Afrikas Kampf gegen krank machendes Essen

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Verdorbene Lebensmittel verursachen in Afrika riesige gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden. Während Gesetze für sichere Exportprodukte sorgen, muss der Verbraucherschutz in afrikanischen Ländern verbessert werden.

Kleine Fliegen sind auf Märkten allgegenwärtig. Sie schwirren herum, setzen sich auf Lebensmittel. Sie sind nicht nur lästig, sondern auch gefährlich. Denn Fliegen können Krankheitserreger wie Salmonellen oder E. coli übertragen und Magen-Darm-Erkrankungen bei Menschen auslösen. An den beliebten Imbissständen in Uganda, wo rohes und gekochtes Schweinefleisch verkauft, hat das International Livestock Research Institute beispielsweise in jedem dritten Stück Fleisch Salmonellen gefunden.

Lebensmittelbedingte Erkrankungen, verursacht durch Bakterien, Parasiten, Gifte oder unsachgemäße Lagerung der Nahrungsmittel, sind in vielen afrikanischen Ländern ein Problem. Über 91 Millionen Menschen erkranken jedes Jahr an Lebensmittelinfektionen und etwa 137.000 Menschen sterben an den Folgen, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nirgendwo sonst auf der Welt erkranken so viele Menschen an Lebensmittelinfektionen wie in Afrika.

Sichere Lebensmittel für den Export

Doch anstatt das Thema Lebensmittelsicherheit im eigenen Land anzugehen, haben afrikanische Regierungen in der Vergangenheit ihren Fokus auf das Einhalten von internationalen Lebensmittelstandards für Exportgüter gelegt. Damit wollten sie den Handel und ihre Wirtschaft ankurbeln. Auch Hilfsorganisationen haben bisher eher Projekte finanziert, die dem Exportmarkt zu Gute kamen, laut einem kürzlich erschienen Bericht des Global Food Safety Partnership, eine Initiative der Weltbank.

Vor allem Fleisch und Fisch, das ungekühlt gelagert wird, können schnell zu einem Gesundheitsrisiko werden

“Das sind berechtigte, wertvolle Investitionen. Aber nun stellt man fest, dass es ein großes Gesundheitsproblem in Afrika gibt”, sagte Michael Taylor, Co-Autor des Berichts, gegenüber der DW. Denn verdorbene Lebensmittel können nicht nur zu Magen-Darm-Beschwerden führen, sondern auch langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben. Das Gift Aflatoxin beispielsweise, das durch Schimmelpilze in Mais, Erdnüssen und anderen Grundnahrungsmitteln entstehen kann, ist krebserregend und löst bei Kindern Entwicklungsstörungen und Leberschäden aus. 

Die chronische Belastung durch Aflatoxine und andere lebensmittelbedingte Krankheiten verursachen auch einen wirtschaftlichen Schaden. Die Weltbank schätzt, dass dem afrikanischen Kontinent dadurch 14,6 Milliarden Euro (16,7 Milliarden Dollar) an Produktivität verloren gehen. Lebensmittelbedingte Krankheiten kosten die Länder damit genau so viel wie HIV/Aids, Malaria oder Tuberkulose.

Lebensmittelsicherheit in Afrika wird wichtiger

Mittlerweile sind sich afrikanische Regierungen und Entwicklungsorganisationen darüber bewusst, wie wichtig das Thema ist. Lebensmittelsicherheit habe sich zu einem der neuen panafrikanischen Themen entwickelt, sagt Kefilwe Moalosi von NEPAD, der Entwicklungsorganisation der Afrikanischen Union. Als Beispiel nennt sie die Partnerschaft für die Kontrolle von Aflatoxinen in Afrika (PACA), die 2014 von der Afrikanischen Union gegründet wurde. PACA hilft Regierungen dabei, ihre Lebensmittelmärkte besser zu regulieren, klärt Kleinbauern auf, wie man frische Produkte am sichersten lagert und investiert in Technologien und Labore, um den Gehalt von Aflatoxin zu messen und zu kontrollieren.

