Freudenberg – eine Stadt wird Instagram-Hotspot

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Gestern noch ein verschlafenes Städtchen, heute Instagram-Hotspot. Fotos von Freudenbergs Fachwerkhäusern locken Besucher aus aller Welt nach Nordrhein-Westfalen. Ein Ortstermin.

Vom Stadtzentrum zur Aussichtsplattform im Kurpark führt eine steile Treppe. 120 Stufen später verstehe ich auf Anhieb, warum Touristen aus der ganzen Welt hier raufkommen. Hier oben liegt mir der “Alte Flecken”, die Altstadt von Freudenberg, zu Füßen. Will heißen, unter mir reihen sich in perfekter Harmonie 80 Fachwerkhäuser aus dem 17. Jahrhundert, spitze Giebel dicht an dicht, die Dächer schneebedeckt. Wie eine Illustration zu einem Märchen der Gebrüder Grimm.

Freudenberg ist eine Winterschönheit, das steht fest. Das 18.000-Einwohner-Städtchen in Nordrhein-Westfalen liegt etwa eine Autostunde östlich von Köln im Siegerland, umgeben von Wald. Fotos auf Instagram haben Freudenberg zu einem touristischen Hotspot werden lassen. Wer den Hashtag #Freudenberg eingibt, findet etwa 11.000 Posts auf der Foto-Sharing Plattform.

Die meisten Bewohner der historischen Altstadt fühlen sich von den Touristen nicht gestört

Und weil so viele Menschen aus aller Welt unter diesem Hashtag ihre Bilder veröffentlichen, kann sich der kleine Ort inzwischen vor Touristen kaum noch retten. “In den vergangenen sechs Monaten hat sich das Interesse an den Fotos in den sozialen Medien vervielfacht. Mit der Popularität im Netz steigen die Besucherzahlen, das spüren wir”, bestätigt Bürgermeisterin Nicole Reschke. “Wir sind gespannt, ob dieser Trend anhält”.

Die meisten Fans kommen aus Japan

Busseweise kommen Touristen aus Fernost in den Ort. Die Busse parken dann am Fuße der Treppe, die zum Aussichtspunkt führt. Neben dem Panoramablick auf Freudenberg machen die Gäste auch Fotos vom Kurpark, der Open-Air Bühne, dem Technologie-Museum und den Wanderwegen ringsum.

Im Schnitt zählt Freudenberg 30.000 Übernachtungsgäste jährlich. Da sind die Tagestouristen nicht einkalkuliert. Und gerade deren Anteil hat enorm zugelegt. Wieviele Besucher es wirklich sind, sei schwer zu erfassen, erklärt Nicole Reschke, die meisten Bustouristen blieben nur ein paar Stunden und reisten dann weiter.

2018 gab Freudenberg seinen erste Flyer in japanischer Sprache heraus

“Seit im japanischen Fernsehen über uns berichtet wurde, ist der Anteil japanischer Touristen in den letzten drei bis vier Jahren enorm gestiegen”, so Bärbel Bäumer von der Touristinformation Freudenberg. “Ich vermute, Freudenberg ist bei Gruppenreisen mittlerweile als Programmpunkt fest eingeplant.”

Die Stadt hat auf den Ansturm reagiert, Flyer und Stadtpläne gibt es nun auch in japanischer Sprache. Und Freudenberg hat sich spezielle Souvenirs einfallen lassen, solche, die leicht sind und bei einem Langstreckenflug noch gut ins Gepäck passen. Das charakteristische Schwarz-Weiß-Raster der Fachwerkhäuser ziert nun hippe Taschen, Schlüsselanhänger oder dekorative Schiefertafeln.

Von oben sehen die Häuser fast gleich aus, erst auf Augenhöhe entdeckt man die Varianz in der Architektur

Blick in die Zukunft

Weil jetzt mehr Besucher in die Stadt strömen und hinauf zum Kurpark pilgern, um dort ihre Fotos zu machen, will die Stadt den Park sanieren. Zwei Millionen Euro sollen investiert werden. Unter anderem ist ein Café, wenigstens aber ein Kiosk neben der Aussichtsplattform geplant. Behindertenparkplätze sollen eingerichtet werden, damit auch Menschen mit Handicap in den Genuss des Ausblicks kommen können. Auch die steile Treppe wird saniert – sie soll abgeflacht werden und damit leichter zu bewältigen sein.

Nicole Reschke hofft, dass irgendwann ein kleiner selbstfahrender Elektrobus Gäste vom Stadtzentrum zum Aussichtspunkt bringt. “Aber das ist noch Zukunftsmusik”, fügt sie hinzu.

Schon vor dem Instagram-Boom zog es Touristen aus dem Ausland nach Freudenberg, berichtet Bürgermeisterin Nicole Reschke

Ein Balanceakt

Und wie fühlen sich die Einwohner angesichts der Touristenmassen, die sich durch ihr beschauliches Städtchen schieben? Besonders voll wird es zwischen Mai und September.

“Wir kommen klar. Die meisten Touristen sind sehr nett”, meint Bärbel Bäumer, die in einem der hübschen Fachwerkhäuser lebt.

“Wem das zu viel ist, der sollte besser wegziehen. Die meisten Einwohner haben keine Probleme mit den Touristen”, ergänzt Nicole Reschke.

