#MeToo: Tiroler Festspiele beurlauben Gustav Kuhn

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Dem Künstlerischen Leiter der Festspiele Erl werden sexuelle Übergriffe und Mobbing vorgeworfen. Als Reaktion darauf ließ er sein Amt als Festivalchef ruhen. Der Vorstand beurlaubte ihn von seiner Tätigkeit als Dirigent.

Nach den Vorwürfen sexueller Übergriffe hat der Vorstand der Tiroler Festspiele Gustav Kuhn von den geplanten Dirigaten
entbunden. Die Beurlaubung von Kuhn gelte bis zur “endgültigen Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe”, teilten die Festspiele am Freitag mit. Aus der künstlerischen Leitung hatte sich Kuhn bereits Ende Juli zurückgezogen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch eine im österreichischen Kanzleramt angesiedelte Gleichbehandlungskommission beschäftigen sich mit dem Fall.

Rollen gegen sexuelle Dienste?

Der Leiter der Tiroler Festspiele, Gustav Kuhn (72), soll weibliche Mitglieder seines Ensembles schikaniert und gemobbt haben. Außerdem sei es auch zu sexuellen Übergriffen gekommen, schreiben die Sängerinnen Julia Oesch und Mona Somm und weitere drei Künstlerinnen in ihrem offenen Brief vom 25. Juli an die Festspielleitung.

Kuhn habe Oesch Rollen versprochen, unter der Bedingung, ihm sexuelle Dienste zu leisten. Der Vorfall sei allerdings 19 Jahre her. Somm sei von Kuhn vor einer Vorstellung auf die Brust geküsst worden. Bestärkt durch die internationale #MeToo-Debatte sind die Frauen damit an die Öffentlichkeit getreten. Festspielpräsident Peter Haselsteiner erklärte daraufhin, die Tiroler Festspiele hätten alles veranlasst, um die Anschuldigungen gegen Kuhn zu überprüfen.

Gustav Kuhn wies die Vorwürfe vehement zurück, der Schritt, sein Amt ruhen zu lassen, sei kein Schuldeingeständnis. Ein Sprecher der Festspiele erklärte, Kuhn werde seine Funktion als künstlerischer Leiter bis zur vollständigen Klärung des Falls nicht mehr wahrnehmen, um damit weiteren Schaden von den Festspielen abwenden. Zu seiner nun veranlassten Beurlaubung äußerste sich Kuhn noch nicht. 

Schrägen auch in der Architektur: Das Festspielhaus in Erl/Tirol

Götterdämmerung in Tirol

Seit Anfang des Jahres 2018 schwelt der Skandal um die Festspiele hinter den Kulissen. Der Blogger und Enthüllungsjournalist Markus Wilhelm aus dem Ötztal hatte anonyme Klagen über angeblich unmenschliche Arbeitsbedingungen, modernes Sklaventum, Lohndumping, Probenterror und sexuelle Übergriffe des langjährigen Festspielchefs Gustav Kuhn veröffentlicht.

Die Tiroler Festspiele Erl wurden 1997 von Gustav Kuhn und Andreas Schett als Passionsspielhaus gegründet. Seit 2012 finden in der kleinen Gemeinde auch Opern- und Konzertfestivals statt.

cp/hm/bb (dpa, br-klassik.de)