Die Photokina wird “Imaging”-Marktplatz

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Die frühere Leitmesse für klassische Fotografie wird zum Marktplatz für alles, was mit Bildern zu tun hat. Wie die gesamte Branche passt sich auch der Kölner Messeveranstalter dem rasanten digitalen Wandel an.

“Die Photokina ist nicht mehr das, was sie einmal war”, bekommen die Macher der traditionellen Foto-Leitmesse in Köln immer wieder von Besuchern zu hören. Was als Vorwurf gemeint ist, bringe den Wandel der Messe aber genau auf den Punkt, sagt die Geschäftsführerin der Kölnmesse, Katharina Hamma, und sei zum großen Teil auch so gewollt. Denn der Markt für Fotografie ist längst ein Markt für alle Spielarten von Bildgebungsverfahren geworden. “Imaging unlimited” – die neue, grenzenlose Bilderflut ist das neue Markenzeichen der Kölner, “Create, discover, connect” sind die darauf abgestimmten Schlagworte.

Seit vielen Jahren kommen immer weniger Aussteller aus der klassischen Fotografie- und Zuliefererbranche zur Photokina. Deshalb versuchen die Messemacher verstärkt, auch Aussteller aus anderen Bereichen an den Rhein zu locken. In diesem Jahr sind zum ersten Mal der chinesische Telekommunikations- und Smartphone-Konzern Huawei und der deutsche Kopfhörer- und Audio-Spezialist Sennheiser mit eigenen Ständen auf der Photokina dabei. Huawei hat sich mit der deutschen Edelkamera-Schmiede Leica zusammengetan, um die Käufer seiner Smartphones künftig mit noch besserer Foto- und Videoqualität zu überzeugen. Sennheiser bietet in Köln Mikrophon- und Audiolösungen etwa für Smartphone-Videos an.

Die Jugend im Fokus

Die Photokina muss notgedrungen jünger werden und so sind junge Smartphone-Nutzer, die immer und überall Fotos und Videos posten, längst zur wichtigen Zielgruppe geworden. Klassische Kameras haben dagegen einen immer schwereren Stand. Innerhalb von vier Jahren hat sich der Absatz fast halbiert.

Noch vor zehn Jahren waren Digitalkameras der große Renner. In diesem Jahr rechnet der Photo-Industrieverband (PIV) damit, dass nur noch 2,35 Millionen Kameras verkauft werden, 12 Prozent weniger als 2017. Damit würden in diesem Jahr mit Kameras zum ersten Mal weniger als eine Milliarde Euro umgesetzt werden.

Bessere Bilder dank Künstlicher Intelligenz

Das Geschäft mit einer alten Bekannten boomt dagegen: In diesem Jahr sollen rund 570.000 Sofortbild-Kameras verkauft werden. Ihr Anteil macht mit geschätzten 45 Millionen Euro allerdings nur einen Bruchteil des rund 20 Milliarden großen Gesamtgeschäft der Branche aus, den PIV-Vorstandschef Rainer Führes als “Imaging-Markt” bezeichnet.

Zu diesem Gesamtmarkt rechnet Führes alle Arten von Zubehör, Speichermedien, Fotobücher, Camcorder, Drucker und – eben auch Smartphones. Was sich bei Smartphones wie dem Huawei Mate 10 vor etwa einem Jahr abgezeichnet hat, erreicht jetzt den Gesamtmarkt: Eingebaute Chips, die durch Künstliche Intelligenz (KI) Fotos besser machen sollen: Die Kamera erkennt gängige Motive wie Architektur ohne GPS-Verbindungen, ergänzt fehlende Bildbereiche oder rechnen verwackelte Fotos scharf. Bildverarbeitung- und verbesserung durch KI ist in der digitalisierten Industrieproduktion genauso auf dem Vormarsch wie in Medizin oder Sicherheitstechnik.

“Smart Imaging” statt Fotografie

Verbandschef Führes, der im Hauptberuf Manager beim japanischen Canon-Konzern ist, entwirft für die Zukunft die Vision eines “Smart Imaging Öksystems”, das mit Künstlicher Intelligenz Bereiche wie Foto- und Videografie, autonomes Fahren oder medizinische Diagnostik in der Zukunft dominieren wird. Dazu gehört auch der boomende Markt für automatische Gesichtserkennung – ganz egal ob im Smartphone oder in der Sicherheitstechnik.

Rainer Führes weiß, wovon er spricht: Die Canon-Tochter Axis war federführend beim Pilotversuch des Bundes am Berliner Südkreuz, wo mit Sicherheitskameras und KI die Gesichter von Passanten des S-Bahnhofs erfasst und mit Datenbanken abgeglichen wurden.

In diesem Jahr beginnt die von sechs auf vier Tage verkürzte Photokina am 26. September. Ab Mai 2019 findet die bisher nur alle zwei Jahre stattfindende Messe jedes Jahr statt.