Die neuen Frauen in der US-Politik

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Im neu gewählten Repräsentantenhaus werden so viele Frauen wie noch nie sitzen. Viele von ihnen sind absolute Neulinge auf der politischen Bühne in Washington DC. Können sie dort tatsächlich etwas verändern?

Frisches Gesicht für Washington: Die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez zieht ins Parlament ein

Es weht ein eisiger Wind, als sich die knapp 90 erstmals ins Repräsentantenhaus Gewählten vor dem Kapitol zum offiziellen Fototermin aufstellen. Doch die bunte Truppe hat beste Laune – die Journalisten reißen sich schon jetzt um diese Neulinge, die in wenigen Wochen ihre Arbeit als Kongressabgeordnete offiziell aufnehmen.

Die Parlamentarier erwecken Aufmerksamkeit, insbesondere die der Demokraten. Denn sie sind jünger und vielfältiger als ihre Vorgänger. Die Mehrheit der Neu-Abgeordneten von der Demokratischen Partei sind Frauen. Dazu zählen die ersten zwei muslimischen Frauen und die ersten beiden Frauen aus indigenen Stämmen Amerikas. Von den insgesamt 435 Sitzen im US-Repräsentantenhaus wird nun knapp ein Viertel von Frauen besetzt.

Viele Politikerinnen haben bei den Wahlen zum ersten Mal für einen Sitz im US-Repräsentantenhaus kandidiert – ihr Ansporn: Der Politik Donald Trumps etwas entgegensetzen.

Eine dieser Neulinge ist Katie Hill. Der Parteidisziplin will sich die 30-Jährige erst einmal nicht unterordnen: “Ich bin keine Karriere-Politikerin. Parteiführer kontrollieren mich nicht und werden es niemals tun.” 

Hill führte bis zu ihrer Kandidatur eine gemeinnützige Organisation in Kalifornien, die sich für Obdachlose einsetzt. Ihre Arbeit sieht sie durch die Politik des US-Präsidenten bedroht. Also kandidierte sie – und gewann.

Auch Jahana Hayes, die erste afro-amerikanische Abgeordnete aus Connecticut im Repräsentantenhaus, hatte vor ihrer Kandidatur schon anderweitig Karriere gemacht: 2016 gewann die passionierte Geschichtslehrerin den nationalen Titel als Lehrerin des Jahres und erlangte damit landesweite Bekanntheit. Auf Twitter schrieb sie: “Lehrer sind Unterstützer des Gemeinwesens. Das ist unser Job – Veränderung anzustoßen und Ergebnisse zu verbessern. Aber das ist auch der Job des Kongresses. Deshalb kandidiere ich.”

Beide Frauen – wie viele andere ‘First-Timers’ – haben in ihren Kampagnen immer wieder betont, dass sie keine Karriere-Politiker seien. Sie haben damit insbesondere bei weiblichen Wählern Stimmen gesammelt und haben damit maßgeblich dazu beigetragen, dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobern konnten.

Doch was können diese Jung-Abgeordneten in den kommenden Jahren tatsächlich bewirken? Schon im Verhältnis zu US-Präsident Trump zeigen sich große Unterschiede. Auf der einen Seite steht der linke Parteiflügel mit Abgeordneten wie Alexandria Ocasio-Cortez, die sich selbst als demokratische Sozialistin beschreibt und auf Konfrontation setzt. Ganz anders als Joe Cunningham, der mit dem Slogan “country over party” (Erst das Land, dann die Partei) deutlich gemacht hat, mit Präsident Trump kooperieren zu wollen. Da sind Konflikte programmiert.

Zunächst wird für den Kurs der Demokraten ausschlaggebend sein, welcher Abgeordneter Sprecher des Repräsentantenhauses und damit Oppositionsführer wird. Gute Chancen hat die mittlerweile 78 Jahre alte Nancy Pelosi. Sie war bereits von 2007 bis 2011 die erste Sprecherin im Repräsentantenhaus und ist für ihre Verhandlungsstärke bekannt. Aber sie gehört auch zum etablierten Flügel der Partei, den viele der Neuankömmlinge gerne hinter sich lassen würden. Sie fordern eine neue Parteiführung – unter ihnen auch Jahana Hayes.

Eine interne Abstimmung ist für den 28. November geplant und wird ein erstes Meinungsbild liefern. Die Führungsfrage führt auch außerhalb der Partei zu Diskussionen. Die Frauenrechtsorganisation “Feminist Majority” spricht sich klar für Pelosi aus. “Sie ist eine selbstlose Feministin, die sich für Gleichberechtigung einsetzt”.

Egal wie der Kampf um den prestigeträchtigen Posten ausgeht: Die neu gewählten Frauen haben schon jetzt einen ersten Erfolg für sich errungen, indem sie die Geschlechterverteilung in der US-Politik zumindest ein wenig verschoben haben.