DFB-Elf: Zuversicht statt Abstiegsfrust

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Nach der Niederlage gegen Frankreich droht der deutschen Nationalmannschaft der Abstieg aus der Nations League. Es gibt dennoch fünf Gründe, weshalb noch Hoffnung auf Besserung besteht. Der Umbruch ist eingeleitet.

Eines vorweg: Die 1:2-Niederlage von Paris gegen Frankreich hatte eine historische Dimension: Es war die sechste in diesem Jahr, so viele Niederlagen kassierte noch keine Nationalmannschaft der DFB-Geschichte in einem Kalenderjahr. Ein Zyklus, den sich zu Jahresbeginn wohl weder Experten noch Fans hätten vorstellen können. Dennoch ließen sich in der Nations-League-Partie gegen den aktuellen Weltmeister einige Hoffnungsschimmer auf wieder erfolgreichere Zeiten der deutschen Elf erkennen:

Bundestrainer Joachim Löw zeigt erstmals Mut zur Veränderung   

Bundestrainer Joachim Löw

Gleich fünf neue Spieler hatte Bundestrainer Joachim Löw in die Startelf berufen. Und diese Maßnahme sollte sich auszahlen. Niklas Süle, Thilo Kehrer, Nico Schulz, Serge Gnabry und Leroy Sané brachten jenen Schwung mit, der der Mannschaft zuletzt vollständig abgegangen war. Löw hat reagiert. Auf die schwachen Vorstellungen seiner verdienten, aber formschwachen Routiniers wie etwa Thomas Müller. Und wohl auch auf den öffentlichen Druck, der sich zuletzt immer mehr auf Löw persönlich zuspitzte.

Der Umbruch, von den DFB-Verantwortlichen nach dem WM-Desaster offensiv angekündigt, scheint nun deutlich verspätet tatsächlich umgesetzt zu werden. Spielerische Lösungsansätze für eine bessere Chancenverwertung hat Löw weiterhin nicht vermitteln können. Diese Schwäche bleibt bestehen. Der Bundestrainer scheint sich aber von den alten (Weltmeister-) Zöpfen zu trennen und der Mannschaft eine längst überfällige Verjüngungskur zu verpassen. Das Leistungsprinzip scheint wieder in den Vordergrund zu rücken – nicht die früheren Verdienste einzelner Spieler.

Die Einstellung stimmt wieder 

Toni Kroos trifft zum 1:0 gegen Frankreich

Vielleicht war es der deutlichste Beweis dafür, dass die Leidenschaft zurückgekehrt war: Nach einem Ballverlust von Leroy Sané am gegnerischen Strafraum zog Toni Kroos einen langgezogenen Sprint an und versuchte, den Fehler seines Teamkollegen auszubügeln. Der offensive Spielgestalter, der sich in den vergangenen Partien gefühlt nur im langsamen Trab über den Platz bewegt hatte, krempelte seine Ärmel hoch und nahm den Kampf an.

Die jungen Spieler, die allesamt ihre Aufstellung mit engagierten Leistungen vollauf rechtfertigen konnten, hatten offenbar die verbliebenen Etablierten um Kroos motiviert, wieder mehr Einsatz und Leidenschaft an den Tag zu legen. Verkehrte Welt bei der DFB-Elf.

Flexible Taktik      

Gegen die pfeilschnellen französischen Angreifer griff Löw in der Defensive auf eine Fünfer-Abwehrkette zurück, statt wie sonst üblich auf eine Viererkette. Aber auch die davor postierten Mittelfeld-und Offensivspieler verdichteten mit ihrer Abwehrbereitschaft die Räume so sehr, dass Antoine Griezmann und Kylian Mbappé kaum ihr gefürchtetes Angriffsspiel entwickeln konnten.

Die deutsche Mannschaft hatte die Franzosen weitgehend im Griff. Die beiden Griezmann-Treffer waren in erster Linie der individuellen Klasse des Angreifers und einer unglücklichen Schiedsrichter-Entscheidung geschuldet. An der sehr soliden Anmutung des DFB-Teams änderten diese beide Treffer aber nichts.

Die Abwehr wirkt wieder solider    

Niklas Süle (vorne) bedankt sich bei den Fans

Niklas Süle war mehr als ein Ersatz für den derzeit formschwachen und verletzten Jerome Boateng. Süle legte die Zweikampfhärte und die Schnelligkeit an den Tag, deren Fehlen der Mannschaft zuletzt zusetzte. Neben Süle fühlte sich zudem der zuletzt ebenfalls zittrig agierende Innenverteidiger Mats Hummels deutlich wohler. Und auch Manuel Neuer, der vor der Partie über “mangelndes Spielglück” geklagt hatte, konnte sein (nicht verloren gegangenes) Können im Eins-gegen-Eins gegen Mbappé nachweisen.  

Die Abwehr wirkte wieder stabil und widerstandsfähig und ließ sich – im Verbund mit den anderen Mannschaftsteilen – nicht durch einfaches Umschaltspiel des Gegners übertölpeln. Dieser neu erwachte Teamgeist verhinderte dieses Mal ein erneut böses Erwachen.

Unberechenbar im Angriff

Timo Werner (r.) kommt einen Schritt zu spät

Serge Gnabry, Leroy Sané und Timo Werner haben mit ihrem Auftritt möglicherweise eine Zeitenwende im DFB-Team eingeläutet. Auch wenn den drei jungen Angreifern kein Treffer aus dem Spiel heraus gelang, so machte ihr Zusammenspiel doch Hoffnung, dass sich (Tor-) Erfolge zügig wieder einstellen werden. Alle drei verfügen über eine außergewöhnliche Schnelligkeit, wechseln häufig die Positionen und trauen sich Dribblings zu, die sie unberechenbar machen.

Mit zunehmender gemeinsamer Spielzeit wird sich ihr gegenseitiges Verständnis auf dem Feld weiter verbessern. Ihre Jugendlichkeit und die damit einhergehende geringe Erfahrung machen es aber notwendig, dass sie gerade im Abschluss eine höhere Fokussierung an den Tag legen. Und dass sie bei Kontermöglichkeiten konzentrierter sind als Sané, dessen missratener Querpass auf Werner die beste Chance auf einen zweiten deutschen Treffer zunichte machte.