstellungen von Bauhaus-Frauen

Das Programm des Staatlichen Bauhauses versprach 1919 eine moderne Ausbildung für Begabte, unabhängig von Alter und Geschlecht. Im Sommersemester 1919 schrieben sich vierundachtzig weibliche und neunundsiebzig männliche Studierende am Bauhaus in Weimar ein. Gleich mehrere Ausstellungen zeigen nun erstmals die Werke von Frauen: “4 Bauhausmädels” heißt eine von ihnen in Erfurt, die Tate Gallery in London und die Kunstsammlung K20 in Düsseldorf haben die Malerin Anni Albers mit einer Retrospektive geehrt.

Die Kölner Ausstellung “2 von 14” im Museum für Angewandte Kunst beleuchtet nun exemplarisch den Werdegang zweier Kölnerinnen. Wahrscheinlich mussten die Eltern von Margarete Heymann für die damals 19-Jährige eine Einverständniserklärung unterzeichnen, als sie sich in Weimar einschrieb. Während des obligatorischen Vorkurses bei Johannes Itten absolvierte die Kölnerin ein halbes Jahr in die Keramikwerkstatt. Zur Probe.

Schicksal der Margarete Heymann

Der Meister der Keramikwerkstatt, Gerhard Marcks, sowie sein Werkmeister Max Krehan müssen der ehrgeizigen und talentierten Frau dort das Leben schwer gemacht haben – allein aus dem Grund, dass sie eine Frau war. Die Keramikwerkstatt in Dornburg war ein reiner Männerclub und damit das so bleiben konnte, wurde Margarete Heymann nach ihrer Probezeit bescheinigt, sie sei zwar “künstlerisch begabt, aber nicht für die Werkstatt geeignet”. Heute würde man so etwas als “Mobbing” bezeichnen, sagt Kuratorin Romana Rebbelmund.

Marianne Heymann-Loebenstein um 1925

Margarete Heymann schloss ihre Ausbildung am Bauhaus nicht ab und gehört damit zu den vielen Frauen, die ihr Studium in Weimar bzw. Dessau nicht zu Ende brachten. Nur 36 Frauen der insgesamt 186 Absolventen hätten überhaupt einen Abschluss gemacht, erzählt Rebbelmund. Die meisten waren in der Weberei untergekommen, die man auch damals despektierlich “Frauen-Klasse” nannte.

Margarete Heymann stellte ihre Keramik in Serie her

Dass Margarete Heymann nicht nur künstlerisch begabt, sondern außerdem auch noch den unternehmerischen Geist des Bauhauses verstanden hatte, zeigt der Weg, den sie nach ihrem nicht ganz freiwilligen Abschied aus Weimar einschlägt. Sie heiratet 1923 – in der Zwischenzeit stellte sie bereits erste Keramiken am Kunstgewerbemuseum Köln aus – den Ökonomen Gustav Loebenstein. Mit ihrem Gatten gründet sie in Marwitz in Brandenburg die berühmten Haël-Werkstätten, wo sie Keramiken in Serie herstellt. Alle Entwürfe, die damals schon halbindustriell produziert wurden, stammen allein aus ihrer Hand. Die Dekore ihrer Service wurden von sogenannten Malmädchen wie am Fließband aufgetragen. Die Materialien wurden teils in fertige Formen gegossen. Mit diesen modernen Produktionswegen überholte sie das Bauhaus, das damals noch davon träumte, die Entwürfe in größeren Auflagen herzustellen.

Fruchtschale aus den Haël-Werkstätten in Marwitz um 1930

Inspirationen holte sie bei Kandinsky

Margarete Heymann ließ sich von Wassily Kandinskys Formensprache inspirieren: Kreise, Linien, leere Flächen, mit feinem Pinsel aufgetragen, prägen das Dekor. Jedes Stück ist ein Unikat. Ihre Devise lautete: ein Dekor für alles. Egal ob Aschenbecher oder Teetasse, wer wollte, konnte sich im Heymann-Stil einrichten. Mit ihrem Scheibenhenkelservice, das durch einen konischen Körper und die markanten Scheiben als Henkel in vielen Museen zu finden ist, erlangte sie schließlich Berühmtheit. “Meistens wurde es nicht benutzt”, sagt Romana, “es war einfach unhandlich”. Für die Kuratorin ist das zugleich ein Glücksfall, weil es in einem “außergewöhnlich guten Erhaltenszustand” sei.

Tête-à-Tête Mokkaservice aus den Haël-Werkstätten in Marwitz um 1929

In einem zweiten Teil beleuchtet die Ausstellung die Geschichte von Marianne Heymann. Die ebenfalls aus Köln abstammende Cousine von Margarete probierte ebenfalls ihr Glück am Bauhaus und schrieb sich 1923 in Weimar ein. Nach dem Vorkurs gelingt ihr 1924 die Aufnahme in die Bauhaus-Werkstatt für Holzbildhauerei und Bühnenkunst unter der Leitung von Formmeister Oskar Schlemmer.

Karriere am Theater

Auch von ihm ist überliefert, dass er der Meinung war, Schöpfertum sei generell männlich. Marianne Heymann verließ das Bauhaus nach der Übersiedlung nach Dessau im Jahr 1925, weil die Holzbildhauerei geschlossen wurde. Sie kam nach Köln zurück, wo sie sich besonders für die Bühnenkunst unter anderem an der Oper Köln engagierte. In Zusammenarbeit mit dem Puppenspieler Jupp Herzog, der an der Kölner Universität bei dem Theaterwissenschaftler Carl Niessen (1890–1969) studiert hatte, schnitzte Marianne Heymann über 100 Handpuppen. Die drei Puppen aus dem Münchner Stadtmuseum sind bislang die einzig bekannten und erhaltenen Exemplare aus diesem Kontext.

Mit dem Erstarken des Nationalsozialismus in Deutschland ist es den Cousinen nicht möglich, weiter zu arbeiten. Marianne fällt durch Provokationen mit einer Hakenkreuz-Figurine sowie einem Hitler-Hampelmann in Ungnade. Ihre Cousine Margarete Heymann war nach 1933 gezwungen, ihren Betrieb in Marwitz unter Wert zu verkaufen. Die Jüdin emigrierte 1936 nach Großbritannien und gründete in London nochmals eine Firma, die “Greta Pottery”. Das 100jährige Jubiläum bringt – wenn auch spät –  das Wirken dieser bedeutenden Künstlerinnen ans Licht.