Klimakonferenz: “Wir fahren diesen Planeten gerade an die Wand”

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Wieder einmal geht eine Klimakonferenz wohl in die Verlängerung. Und gestritten wird wieder einmal darum, ob arme und reiche Länder gleich viel Klimaschutz betreiben müssen. Und arabische Staaten bremsen, wo sie können.

Protest: Schüler auf dem Weltklimagipfel

Jochen Flasbarth, Staatssekretär im deutschen Umweltministerium, ist ein Veteran auf Klimakonferenzen. An diesem Freitagmorgen sieht man ihm an, dass er wieder eine ganze Nacht verhandelt hat. Über stärkere Klimaziele, über die Frage, wie das alles bezahlt werden kann, vor allem, wer es bezahlen soll. Wieder sind die Fortschritte nur schwer messbar. Und wieder einmal ist unklar, wann denn die Klimakonferenz, diesmal in Kattowitz in Polen, zu Ende sein wird. Alles eine Frage der Nerven.

Ärger mit einem Klima-Wissenschaftler

Aber jetzt hat Flasbarth erst einmal ein Anliegen. Denn Hans Joachim Schellnhuber, einer der führenden deutschen Klimawissenschaftler, hat harte Kritik an den alljährlichen Klimatreffen geübt. Schellnhuber hatte in Kattowitz über die Erfolge im Klimaschutz gesagt: “Das Defizit ist irrsinnig. Kaum ein Staat tut genug. Wir fahren diesen Planeten gerade an die Wand. Das Format der Klimakonferenzen läuft sich möglicherweise tot!” Flasbarth kann mit diesem Fatalismus nichts anfangen: “Es ist gut, dass wir solche Wissenschaftler haben, aber es auch gut, dass die keine Politik machen. Dann würde mir echt angst und bange.” Der Ärger über Schellnhuber ist Flasbarth anzumerken.

Klima-Veteran: Jochen Flasbarth aus dem deutschen Umweltministerium

Nur noch für Fachleute überschaubar

Tatsächlich ist nur noch für Fachleute überschaubar, worum es in Kattowitz wirklich geht und warum wohl wieder eine Klimakonferenz bis Samstag in die Verlängerung geht, wie so viele Klimatreffen in den letzten Jahren auch. Umweltministerin Svenja Schulze von der SPD ist zum ersten Mal dabei und bleibt optimistisch: “Wir bewegen uns auf die Zielgerade zu. Aber es sieht gut aus. Ich glaube schon, dass wir das am Ende hinbekommen können.”

Am Ende zählt nur Einstimmigkeit

Rund 140 Seiten hat der Vorschlag für eine Abschlusserklärung, die die polnische Präsidentschaft der Klimakonferenz erstellt hat. Viele Punkte sind noch ungeklärt und müssen weiter verhandelt werden, denn am Ende zählt auf Klimakonferenzen der Vereinten Nationen das Einstimmigkeitsprinzip. Jeder Staat muss zustimmen, eine einzige Gegenstimme bringt alles zum Einsturz.

Das dürfte noch dauern: bislang gibt es keine Einigung in Kattowitz

Der alte Gegensatz: Reiche gegen arme Staaten

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Der Hauptknackpunkt: Wieder einmal geht es auf einer Klimakonferenz um den Gegensatz zwischen Industrie – und Entwicklungsländern, zu denen sich immer noch China zählt, obwohl weltweit längst die meisten Klimagase aus China stammen. Auf der Konferenz vor drei Jahren in Paris hatten alle Staaten zusammen feierlich beschlossen, eigene nationale Klimaziele vorzulegen. Jetzt, in Polen, soll eine Art Gebrauchsanweisung erstellt werden, wie genau das geschieht. Müssen reiche und arme Staaten dabei die gleichen Bedingungen erfüllen? Das wollen viele Industriestaaten. Oder gibt man den Entwicklungsländern doch noch mehr Zeit, um die Klimaziele zu formulieren? Darauf pocht China. Und ganz wichtig: Alle Staaten sollen Transparenz herstellen über ihre Klimapolitik. Und da will sich eben nicht jeder Staat in die Karten schauen lassen.

Arabische Staaten als Bremser

Eine ganz unrühmliche Rolle spielten dabei die arabischen Staaten, wie ein deutscher Verhandler frustriert sagt: “Die größten Bremser sind und waren die arabischen Staaten in diesem Prozess und daran hat sich nichts geändert.” Das sehen auch Umweltaktivisten wie Martin Kaiser von Greenpeace so: “Die Regierungen aus der arabischen Region fallen immer noch weit hinter das zurück, was es in diesen Ländern an Potenzial etwa für die Erneuerbaren Energien gibt”, sagt er am Freitag zur DW. Besonders betrifft das Staaten wie Saudi-Arabien, Kuwait und Katar. Andere Länder wie Ägypten spielen konstruktivere Rollen. So hat Ägyptens Umweltministerin Yasmine Fouad  gerade in Kattowitz zusammen mit Flasbarth das Kapitel über künftige Finanzierungsfragen verfasst. Aber zusammen mit Russland und den USA haben Saudi-Arabien und Kuwait versucht, die jüngsten dringenden Warnungen von Klima-Wissenschaftlern, die diese im Oktober in einem Bericht veröffentlicht hatten, herunter zu spielen.

Führungsposition zu vergeben

Die Klima-Konferenz will den Bericht mit großer Mehrheit begrüßen, die vier Öl-Und Kohle-Staaten wollen ihn nur “Zur Kenntnis ” nehmen. Wortklauberei, die die Gesprächs-Atmosphäre vergiftet. Für Kaiser zeigt das: Es gibt kaum noch treibende Kräfte auf Klimakonferenzen, das macht es den arabischen Staaten leicht: “Mit dem Wegfall der USA, mit dem Wegfall der wichtigen Vermittlerrolle von Brasilien und der Agonie Europas in der Frage des Klimaschutzes ist kein Länderblock in der Lage momentan, eine  Führungsrolle zu übernehmen. “Derweil richten sich die Delegierten aus den 190 Staaten in Kattowitz auf eine Marathon-Verhandlung bis Samstag ein.