Madrid im Superclasico-Ausnahmezustand

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Die spanische Hauptstadt rüstet sich für das brisante Final-Rückspiel der Copa Libertadores zwischen den Erzrivalen aus Buenos Aires, River Plate und Boca Juniors. Die Furcht vor Fankrawallen ist groß.

Ob Pedro Sanchez seinen Tweet bereits bereut? Vor acht Tagen, auf dem Weg zum G20-Gipfel in Buenos Aires hatte der spanische Ministerpräsident getwittert, Spanien sei bereit, das Final-Rückspiel der Copa Libertadores zwischen den argentinischen Erzrivalen River Plate und Boca Juniors auszurichten. Die Sicherheitskräfte seines Landes, so Sanchez, verfügten über ausreichend Erfahrung, um möglichen Auswüchsen rund um das brisante Duell Herr zu werden.

Nach dem 2:2 im Hinspiel war das eigentlich für den 24. November geplante Rückspiel in der argentinischen Hauptstadt abgesagt worden, nachdem River-Plate-Fans den Boca-Teambus auf dem Weg ins Stadion mit Steinen beworfen hatten. Mehrere Spieler waren verletzt worden. Der südamerikanische Verband CONMEBOL nahm das Angebot des spanischen Regierungschefs Sanchez an und vergab das entscheidende Spiel für diesen Sonntag (Anstoß 20:30 Uhr, ab 20:15 Uhr MEZ im DW-Liveticker) nach Madrid. Dort grassiert nun die Angst vor massiven Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Fan-Gruppen beider Teams.

Auf getrennten Wegen zum Stadion

Angriff auf Boca-Teambus in Buenos Aires

Man erwarte “das Spiel mit dem größten Gewaltrisiko in der Geschichte Spaniens”, hieß es im Innenministerium. Im Umfeld des argentinischen “Superclasico” sind in Madrid rund 5000 Sicherheitskräfte im Einsatz, mehr als beim spanischen “Clasico” zwischen Real und dem FC Barcelona. Die Karten für das Finalspiel der Copa Libertadores sind personalisiert, werden nur gegen Vorlage eines Passes ausgegeben und dürfen nicht weitergegeben werden. Um die Fans beider Teams zu trennen, werden sie von unterschiedlichen Seiten aus zum Stadion geleitet. In Argentinien würden sie sich gar nicht erst beim Spiel begegnen. Dort sind seit 2013 nach zahlreichen Gewaltexzessen im Fußball Gästefans aus den Stadien verbannt.

Hooligan nach Argentinien zurückgeschickt

Das Estadio Santiago Bernabeu, Spielstätte von Real, fasst rund 81.000 Menschen. In Spanien leben rund 250.000 Argentinier, von denen sich viele die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen, zwei Top-Teams aus ihrer Heimat in einem Finale zu beobachten. Auch die Plätze in den Linienflügen zwischen Buenos Aires und Madrid waren im Nu vergriffen, Sonderflüge wurden arrangiert. Am Flughafen in Madrid wurde ein berüchtigter Boca-Hooligan an der Einreise gehindert und gleich wieder zurück nach Argentinien geschickt. Die Bürgermeisterin von Madrid, Manuela Carmena, mahnte die Anhänger beider Klubs zur Ruhe: “Auf dass es um Himmels willen nicht einmal den kleinsten Akt von Gewalt gebe! Möge der Beste gewinnen und auf dass alle dieses Sportereignis genießen!”

Training von River Plate in Madrid vor dem Copa-Finale

Die Spieler beider Teams versuchen sich derweil, auf die sportliche Aufgabe zu konzentrieren. “Wir dürfen nicht darüber nachdenken, was passiert ist”, sagte Javier Pinola, ehemaliger Bundesliga-Profi beim 1. FC Nürnberg und heute Verteidiger von River Plate. “Wir müssen ein Spiel absolvieren und hoffen, dass es friedlich vorbeigeht.” River Plate strebt seinen vierten Titel in der südamerikanischen Champions League an, für Boca Juniors River Plate wäre es der siebte Sieg bei der Copa Libertadores. “Wir müssen kühlen Kopf bewahren und uns auf das Spiel fokussieren”, forderte Boca-Stürmer Carlos Tevez.

Maradona beschimpft CONMEBOL-Funktionäre

Der 34 Jahre alte Star, der früher unter anderem für Manchester City und Juventus Turin auf Torejagd gegangen war, kritisierte die Entscheidung der Funktionäre, das Spiel nach Spanien zu verlegen: “Sie haben uns den Traum gestohlen, das Finale in unserem Land zu spielen.” Ähnlich äußerte sich Argentiniens Fußball-Legende Diego Armando Maradona. Der 58-Jährige beschimpfte die Verantwortlichen bei der CONMEBOL als “Hurensöhne”: “Um Boca gegen River zu sehen, muss ich mit meiner Familie nach Madrid reisen? Wisst ihr, was das kostet?”

Der südamerikanische Verband wies derweil den Antrag der Boca Juniors ab, am Grünen Tisch zum Sieger des Copa-Finales erklärt zu werden. Vereinspräsident Daniel Angelici erwägt, nun vor den Internationalen Sportgerichshof (CAS) zu ziehen – unabhängig davon, wie der “Superclasico” am Sonntag in Madrid ausgeht.