IWF-Chefin Lagarde weist Trump zurecht

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Die populistische Politik der USA und der Handelskrieg mit China beunruhigen die Globalisierer. IWF-Chefin Lagarde hat nun eine klare Botschaft für US-Präsident Trump: “Reparieren, nicht zerstören.”

Mit einer deutlichen Abfuhr an die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump hat IWF-Chefin Christine Lagarde die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank eröffnet. Das System des weltweiten Handels dürfe nicht zerstört werden, sagte sie zur Eröffnung des Treffens am Donnerstag in Nusa Dua (Indonesien).

Auf der Insel Bali kommen noch bis zum Samstag mehr als 30.000 Vertreter der internationalen Finanzelite zusammen. Unter anderem wird auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erwartet, der sich mit seinen Amtskollegen der G20 berät.

Reformbedarf des Handeslsystems

Lagarde räumte einen Reformbedarf des Handelssystems  unter dem Dach der Welthandelsorganisation (WTO) ein – wie schon tags zuvor deren Präsident Roberto Azevêdo. Ihre Forderung: “Repariert es, aber zerstört es nicht.” Die Regeln des Welthandels hätten allen Nationen genutzt.

Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hatte zuvor erklärt, die Welt brauche “mehr Handel, nicht weniger”. Die Globalisierung habe Millionen Menschen aus der Armut geführt. Diese Entwicklung müsse weitergehen. Lagarde fuhr Trump auch bei dessen Kritik an der US-Zentralbank Federal Reserve in die Parade. Trump hatte erklärt, die US-Notenbank sei wegen ihrer raschen Zinserhöhungen “verrückt geworden”. Lagarde sagte, Notenbankchef Jerome Powell und sein Vorstand wirke sehr solide und seriös. “Ich würde ihn nicht mit Verrücktheit in Verbindung bringen”, sagte Lagarde dem US-Sender CNBC.

“Zinsbeschlüsse gemäß ökonomischen Indikatoren”

Die IWF-Chefin hatte bereits zuvor betont, Zentralbanken müssten ihre Zinsbeschlüsse entsprechend ökonomischen Indikatoren treffen. Wenn das Wachstum stark und die Arbeitslosigkeit extrem niedrig sei, müssten sie “die Entscheidungen treffen, die sie treffen”, betonte die frühere französische Finanzministerin.

Die Federal Reserve hat in diesem Jahr schon drei Mal den Leitzins in den USA erhöht, ein vierter Schritt erscheint wahrscheinlich. Trump befürchtet offensichtlich vor den Kongresswahlen, dass der Boom in der US-Wirtschaft dadurch gebremst werden könnte. Am Mittwoch war es zu einem deutlichen Kurssturz an den US-Börsen gekommen. Trump spricht im Wahlkampf stets von Börsenrekorden während seiner Präsidentschaft.

Schwellenländer leiden

Der starke Dollar und die steigenden Zinsen in den USA sind allerdings ein Problem für die Weltwirtschaft. Der IWF befürchtet etwa Kapitalabflüsse aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Zudem könnten in US-Dollar aufgenommene Schulden für diese Staaten und dort angesiedelte Unternehmen sehr teuer werden.

Der Fonds bemängelt nicht zuletzt deshalb den hohen Schuldenstand. Mit 182 Billionen Dollar, mit denen öffentliche und private Haushalte weltweit in der Kreide stehen, sei ein Rekordstand erreicht – 60 Prozent mehr als vor der Finanzkrise im Jahr 2007.

Problem bei der Absicherung der Finanzmärkte

Der IWF hatte bereits am Dienstag in seinem Weltwirtschaftsbericht die Wachstumsprognose für die globale Wirtschaft zurückgenommen. Während noch im April mit einem Wachstum von 3,9 Prozent für die Jahre 2018 und 2019 gerechnet worden war, wurde diese Einschätzung nun auf 3,7 Prozent zurückgenommen. “Die Wirtschaft ist stark, aber sie ist nicht stark genug”, sagte Lagarde. Für Deutschland sieht der Fonds sogar eine Korrektur von 0,9 Prozentpunkten für 2018 auf nur noch 1,9 Prozent.