“Es wird eine zentrale Aufgabe werden, die Bedürfnisse der Tourismusindustrie und die der 18.000 Einwohner unter einen Hut zu bringen”, betont die Bürgermeisterin. “Wir müssen darauf achten, dass unser Städtchen, nun, da es ein touristischer Hotspot ist, nicht zu einem Open-Air-Museum verkommt – hier leben in erster Linie Menschen. Ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg.”


  • Deutschlands schönste Fachwerkstädte

    Quedlinburg

    Deutschlands größte Fachwerkstadt mit mehr als 1300 Fachwerkhäusern ist Quedlinburg am Rande des Harzes. Hier reihen sich die Häuser mit dem typischen Skelettbau aus Holz dicht an dicht. Sie sind ein Zeugnis von Bürgerstolz und städtischem Wohlergehen vergangener Zeiten. Jedes Gebäude ist individuell mit unterschiedlichen Farben gestaltet. 1994 wurde die Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.


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    Celle

    Im niedersächsischen Celle reihen sich die Fachwerkhäuser wie Perlen an einer Schnur entlang der Straßen. Über 500 gibt es, aufwendig restauriert und denkmalgeschützt. Besonders alte Häuser besitzen noch eine Durchfahrt zum Hof, in denen die Ackerbürger von Celle ihre Ernte einbringen konnten. Der prächtigste Fachwerkbau verziert mit Fabelwesen ist das Hoppener Haus von 1532.


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    Fritzlar

    Seit Jahrhunderten hat sich Fritzlars Stadtbild nicht mehr verändert. Fachwerkhäuser, enge Gassen, und überall liebevolle Details. Dazwischen kleine Restaurants, Eisdielen und Cafés – eine idyllische, beschauliche Atmosphäre. Glanzstück der hessischen Stadt ist der historische Marktplatz, ein wunderschönes Ensemble aus individuell gestalteten Fachwerkhäusern.


  • Deutschlands schönste Fachwerkstädte

    Monschau

    “Perle der Eifel” wird Monschau wegen seines reichen Kulturschatzes genannt. Im historischen Stadtkern der alten Tuchmacherstadt wechseln sich urige Fachwerkhäuser mit prachtvollen Wohnhäusern ab. Rund 300 denkmalgeschützte Gebäude gibt es. In den engen Gassen mit Kopfsteinpflaster verbergen sich hinter den Fachwerkfassaden kleine Kunstgalerien und Boutiquen.  


  • Deutschlands schönste Fachwerkstädte

    Bernkastel-Kues

    Zwischen Mosel und Weinberge eingebettet liegt Bernkastel, das 1905 mit Kues auf der gegenüberliegenden Flussseite zusammengeschlossen wurde. Enge, dicht bebaute Gassen führen zum Marktplatz, der von prachtvollen Fachwerkhäusern umgeben ist. Auffällig sind hier die spitzen Dächer, denn die Häuser wurden aufgrund des Platzmangels möglichst hoch gebaut.


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    Esslingen

    Ebenfalls von Weinbergen umgeben liegt Esslingen im Tal des Neckars mit mehr als 200 Fachwerkhäusern aus dem 13. bis 16. Jahrhundert. Hier befindet sich auch die älteste zusammenhängende Fachwerkzeile Deutschlands. Typisch sind die Pfleghöfe, in der die Klöster keine Kranken pflegten, sondern ihren Wein lagerten.


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    Tübingen

    Mittelalterliches Fachwerk in all seinen Formen und Farben, authentisch erhaltene Straßen und enge Gassen machen Tübingen zu einem beliebten Touristenziel am Rande der Schwäbischen Alb. Hügelig geht es rauf und runter vom Fluss Neckar zum Schloss Hohentübingen. Im Gegensatz zur Bausubstanz sind Tübingens Einwohner sehr jung, denn rund ein Drittel der Bevölkerung sind Studenten.


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    Rothenburg ob der Tauber

    Rothenburg ob der Tauber ist ein Sinnbild deutscher Romantik, sie ist die wohl bekannteste Fachwerkstadt Deutschlands und gehört mit jährlich zwei Millionen Gästen zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Bayerns. Neben Baudenkmälern, verschachtelten Gassen und Fachwerkhäusern ist die Stadtmauer mit 42 Türmen gänzlich erhalten.


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    Bamberg

    In Bamberg stehen 2400 Gebäude unter Denkmalschutz. Die Innenstadt gilt als größter unversehrt erhaltener Stadtkern Deutschlands und wurde 1993 zum Weltkulturerbe erklärt. Ein beliebtes Fotomotiv ist das Bamberger Rathaus, das auf einer künstlichen Insel mitten im Fluss Regnitz erbaut wurde. Dahinter reihen sich dicht an dicht kleine Fachwerkhäuser, in denen einst Fischer wohnten und arbeiten.


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    Stade

    Nicht weit von Hamburg entfernt liegt die Fachwerkstadt Stade. Sie ist Teil der Deutschen Fachwerkstraße wie über 100 weitere Städte. Wer mehrere besichtigen will, kann sich einen Streckenabschnitt vornehmen. Insgesamt ist die Ferienstraße 3500 Kilometer lang und erstreckt sich von der Elbe im Norden bis hin zum Bodensee im Süden.

    Autorin/Autor: Elisabeth Yorck von Wartenburg