Florian Kohfeldt – Trainer mit Offensiv-Gen

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Florian Kohfeldt ist einer der Shooting Stars unter Deutschlands Fußballtrainern. Seit er vor einem Jahr Cheftrainer in Bremen wurde, geht es aufwärts mit Werder und Kohfeldt – auch wenn er sich manchmal aufregen muss.

Einen Titel dürfte Florian Kohfeldt auch nach einem Jahr als Cheftrainer von Werder Bremen immer noch sicher haben: Der 36-Jährige ist der am häufigsten falsch geschriebene Bundesliga-Trainer. “Kohlfeld” oder “Kohfeld” liegen dabei an der Tabellenspitze, wobei letztgenannter Fehler sogar dem eigenen Verein unterlief. Als Werder Bremen Ende 2017 den Vertrag mit Kohfeldt über die Saison hinaus verlängerte, ging in der ersten Fassung der Pressemitteilung das “t” verloren. Was zu dem Zeitpunkt vielleicht noch als verzeihlicher Fehler durchging, darf inzwischen eigentlich nicht mehr vorkommen. Denn Florian Kohfeldt ist längst zu einem Namen geworden, den sich alle gemerkt haben sollten. 

Torwart bei der U21 von Werder

Als der damalige U23-Trainer von Werder Bremen am 30. Oktober 2017 nach der Entlassung von Alexander Nouri die erste Mannschaft des Bundesligisten übernahm, war er in der Szene noch ein unbeschriebenes Blatt. Nach Viktor Skripnik und Nouri war Kohfeldt der dritte Amateurtrainer in Serie, der auf die Werder-Chefposition aufrückte. Sonst wusste man nicht viel über ihn: In Siegen in Nordrhein-Westfalen geboren, in Delmenhorst bei Bremen aufgewachsen, Torwart beim TV Jahn Delmenhorst, dann auch in der von Skripnik trainierten U21-Mannschaft von Werder. Dass es für eine Profikarriere als Torwart nicht reichen würde, habe er schon “nach zwei, drei Trainingseinheiten” gemerkt, sagt Kohfeldt zurückblickend.

Neun Seiten Analyse für den Jugendtrainer

Engagiert an der Seitenlinie

Viel besser stand es um seine Fähigkeiten als Fußball-Analytiker. Schon in der D-Jugend bei Jahn Delmenhorst legte Kohfeldt nach einer deftigen 0:5-Niederlage seinem Trainer Reinhard Schumacher ein neunseitiges Schreiben vor mit Vorschlägen, was alles verbessert werden könnte. “Ich war mehr als überrascht, dass sich ein Zwölfjähriger schon solche Gedanken macht”, sagte Schumacher dem Internetportal “Deichstube”. Nachdem Kohfeldt den Traum einer Profikarriere ad acta gelegt hatte, studierte er in Bremen Sport- und Gesundheitswissenschaften. Nach dem Master ließ er sich vom DFB zum Fußballlehrer ausbilden, 2015 schloss er den Lehrgang als Jahrgangsbester ab.

“Erst kommt die Offensive”

Kohfeldt übernahm Werder Bremen Ende Oktober 2017 als Tabellenvorletzten, der in den ersten zehn Saisonspielen sieglos geblieben war. Sein Bundesliga-Debüt auf der Trainerbank am 3. November 2017 endete mit einer unglücklichen 1:2-Niederlage bei Eintracht Frankfurt. Eine Woche später beförderten die Bremer Kohfeldt vom Interims- zum Cheftrainer. Danach startete Werder durch – vor allem bei den Heimspielen. Kohfeldt ließ sein Team mutig stürmen, getreu seiner Devise: “Erst kommt die Offensive, und daraus leiten wir dann das Verteidigen ab.” Fast ein Jahr lang blieb Kohfeldts Mannschaft zu Hause unbesiegt – bis zum 2:6 gegen Bayer 04 Leverkusen vor anderthalb Wochen.

Immer hundert Prozent bei der Sache: Kohfeldt im Kreis seiner Spieler

Saisonziel Europapokal

Werder beendete die vergangene Saison nach einer starken Rückrunde als Tabellenelfter und blieb auch in der aktuellen Spielzeit zunächst auf der Erfolgsspur. Doch die Schlappe gegen Leverkusen und die 1:2-Niederlage in Mainz am vergangenen Wochenende haben die Euphorie gebremst. Vor allem nach dem Auftritt seiner Mannschaft in Mainz war Kohfeldt sauer: “Solche Spiele musst du mit 1000 Prozent angehen, da musst du Schaum vor dem Mund haben.” Werder werde dennoch “Ruhe bewahren”, sagte der junge Trainer, “und dann sehr zeitnah auch wieder Bundesligaspiele gewinnen”. Vielleicht ja schon am Samstag, wenn der Tabellensechste im Weserstadion den Zweiten Borussia Mönchengladbach empfängt, einen direkten Konkurrenten im Kampf um das gesteckte Saisonziel Europapokal.

Keine Routine

Sein Leben habe sich in dem Jahr als Werder-Cheftrainer verändert und damit auch er sich selbst, sagt Florian Kohfeldt: “Ich gehe jetzt nicht mehr einfach so durch die Stadt. Und wer sich dann nicht verändert, der lügt sich selbst in die Tasche.” Kohfeldt vermittelt den Eindruck, dass er seinen Job wirklich liebt. “Es gibt keine Routine”, schwärmt er mit leuchtenden Augen. “Dieses Kribbeln, wenn du ins Stadion gehst, hat sich vom ersten Tag bis heute kein Stück verändert. Ich hoffe, dass es sich auch nie verändern wird. Denn das ist das schönste Gefühl überhaupt.”