70 Prozent aller Lebensmittel werden auf Märkten oder am Straßenrand verkauft

Regionale Wirtschaftsmärkte wie COMESA für Ost- und Südafrika arbeiten an einheitlichen Standards für Nahrungsmittel. Und Mitte Februar treffen sich Regierungsvertreter zur ersten afrikanischen Konferenz für sichere Lebensmittel. “Das alles zeigt, dass Afrika hier übernimmt und versucht, das Thema Lebensmittelsicherheit anzugehen”, sagte Moalosi gegenüber der DW.

Verbraucher müssen aufgeklärt werden

Doch Experten warnen davor, dass die Anstrengungen bei weitem nicht ausreichen. Bisher wurden Maßnahmen vor allem dann ergriffen, wenn die Krise schon da sei, sagt Abebe Haile Gabriel, Vertreter der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Ghana. “Immer erst wenn ein Problem bezüglich Verschmutzung oder Lebensmittelsicherheit bekannt wird, versuchen die relevanten Akteure, die Medien, die Regierung und die Verbraucher darauf zu reagieren”, sagte er der DW.

Gabriel wünscht sich eine “vorausschauende, strategische und inklusive” Herangehensweise, die vor allem die Verbraucher mit einbindet. Er ist mit dieser Forderung nicht alleine. Lystra Antoine, Vorstandsvorsitzende des Global Food Safety Partnership, will Verbraucher mehr über Risiken aufklären, damit sie ihr Recht auf sichere Lebensmittel einfordern können.

Mehr dazu: Bewusstsein für Lebensmittelsicherheit wächst

“Wenn Verbraucher informiert und aufgeklärt sind, können sie bessere Entscheidungen darüber treffen, wo sie ihr Essen kaufen, wie sie es zubereiten, wie sie es lagern”, sagte Antoine der DW. Wenn Verbraucher Forderungen stellen, müssten sich Anbieter danach richten. Somit würde die Lebensmittelsicherheit nicht nur durch Gesetze verbessert werden, sondern auch durch Marktanreize, erklärt Antoine.

Erfolgsgeschichten

Die große Herausforderung ist, Verbraucher und Verkäufer zu erreichen. Denn in Afrika werden 70 Prozent aller Lebensmittel auf Märkten oder am Straßenrand verkauft. Milchprodukte, Fleisch und Fisch sind selten gekühlt, das Risiko krank zu werden ist hoch. Antoine möchte, dass auf den Märkten Poster mit relevanten Informationen aufgehängt und dass Kampagnen über Social Media oder SMS gestartet werden. Wie genau das aussehen soll, wird von Land zu Land unterschiedlich sein, je nach dem was die Menschen vor Ort am meisten anspricht.

Kleinbauern produzieren einen Großteil der Lebensmittel, die in Afrika konsumiert werden

Lösungen müssen nicht teuer oder kompliziert sein, sagen Experten. In Ugandas Imbissen, wo jedes dritte Stück Fleisch mit Salmonellen befallen war, haben die Besitzer Netze über ihre Waren gelegt und so die Gefahr für Verunreinigungen halbiert, beobachteten Forscher vom International Livestock Research Institute. In Kenia, wo ein Großteil der Milch von Kleinbauern verkauft wird, hat eine Gesetzesänderung 2004 dazu geführt, dass sie in der hygienischen Milchproduktion geschult und dann lizenziert wurden. Sie konnten sicherere Waren anbieten und auch ihr Einkommen steigern. 

“Wir haben einige Erfolgsgeschichten gesehen, deswegen wissen wir, dass man Lebensmittelsicherheit vor Ort vorantreiben kann”, sagte Antoine von Global Food Safety Partnership. “Was wir jetzt sehen wollen sind größere Investitionen in solche Projekte, damit sie erweitert werden und das Leben von Afrikanern verbessern können.” Die Experten sind sich einig, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, die Lebensmittelsicherheit in Subsahara-Afrika zu verbessern. Aber die Regierungen und Entwicklungsorganisationen seien auf dem richtigen Weg. Sie hätten erkannt, wie wichtig sicherere Lebensmittel für ihre Bevölkerung und wirtschaftliches Wachstum sind.