Schalker Torwartwechsel zum Sieg

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Gegen den VfL Wolfsburg setzt Schalkes Trainer Tedesco seinen Kapitän und Stammtorwart auf die Bank und schenkt einem Nachwuchsmann das Vertrauen. Und der zahlt mit Paraden zurück.

Nach fünf Minuten hallten “Alex Nübel”-Gesänge durch das Schalker Stadion. Der junge Torhüter hatte gerade nach einem Kopfball des Wolfsburgers Admir Mehmedi aus kurzer Distanz mit einem Riesen-Reflex sein Können unter Beweis gestellt. Und als drei Minuten später Daniel Caligiuri einen Foulelfmeter zum 1:0 verwandelte (8. Minute), dürfte sich S04-Trainer Domenico Tedesco gedacht haben: “Alles richtig gemacht”.

Denn Tedesco hatte sich auf ein gewagtes Spiel eingelassen, indem er seinen Kapitän und Stammtorwart Ralf Fährmann auf die Bank setzte und stattdessen Nachwuchsmann Nübel eine Chance gab. “Die Entscheidung ist uns extrem schwergefallen. Er ist zu Recht unser Kapitän und bleibt es auch, ein super Mensch und super Torwart. Aber in den letzten Spielen waren ein paar Unsicherheiten dabei. Und Alex hat es im Training auch super gemacht”, sagte Tedesco vor dem Spiel gegenüber dem Fernsehsender Sky. Welche Tragweite die Personalie hat, zeigt der Nachsatz, dass er sie mit Vostand und Aufsichtsrat abgesprochen habe.

Während Nachwuchsmann Nübel glänzen darf, schmort Schalkes Stammtorwart Fährmann auf der Bank

“Hoch professionelle Reaktion”

Tedesco hatte offenbar die Winterpause genutzt, um sich Gedanken zum machen, wie er die Mannschaft wachrütten kann. Denn diese Mannschaft, eben noch Vizemeister und nach der Hinrunde näher am Abstieg denn an den Europacup-Plätzen, brauchte offenbar einen Weckruf. Was der Trainer allerdings bei Sky heftig dementierte: “Null Komma Null” sei da dran, es sei ausschließlich um die Sache, sprich um die Leistung gegangen. So hatte der Trainer nach Bild-Informationen Fährmann in einem Vier-Augen-Gespräch schon vor dem Trainingslager in Benidorm darüber informiert, dass sein Stammplatz nicht mehr sicher sei. Fährmann hat das, so Tedesco, “hoch professionell” aufgenommen.

Dass die Wolfsburger durch Elvis Rexhbecaj schon nach 20 Minuten zum Ausgleich kamen, konnte auch der gute Nübel nicht verhindern, wohl aber die Wolfsburger Führung, die wenig später beim Versuch von Yannick Gerhardt durchaus möglich gewesen wäre. In beiden Fällen, wie auch vielen anderen Gelegenheiten, hatte das Schalker Kollektiv geschlafen. Nach einer halben Stunde Spielzeit brachten es die Gäste auf über 70 Prozent Ballbesitz. Kurz vor dem Pausenpfiff befreiten sich die Schalker wieder aus ihrer Starre und zeigten wenige gelungene Ansätze. Torschütze Caligiuri erklärte nach der Begegnung bei Sky: “Wir haben sehr schwer ins Spiel gefunden, dann haben wir auf die Dreierkette umgestellt und hatten einen besseren Zugriff.”

Viel Kampf, wenig Glanz

Erst nach Wiederanpfiff wurden die Versuche der Gelsenkirchener konkreter, aber Mark Uths Kopfball konnte Torwart Koen Casteels von der Linie kratzen, der Kopfball von Rudy Sekunden später landete auf der Latte. Doch es sollte zunächst nur ein kurzes Strohfeuer gewesen sein, denn wenig später verfiel Königsblau wieder in die alte Lethargie.

Als die Partie komplett zu verflache drohte, schnappte sich der quirlige Weston McKennie in der eigenen Hälfte den Ball, durfte ungestört durch das verwaiste Mittelfeld traben und auf Caligiuri am rechten Strafraumeck ablegen. Der Ex-Wolfsburger ließ seinen Gegenspieler aussteigen und schloss überlegt mit Links in den linken Winkel zum 2:1 ab (78.). “Den habe ich perfekt getroffen”, zeigte sich Caligiuri erleichtert. 

“Perfekt getroffen” – Doppel-Torschütze Caligiuri (l.) bei seinem 2:1 für Schalke

In der Folge zeigten die Schalker das, was sie so lange missen ließen: Einsatz, Wille, Leidenschaft. “Der Kampf ist die Basis”, hatte Tedesco zuletzt gebetsmühlenartig gepredigt, nur umgesetzt wurde das eher selten. Und so war es ein Arbeitssieg, den die Schalker feiern durften. Ihnen wird es egal sein. Der Jubel jedenfalls war groß, nicht nur bei Alexander Nübel.

Domenico Tedesco war nach der Begegnung sichtlich angerührt. Angesprochen darauf, ob die Torwartfrage nun dauerhaft gelöst sei, eierte er herum, um dann beiden Torhütern sein Vertrauen auszusprechen. Wer es wollte, der konnte durchaus in die Antwort hineininterpretieren, dass Fährmann es auf absehbare Zeit schwer haben wird, auf seinen Platz auf dem Platz zurückzukehren.

Hier können Sie die Höhepunkte der Partie noch einmal chronologisch nachlesen.