US-Sanktionen gegen Moskau schaden deutscher Wirtschaft

0
255

Die USA erlassen immer neue Sanktionen gegen Russland – ein Ende ist nicht in Sicht. Das verunsichert nicht nur die russische Wirtschaft. Auch deutsche Unternehmen sind betroffen. Aus Moskau Miodrag Soric.

Verschärft die USA ihre Sanktionspolitik gegenüber Russland? Allein schon die Spekulation darüber wirkt sich negativ auf die Wirtschaft aus. “Diejenigen, die in Russland investieren wollten, halten sich derzeit zurück”, sagte Alexej Knelz von der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer gegenüber der Deutschen Welle. 

Derzeit haben selbst Experten Mühe, sich einen Überblick über bestehende oder sich anbahnende Sanktionsmaßnahmen zu verschaffen. Vereinfacht gesprochen stehen in den kommenden Wochen zwei Entscheidungen an. So diskutiert seit Anfang September der US-Kongress über die Verschärfung bestehender Sanktionen. 

Donald Trump und Vladimir Putin im Juli dieses Jahres

Moskau soll bestraft werden, weil es sich in die amerikanischen Präsidentschaftswahlen eingemischt habe, was der Kreml in Abrede stellt. Ende Oktober kommt es in Washington wahrscheinlich zur Abstimmung zum “Defending American Security from Kremlin Aggression Act” (DASKAA). Bei einer Mehrheit könnten Sanktionen gegen russische Energieprojekte, Staatsanleihen und Banken verhängt werden.

Ausländische Investoren meiden Russland

Beim zweiten Sanktionspaket geht es vor allem um die Skripal-Affäre.Im vergangenen August hat der Kongress festgestellt, dass Russland für einen Chemiewaffen-Anschlag gegen ihren früheren Agenten Skripal verantwortlich sei. Der Kreml müsse nun beweisen, dass es nichts mit dem Attentat zu tun habe und über keine Chemiewaffen verfüge. Washington fordert, dass Moskau ausländische Inspektoren ins Land lässt. Präsident Wladimir Putin lehnt dies ab. Die Folge: Präsident Donald Trump kann Ende November weitere Sanktionen verhängen. 

Kein Wunder, dass sich ausländischen Unternehmern derzeit mit weiteren Investitionen zurückhalten. Schwierig könnte es vor allem für Konzerne werden, die in Russland und in den USA aktiv sind –  etwa Siemens. Das Russland-Geschäft des Konzerns ist 165 Jahre alt. Vor ihrem Hauptsitz in Moskau ist erst im Frühjahr ein Denkmal ihres ersten Niederlassungsleiters in der russischen Hauptstadt errichtet worden: Carl Siemens, ein jüngerer Bruder des Unternehmensgründers Ernst Werner Siemens. 

Video ansehen 02:38 Jetzt live 02:38 Min. Teilen

Bessere Verhältnisse

Versenden Facebook Twitter google+ Tumblr VZ Mr. Wong Xing Newsvine Digg

Permalink https://p.dw.com/p/34Gou

Russland: Anti-amerikanische Stimmung schwächt ab

Siemens verdient an der Modernisierung der veralteten russischen Kraftwerke, verkauft Elektro-Loks, liefert Kompressoren an die Rohstoffunternehmen, die diese für ihre Bohrlöcher benötigen. Derzeit beschäftigt der Konzern rund 3000 Mitarbeiter in Russland. In den USA sind es mehrere zehntausend. Werden neue US-Sanktionen dazu führen, dass sich Siemens zwischen dem russischen und dem amerikanischen Markt entscheiden muss? 

Das wirtschaftliche Risiko wächst

Aleksis Rodsjanko, Leiter der amerikanischen Auslandshandelskammer in Moskau, glaubt nicht, dass es so weit kommt. Allerdings rechnet auch er im Gespräch mit der DW mit schärferen Sanktionen gegen Moskau. Das wirtschaftliche Risiko für ausländische Firmen, sich in Russland zu engagieren, wächst. Unternehmen, die in Russland bereits aktiv seien, arbeiteten, so Rodsjanko, an Notfall-Plänen. Verträge würden neu formuliert oder ergänzt. Einige Investoren bereiteten sich darauf vor, Geschäfte gegebenenfalls nicht in Dollar, sondern in Euro abwickeln zu können. 

Auch mehrere deutsche Firmen prüfen Verträge mit russischen Partnern und Zulieferern. Vor allem interessiert sie, ob bei der Produktion Unternehmen involviert sind, die ins Fadenkreuz amerikanischer Sanktionen kommen könnten, meint Alexej Knelz von der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer. “Die Lage ist angespannt,” sagt er. Dabei habe sich Russland gerade erst von der jüngsten Rezession erholt. Die deutsche Wirtschaft habe in Russland 2017 über 1,6 Milliarden Euro investiert. Aber 2018 gingen die Investitionen zurück. “Das Geschäftsklima hat sich eingetrübt,” sagte er.

Der Rubel und die Sanktionen

Uneinig sind sich die Experten darüber, welche Auswirkungen die US-Sanktionspolitik auf den Rubel haben wird. “Wenn er sich weiter abschwächt, wird die Produktion in Russland billiger”, erklärt Knelz. Siemens spricht schon von der “Lokalisation der Produktion”. Ob der Rubel tatsächlich schwächer wird? Rodsjanko ist sich da nicht so sicher. Schließlich seien die Öl- und Gaspreise weiterhin hoch, meint er. Russland exportiert vor allem Rohstoffe.  

