Betrug mit Containern, die es gar nicht gibt

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Die Containerfirma P&R betrog mutmaßlich Zehntausende Anleger – einer der größten Fälle von Wirtschaftskriminalität in der Bundesrepublik überhaupt. Der Fall zeigt die Gefahren des Grauen Kapitalmarkts.

Der Schaden geht in die Milliarden. 54 000 Anleger hatten ihr Geld in Geschäfte des Container-Vermieters P&R investiert. Das Unternehmen hatte Schiffscontainer als Kapitalanlage verkauft und zurückgemietet. Nun ist das Unternehmen insolvent.

Insolvenzverwalter Michael Jaffé hat zu insgesamt drei Gläubigerversammlungen in der Münchner Olympiahalle eingeladen, bis zu 9000 Menschen werden erwartet.

Einfach zu peinlich

Die Öffentlichkeit – eingeschlossen Eheleute und Familienangehörige – ist zu den drei Versammlungen nicht zugelassen, auch die Medien sind ausgeschlossen. Viele Gläubiger sind besorgt, dass sie identifiziert werden könnten, wie das Münchner Amtsgericht mitteilte. Die P&R-Pleite könnte mit einem möglichen Schaden von bis zu zwei Milliarden Euro nach dem Flowtex-Skandal der 1990er Jahre der zweitgrößte Betrugsfall seit 1945 sein. Flowtex hatte seinerzeit über 3000 sogenannte Horizontal-Erdbohrmaschinen verkauft und zurück geleast, aber nur 270 solcher Maschinen besessen. Der Schaden belief sich damals auf über fünf Milliarden D-Mark. 

Erste Zahlungen eventuell 2020

Nach bisherigem Ermittlungsstand hat P&R etwa eine Million nicht existenter Container vom Münchner Millionärsvorort Grünwald aus verkauft: In den Büchern standen 1,6 Millionen Stück, doch auffindbar sind nur 618. 000. Die Lücke habe sich über Jahre vergrößert, weil frisch eingeworbenes Geld dafür benutzt worden sei, Altanleger zu bedienen.

Viele P&R-Kunden sind Rentner und Pensionäre, die ihre Altersvorsorge aufbessern wollten. Laut Insolvenzverwalter ist fast ein Drittel der Anleger über 70 Jahre alt.

Firmengründer Heinz R. sitzt in Untersuchungshaft. Insolvenzverwalter Jaffé peilt die ersten Zahlungen an die Gläubiger für das Jahr 2020 an.

Gesicherte Altersvorsorge – für einen wenigstens

Für sich persönlich hatte Firmengründer Heinz R. eine durchaus komfortable Existenz eingeplant: Laut einem heute noch abrufbaren Anlegerprospekt wollte R. sich selbst von 2017 bis 2022 an Gehalt und Gewinnbeteiligungen 32 Millionen Euro auszahlen.

Die Unstimmigkeit im P&R-Geschäftsmodell bestand unter anderem darin, dass P&R  weit mehr Geld an die Anleger auszahlte, als die Containervermietung einbrachte. Die “Stiftung Warentest” hatte das im Juni 2017 publik gemacht,

Die Gefahren des Grauen Marktes

“Grauer Kapitalmarkt” ist der Branchenjargon für Investment-Firmen, die keine staatliche Erlaubnis benötigen und nur wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen – anders als etwa Banken, die ohne Banklizenz nicht tätig werden dürfen und genau kontrolliert werden. Die Finanzaufsicht Bafin selbst warnt Anleger davor, dass es am Grauen Kapitalmarkt keine Einlagensicherung und keine Kontrolle der Bilanzen gibt.

Wenn “graue” Investmentfirmen wie P&R die vorgeschriebenen Prospekte zur Information der Anleger auflegen, werden diese von der Bafin zwar überprüft. Die Behörde kontrolliert aber ausdrücklich nicht, ob die Angaben richtig sind oder das dahinter stehende Geschäftsmodell tragfähig ist.

Da der Verbraucherschutz zu den Aufgaben der Bafin gehört, fordert der Verein “Finanzwende” eine aktivere Rolle der Aufsicht. Insolvenzverwalter Jaffé hat derweil andere Sorgen: Das rechtliche Konstrukt der P&R-Gruppe erschwert den Zugriff auf die noch eingehenden Einnahmen. An die Anleger verkauft wurden die Container in Deutschland – diese Gesellschaften sind insolvent.

Die anschließende Vermietung an die Schiffsfrachtgesellschaften aber lief und läuft über die Schweiz. “Die Schweizer P&R-Gesellschaft ist nicht im Insolvenzverfahren, also nicht im direkten Zugriff des deutschen Insolvenzverwalters”, sagte Jaffés Sprecher. Notwendig sei eine “ausgeklügelte mehrstufige Verwertungsstrategie”.

dk/hb (dpa)