Die Regulierung der Finanzmärkte sei noch nicht abgeschlossen, weshalb es auch ein Problem der Absicherung gebe. “Wir sind sicherer, aber wir sind nicht sicher genug”, meinte Lagarde mit Blick auf einen Vergleich zur Situation vor der Finanzkrise vor zehn Jahren. “Jeder kleine Wechsel in der Windrichtung kann Kapitalabflüsse bewirken.”


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    1. Hohe Schulden

    Der Privatmann kennt das: In guten Zeiten zurücklegen für die Krise. Doch seit 2008 sind die Gesamtschulden der Welt um 60 Prozent gestiegen. 182 Billionen (182.000.000.000.000) Dollar fehlen in den öffentlichen und privaten Kassen weltweit. Wo soll da Geld als Puffer für den Abschwung herkommen?


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    2. Schwellenländer

    Sie stehen für immerhin 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung – und sind doch verletzlich. Viele Schwellenländer kurbeln ihren Konsum mit ausländischem Geld an, meist mit Dollar. Doch das System stockt, wenn die US-Zinsen steigen. Denn dann legen Investoren ihr Geld lieber in den USA an. Argentinien ist das erste Opfer. Die Türkei könnte folgen.


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    3. US-Wirtschaft

    Noch hält Donald Trump die weltgrößte Volkswirtschaft mit Steuergeschenken und Handelsschranken auf künstlichem Boom-Kurs. Viele Unternehmen schütten das Geld in der unsicheren Welthandelssituation aber lieber aus, statt zu investieren. Der IWF rechnet damit, dass 2018 die Wachstumsspitze erreicht ist, von nun an geht es abwärts.


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    4. Handelskonflikt

    Fleisch und Gemüse aus den USA; Stahl, Textilien, Technik aus China. Produkte für 360 Milliarden Dollar belegen die Streithähne bereits mit Zöllen. Laut IWF ist das jetzt schon schlecht für die USA (-0,9 Prozent Wirtschaftsleistung) und China (-0,6 Prozent). Eskaliert der Streit, leiden alle mit: 17,5 Prozent weniger Welthandel wären die Folge, schätzt die Welthandelsorganisation.


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    5. Risikobanken

    “Schattenbanken” wickeln Finanzen außerhalb des regulären (regulierten) Bankensektors ab. Laut EZB-Chef Mario Draghi bilden sie 40 Prozent des Finanzsystems allein in der EU. Selbst viele reguläre Banken haben zu geringe Finanzpuffer für eine Krise. Und die Partystimmung ist zehn Jahre nach der Krise zurück – mit Risiko-Krediten, für die sich Unternehmen zum Teil mehrfach überschulden.


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    6. Harter Brexit

    Die Zeit läuft, aber noch gibt es keinen gemeinsamen Plan für das Ende der EU-Mitgliedschaft der Briten am 29.03.2019. Ohne Freihandelsabkommen müssten allein deutsche Firmen über drei Milliarden Euro pro Jahr an Zöllen zahlen. Grenzkontrollen gefährden die “just-in-time”-Produktion. Autohersteller wie Nissan, Toyota und BMW wollen dann Werke auf der Insel schließen.


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    7. Italien

    Euro-Krise reloaded? Die Populisten in Rom wollen ihre Bürger früher in Rente schicken und Arbeitslosen ein bedingungsloses Grundeinkommen zahlen. Dabei ist Italien nach Griechenland der Schuldenmeister Europas, steht mit mehr als 2,2 Billionen Euro in der Kreide. Griechenland hat gerade den Euro-Rettungsschirm verlassen und versucht, seine Banken von faulen Krediten zu befreien.

    Autorin/Autor: Paul-Christian Britz


ul/hb (dpa)