Wird der Rubel durch weitere Sanktionen unter Druck geraten?

Die angespannten Beziehungen zwischen Washington und Moskau beschleunigen die Hinwendung des Kremls gen Asien, meint Rodsjanko. Ein Beispiel hierfür sei die LNG-Anlage zur Verflüssigung von Gas in Jamal, also im äußersten Norden Russlands. Ursprünglich sollten westliche Investoren das Milliardenprojekt finanzieren. Dann begann die Sanktionspolitik. “Statt des Westens sprangen die Chinesen ein”, erklärt Rodsjanko.  

Bislang gibt es keinerlei Hinweise, dass Russland sein Verhalten in der Ukraine oder in Syrien wegen der US-Sanktionen ändern wird. Das gelte auch für andere Länder, gegen die die USA Sanktionen verhängt habe, beobachtet Emma Ashford vom liberalen Washingtoner Thinktank CATO. “Langfristig betrachtet gilt: Je mehr Sanktionen wir [US-Amerikaner] verhängen, desto weniger effektiv sind sie”, sagte sie gegenüber der DW. Die Trump-Administration setze Sanktionen in größerem Umfang ein, kritisiert Ashford. Aber wirksam seien die nur selten.


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    “Ein Konkurrent”

    US Präsident Donald Trump und Ehefrau Melania kamen Sonntag in Helsinki an, um Russlands Staatschef Wladimir Putin einen Tag später zu treffen. Montagmorgen, wenige Stunden vor der Zusammenkunft, twitterte Trump: “Unsere Beziehungen mit Russland waren NIEMALS schlechter wegen der vielen Jahre der Torheit und Dummheit der USA.” Zuvor hatte Trump Putin als Konkurrenten bezeichnet.


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Bilaterales Gespräch

    Der Gipfel in Helsinki ist das erste großangelegte bilaterale Treffen von Trump und Putin. Das Verhältnis zwischen Russland und den USA ist wegen zahlreicher Streitfragen gespannt wie lange nicht mehr. Am 12. Juli sagte Trump über Putin: “Jemand sagte: Ist er ein Feind? Nein, er ist nicht mein Feind. Ist er ein Freund? Nein, ich kenne ihn nicht gut genug.”


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Erstes Treffen

    Inzwischen ist es fast ein Jahr her. Donald Trump und Wladimir Putin trafen sich das erste Mal am Rand des G20-Gipfels in Hamburg. “Der Fernseh-Trump unterscheidet sich sehr vom realen Menschen”, sagte Putin danach und fügte hinzu: “Ich glaube, es wurden persönliche Beziehungen geknüpft.” Trumps damaliger Außenminister Rex Tillerson sagte, die Chemie zwischen den beiden war “ganz klar positiv” .


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Putin über Trump: “Auffällige Erscheinung”

    US-Präsident Trump sprach schon in einer Rede im Vorwahlkampf der Republikaner 2016 vom russischen Staatspräsidenten: “Putin hat gesagt, Donald Trump ist ein Genie.” Darauf angesprochen meinte Putin in St. Petersburg: “Ich habe nur gesagt, dass Trump eine auffällige Erscheinung ist. Ist er das etwa nicht?”


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Trump über Putin: “Sehr klug”

    Ende 2016 twitterte Trump über Putin: “Ich habe immer gewusst, dass er sehr klug ist!” Einen Monat später sagte der US-Präsident im Interview: “Leute, wenn Putin Donald Trump mag, ist das ein Gewinn, keine Bürde. Nun, ich weiß nicht, ob ich mit Wladimir Putin klarkomme. Ich hoffe doch. Kann auch gut sein, dass nicht.” Beim bilateralen Gespräch in Helsinki könnte er das herausfinden.


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Spannungen

    Nach der russischen Intervention in der Ukraine 2014 verhängten die USA zusammen mit ihren Verbündeten Sanktionen gegen Russland. Trump hält die Sanktionen bisher aufrecht. Im September 2017 sagte Putin auf die Frage, ob er enttäuscht über Trump seit der Wahl zum US-Präsidenten sei: “Er ist nicht meine Braut; und ich bin weder seine Braut noch sein Bräutigam.”


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Unterschiedliche Interessen

    Bei ihrem Treffen werden die beiden Staatschefs um das Thema Nahost nicht herumkommen. Beide Länder verfolgen in der Region unterschiedliche Interessen. In Syrien unterstützt Russland Präsident Assad. Auf dessen Seite kämpfen wiederum iranische Soldaten. Die Präsenz der Iraner in Syrien ist aber besonders dem traditionellen US-amerikanischen Verbündeten Israel ein Dorn im Auge.


  • Was Trump und Putin voneinander halten

    Austausch unter vier Augen

    Er hoffe darauf, dass er eine “außerordentliche Beziehung” zu Putin aufbauen könne, sagte Trump bei der Begrüßung. “Sich gut mit Russland zu verstehen, ist eine gute Sache, keine schlechte Sache.” Putin sehe die Zeit für konkrete Beratungen gekommen. Die beiden Präsidenten wollen sich zunächst unter vier Augen austauschen. Später sollen die Delegationen zu Gesprächen dazukommen.

    Autorin/Autor: Nermin Ismail