Uganda: Smarter Weg aus der Armut

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In Afrika wächst die Nachfragen nach der Gesundheitsvorsorge per MP3-Player. Ein deutsches Ehepaar hat mit den mobilen Hörbüchern schon vielen Landfrauen geholfen, ihr Leben zu verbessern.

Kora Koch lebt in dem kleinen Dorf Kyamuliibwa im Südwesten Ugandas. Alle paar Wochen fährt sie auf dem “Boda-Boda” – dem beliebten Motorrad-Taxi – über schlaglöchrige Wege zu kleinen Ansammlungen von strohgedeckten Rundhütten. “Ich traue mich nicht, das Motorrad allein zu fahren”, erzählt sie. “Aber es findet sich immer jemand, der mich bei den Besuchen der Frauen aus unseren Projekten mitnimmt und für mich die Sprachen übersetzt.”

Die 29-jährige Lehrerin und Industrie-Kauffrau aus Bruchsal in Baden-Württemberg hat es vor drei Jahren in den Busch verschlagen: “Damals hatte ich aus der Ferne in Deutschland die Patenschaft für ein ugandisches Kind übernommen, damit es in die Schule gehen kann. Ihre Eltern waren zu arm.” Dann kam die Neugierde und sie flog hin. Jetzt sieht sie das Kind in Kyamuliibwa aufwachsen und hilft den Landfrauen in der Umgebung.

Bildung per MP3-Player

Die junge Deutsche betreut mehr als 17 Frauengruppen in den Dörfern im Kalungu-Distrikt in Zentral-Uganda. Dort, sagt Koch, habe ein für viele Afrikanerinnen hilfreiches Gerät bereits die Runde gemacht: der MP3-Player. Mit dem Player, wie er hier kurz genannt wird, hat Koch in den vergangenen Jahren schon vielen Frauen in entlegenen Orten Informationen geliefert, die ihnen ein besseres Leben ermöglichen: “Es geht um Gesundheitsthemen, Ernährung, Kinderpflege, aber auch um Ideen für ein Einkommen. Im Moment boomt die Herstellung von Kohlebriketts”, sagt Koch. Frauen pressen Kohle-Abfälle in eine Form, und können die Briketts auf den Märkten verkaufen.

In Uganda wird Holzkohle als Brennstoff zum Kochen verwandt

Große Erfolge gibt es in Sachen Gesundheit. Die Frauen auf dem Land haben keinen Zugang zu Informationen. Da hilft der MP3-Player, denn seine Inhalte liefern wertvolle Antworten auf viele Fragen oder ganz und gar neue Erkenntnisse für manche Frau über ihren Körper, Hygiene, Krankheiten und Vorsorge. “Die Frauen sind begeistert”, sagt Koch.

Wer nicht lesen kann, muss hören

Die Idee der mobilen Aufklärung stammt von den Kanarischen Inseln. Dort lebt das deutsche Ehepaar Felicitas und Marcel Heyne. Sie haben das “Player-Projekt” ins Leben gerufen. “Wir waren für die Probleme Afrikas sensibilisiert – der Kontinent ist für uns ja fast in Sichtweite”, sagt Felicitas Heyne der DW. “Viele Frauen in den Entwicklungsländern haben nie die Schule besucht. Wir hier im Westen sind so privilegiert durch den ständigen Informationsfluss, der uns zur Verfügung steht”, stellt sie fest. Engagiert suchte die Psychologin und Buchautorin mit ihrem Ehemann nach einer Lösung und fand sie: “Wer nicht lesen kann, muss hören. Am besten in der Muttersprache.”  

Und so gründeten sie für ihre Entwicklungsarbeit die gemeinnützige Hilfsorganisation “Uridu”. Das ist arabisch und bedeutet “Ich will”. Die solarbetriebenen Player, die sie darüber verreiten, sind robust und jederzeit einsetzbar: Das Gerät vermittelt daher nicht einfach nur Wissen, sondern fördert auch Diskussionen, den Austausch der Frauen untereinander und die Bildung von (Selbsthilfe-)Gruppen. “Das macht ihn zu einem idealen Motor der Veränderung”, sagt Heyne. Der Player funktioniert auch unter ungünstigsten Umweltbedingungen und seine eingebaute Solarzelle macht ihn vom Stromnetz unabhängig. Die Inhalte bleiben den Frauen erhalten, denn die Daten sind nicht veränderbar.

Hörbuch-Bedarf wächst

“In Absprache mit lokalen Organisationen in Afrika packen wir unsere Inhalte darauf, maßgeschneidert für die Bedürfnisse der Frauen in ihren Regionen. Inzwischen kommen die Organisationen sogar schon auf uns zu”, berichtet Heyne. Angefangen hat das Ehepaar mit einem selbst finanzierten Projekt im Atlasgebirge in Marokko, dann ging es nach Tansania und Uganda. Mehrere kleinere Hilfsgruppen existieren im Kongo, aber derzeit sollen Frauengruppen in Nepal, Paraguay und Ruanda gebildet und mit den mobilen Hörbüchern ausgestattet werden.

Das “Boda-Boda” ist ein beliebtes Motorrad-Taxi in Uganda

Die Nachfrage wächst: “Wir könnten direkt 20 neue Projekte beginnen, aber wir müssen erst mehr Geld von Sponsoren erhalten”, sagt Heyne. Das Ehepaar hat bisher viel eigenes Kapital verwandt, aber langfristig sollen Firmen und hoffentlich auch Regierungen an der Info-Kampagne beteiligt werden. Ein einsetzbarer Player kostet laut Heyne rund 20 Euro inklusive Versand und hält drei bis fünf Jahre. Im Grunde könne man schon für einen Euro eine ganze Familie aufklären und damit einen großen Unterschied machen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Die Rückmeldungen seien fantastisch: “Tuberkulose ist in den ugandischen Dörfern zurückgegangen. Eine Frau erfuhr, dass ihre Behinderung keine Strafe Gottes ist, eine andere hörte, dass ihr Husten vom Rauchen kommt – jetzt hat sie eine Rauchentwöhnungsgruppe gegründet – es verändert ihr Leben.” Die Beispiele des Erfolgs sind vielfältig. Der Player erklärt, wie man Seife herstellen kann. “Jetzt gibt es sogar Uridu-Seife zu kaufen”, lacht Heynes.

Die Hilfe zur Selbsthilfe kommt an. Ein Player wird an eine Gruppe von zehn bis zwölf Frauen verteilt. Wenn dann Gesundheitsarbeiterin Kora Koch wieder einmal auf dem Boda-Boda in die Dörfer fährt, haben sie viele Fragen.