Denkfabrik von Putin-Freund in Berlin

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Seit zwei Jahren gibt es das Institut “Dialog der Zivilisationen” in Berlin. Gegründet wurde es vom früheren russischen Eisenbahn-Chef und Putin-Vertrauten Wladimir Jakunin. Womit befasst sich das Institut?

Wenn Wladimir Jakunin nicht im deutschen Konsulat in Moskau gesehen worden wäre, hätte wohl niemand erfahren, dass er nun eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland hat. Vielleicht hätte sich auch kaum jemand an Jakunins Forschungsinstitut “Dialog der Zivilisationen” (DOC) erinnert, dass er seit zwei Jahren in Berlin unweit des Brandenburger Tors im Gebäude der “Galeries Lafayette” unterhält.

Das Echo in der deutschen Presse auf die Eröffnung des Instituts im Jahr 2016 war negativ. Denn der ehemalige russische Eisenbahn-Chef Jakunin, der dem engsten Kreis um Präsident Wladimir Putin zugerechnet wird, konnte zwar den Russland-Sanktionen der EU entgehen, doch den amerikanischen nicht. Viele bezweifeln, dass Jakunin sein Vermögen ehrlich erworben hat.

Wladimir Jakunin bei der Gründungsveranstaltung des Instituts “Dialog der Zivilisationen” im Juli 2016

Wer finanziert den “Dialog der Zivilisationen”?

Das DOC wird von einer in der Schweiz gegründeten Stiftung finanziert. Die beiden wichtigsten Geldgeber sind Jakunin selbst sowie der russische Geschäftsmann und Philanthrop Ruben Vardanian. Wie viel sie an das Institut spenden, konnte oder wollte die Pressesprecherin des DOC, Agnieszka Rzepka, gegenüber der DW nicht sagen.

Laut dem Geschäftsbericht 2017, veröffentlicht auf der englischen Version der Webseite des Instituts, setzt sich der Etat des DOC aus Zuschüssen von Stiftungen, Unternehmen und wohlhabenden Personen zusammen. Die Geldgeber werden namentlich nicht genannt – nur die Beträge. So gingen für Veranstaltungen und Forschungsprojekte im Jahr 2017 insgesamt 2,302 Millionen Euro ein. Die nicht zweckgebundenen Mittel beliefen sich auf 2,316 Millionen und die “sonstigen Einnahmen” auf 54.909 Euro.

Welche Experten arbeiten für das DOC? 

Agnieszka Rzepka sagte der DW, das DOC habe Büros in Moskau und in Wien mit insgesamt 42 Mitarbeitern. In Berlin seien es 18 Personen aus verschiedenen Ländern. Fünf davon seien Wissenschaftler und zwei würden sich um Kontakte zu EU-Strukturen und verschiedenen deutschen und ausländischen Stiftungen kümmern.

Laut Webseite gehört beispielsweise Klemens Witte zu den festen deutschen Mitarbeitern. Er habe Auslandserfahrung an den Universitäten von Kasan, Moskau, Kaliningrad, Minsk und Peking erworben. 2011 und 2012 hielt er Vorlesungen über Medien am Institut für Internationale Beziehungen in Moskau, der Kaderschmiede für das russische Außenamt.

Das DOC verfügt zudem über ein Netzwerk von Experten, die auf Honorarbasis arbeiten, darunter der Journalist Thomas Fasbender und der Politologe Alexander Rahr. Beide sind als Kreml-freundliche Experten bekannt. Sie sprechen gut Russisch, was sie zu häufigen Gästen in russischen Medien macht. 2014 erschien Fasbenders Buch “Freiheit statt Demokratie: Russlands Weg und die Illusionen des Westens”. Rahr, derzeit als Europa-Berater für den russischen Energiekonzern Gazprom tätig, ist Autor einer ganzen Reihe von Büchern über Russland, Putin und Moskaus Verhältnis zum Westen.

Gibt es Kooperationen mit anderen Instituten?

Pressesprecherin Agnieszka Rzepka

Bislang ist es dem DOC nicht gelungen, eine Zusammenarbeit mit anderen Forschungsinstituten in Berlin aufzubauen. Agnieszka Rzepka bedauert das. Gegenüber der DW betonte die Pressesprecherin, dass das DOC immer den Dialog suche, aber auf der anderen Seite das Interesse daran dürftig sei.

Beim Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) kann man sich an entsprechende Angebote nicht erinnern. Die Direktorin des Zentrums, Gwendolyn Sasse, sagte der DW, sie habe einmal dem DOC einen Besuch abgestattet, um das ZOiS vorzustellen. “In Bezug auf das DOC kann ich nur sagen, dass wir vom ZOiS aus Mitarbeiter des DOC zu unseren Veranstaltungen einladen. Ob schon einmal jemand gekommen ist, weiß ich nicht”, sagt Sasse.

Auch Stefan Meister, Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik (DGAP), sagte der DW, es habe keine direkte Anfrage bezüglich einer Kooperation gegeben. Er unterstrich, er persönlich habe keinen Kontakt zum DOC.

Blick auf die Welt durch das russische Prisma? 

Auf der russischen Version der Webseite des DOC sind Berichte über Konferenzen und Studien nachzulesen. Die englische Version ist inhaltlich breiter aufgestellt. Meist geht es um Religion, Zivilisation, Migration und andere Themen. Auch die Beiträge deutscher Experten sind auf Englisch, was den Schluss zulässt, dass das Institut seine Zielgruppe nicht in Russland, sondern im Westen sieht. Bei der Betrachtung der Texte fallen aber keine Thesen auf, die als Elemente einer Propaganda des Kremls interpretiert werden könnten.

Auch Stefan Meister erkennt in den Publikationen keine Pro-Kreml-Linie. “Es ist kein Instrument, das Wirkung erzielt und politischen und gesellschaftlichen Einfluss ausübt”, sagte er über das Institut. Der Grund: “Sie haben alle möglichen Leute aus unterschiedlichsten Ländern, die regelmäßig auftreten, die nicht wirklich Relevanz für den Diskus in Berlin bringen”, meint der Experte. Ihm zufolge gibt es zudem ein Leitungsproblem innerhalb des Instituts. Die Politik der jetzigen Führung funktioniere nicht im deutschen Umfeld.